Allerdings führt dieser Druck auf Unternehmensseite dazu, als Agentur immer häufiger mit der Situation konfrontiert zu werden, dass der Kunde alles auf einmal will. Imagefaktoren und Abverkauf bitte zusammen auf einem Werbemittel und funktionieren soll das Ganze dann auch noch. Das klingt verdammt nach eierlegender Wollmilchsau.

Bei allem Verständnis für die Lage der werbetreibenden Unternehmen, alle Anforderungen auf einen Streich lassen sich dann doch nicht erfüllen. Eine realistische Lösung hingegen ist, dass man innerhalb einer Kampagne beide Aspekte unter einen Hut bekommt. Nehmen wir etwa die jährliche "Knut"-Kampagne von Ikea. Das Bild vom Weihnachtsbaum, der aus dem Fenster fliegt, ist gelernt und wird sofort mit dem schwedischen Möbelhaus verbunden. Gleichzeitig wissen die Verbraucher aber, dass ab sofort die Preise purzeln und es sich lohnt, in einem der Läden vorbeizuschauen, um seine Wohnung mit neuen Produkten auszustatten. Das Entscheidende an dieser Aktivierungsmaßnahme ist, sie ist zeitlich begrenzt. Kein Mensch würde mehr reagieren, wenn die "Knut"-Aktion als Dauerschleife beworben würde.

Kunden würden jedoch am liebsten Abverkaufsaktionen zum Dauerthema machen und das noch mit unzähligen Argumenten untermauern. Menschen aktiviert jedoch nur, was sie verstehen, was sie antreibt und was sie überhaupt in der Lage sind, aufnehmen zu können. Wirft man ihnen fünf gedankliche Bälle zu, kann man davon ausgehen, dass nur einer aufgefangen wird. Wichtig ist also, sich bei Aktivierungsmaßnahmen auf einen Punkt zu fokussieren.

Ein tolles Beispiel hierfür ist die Kampagne Skoda-to-go, die im letzten Jahr zu Recht einen Gold-Effie gewann und auf einem ganz klaren Gedanken innerhalb eines begrenzten Zeitraums beruht. Chapeau, hier wurde alles von Kunde und Agentur richtig gemacht. Und auf das Image von Skoda hat die Aktion mit Sicherheit auch eingezahlt. Heißt also, Aktivierungskommunikation kann durchaus markenbildend sein. Nämlich dann, wenn sie auch auf einem echten Insight beruht und nicht nur einfach laut ist und Verbraucher mit zig Botschaften bombardiert.

Am besten macht man es wie Opel mit ihrer aktuellen "Umparken-im-Kopf"-Kampagne. Der Autobauer hat eine überraschende gedankliche Plattform geschaffen, auf die man sowohl klassische Maßnahmen als auch Abverkaufsmaßnahmen aufsetzen kann. Aktivierung erhält hier übrigens eine neue Dimension. Denn sie bringt hier Verbraucher erstmal dazu, neu über eine Marke, die sie schon abgehakt hatten, nachzudenken. Ohne dieses Umdenken würden viele nicht im Traum daran denken, den Kauf eines Autos aus Rüsselheim überhaupt in Erwägung zu ziehen. Die Grenzen zwischen Image und Aktivierung laufen hier also durchaus fließend.

Im Grunde geht es um ein perfektes Zusammenspiel von markenaufbauenden Maßnahmen zum Beispiel durch Bewegtbild in TV oder im Internet und aktivierenden Elementen, die auf dem gleichen Grundgedanken beruhen. Klingt unspektakulär, wird aber so eher selten gemacht. Viele Kunden haben Angst, durch einen klaren Fokus für sie wichtige Inhalte nicht an den Mann oder die Frau bringen zu können.

Damit stecken Unternehmen jedoch in der Absenderfalle - so nach dem Motto: Ich will aber alle meine Botschaften loswerden und hoffe einfach mal, dass meine Zielgruppe sie hören will. Gerade bei Aktivierungskommunikation soll immer besonders viel untergebracht werden. Letztlich überfordert man damit den Verbraucher. Denn der Aktivierungskanal unterliegt den gleichen Grundregeln wie alle anderen, die da wären:

Erstens: Fokussierung ist alles. Unternehmen müssen den Mut haben, sich auf eine klare Botschaft zu konzentrieren, anstatt mit zu vielen Inhalten für Markenverwirrung zu sorgen.

Zweitens: Rein preisgetriebene Abverkaufsaktionen sind gefährlich für die Marke, weil man keine nachhaltigen Kundenbindungen aufbaut, sondern Schnäppchenjäger anspricht.

Drittens: Auch Aktivierungskampagnen sollten auf einem Insight beruhen, der Verbraucher im Innersten berührt.

Unternehmen und Agenturen müssen also die Welt nicht neu erfinden. Aber den Mut haben, nicht alles auf einmal zu wollen. Und vor allem konsequent bei der Umsetzung sein. Letzteres ist manchmal die größte Herausforderung im gesamten Prozess.

*Benedikt Holtappels ist Mitgründer und Geschäftsführender Gesellschafter von Grimm Gallun Holtappels (GGH) in Hamburg. Seine Agentur arbeitet u.a. für Ikea, Seat und Unilver.