
Chefredakteure stärken ZDF-Mann Brender den Rücken
Die Unterzeichner der Europäischen Charta für Pressefreiheit, darunter Mathias Müller von Blumencron oder Thomas Osterkorn, und der DJV wehren sich gegen ”einen massiven politischen Eingriff in die Unabhängigkeit“ des ZDF.
Prominenter Beistand für ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender: Drei Tage vor der Entscheidung über seine berufliche Zukunft hat der 60-Jährige Rückendeckung von namhaften Chefredakteuren und vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV) erhalten. 17 deutsche Erstunterzeichner der im Frühjahr verabschiedeten Europäischen Charta für Pressefreiheit wenden sich am Dienstag in einer Erklärung gegen ”einen massiven politischen Eingriff in die Unabhängigkeit“ des ZDF. Darunter sind Thomas Osterkorn und Andreas Petzold vom "Stern“, Mathias Müller von Blumencron und Hans-Ulrich Stoldt vom ”Spiegel“, Springer-Mann Christoph Keese, Matthias Naß von der "Zeit“ oder auch Hendrik Zörner vom Deutschen Journalisten-Verband. Anlass: Konservative Politiker stellen sich gegen die Absicht, dass Brender nach dem Willen von ZDF-Intendant Markus Schächter weitere fünf Jahre im Amt bleiben soll.
Im Streit um die Vertragsverlängerung hat sich sogar die Politik eingeschaltet. Die Grünen haben zwischenzeitlich eine Aktuelle Stunde zum Thema "Staatsfreiheit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk" im Bundestag beantragt. Das ZDF sei bereits stark unter die Kontrolle der Parteipolitik geraten, moniert Volker Beck, erster parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen. Das zeige besonders der Versuch des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, eine Vertragsverlängerung Brenders zu verhindern. Folge der ZDF-Verwaltungsrat Kochs Ansinnen, stelle das einen "eklatanten Widerspruch zum Grundgesetz" dar, das die Staatsfreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks garantiere. Das Ansinnen ist indes gescheitert; laut "Spiegel Online" findet sich im Bundestag für dieses Thema keine Zeit.
CDU-Politiker, allen voran Hessens Ministerpräsident Roland Koch, hatten sich gegen eine Vertragsverlängerung für Brender ausgesprochen, unter anderem wegen der Quotenentwicklung im ZDF- Informationsbereich. Koch ist gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrats, der am Freitagnachmittag im Einvernehmen mit dem ZDF-Intendanten die Personalentscheidung treffen wird. Neun von 14 Mitgliedern müssen die Vertragsverlängerung beschließen, neun von ihnen sind aber auch dem konservativen Lager zuzurechnen.
Tatsächlich hat die Hauptnachrichtensendung ”heute“ um 19.00 Uhr in den vergangenen Jahren Marktanteile eingebüßt - dies gilt aber auch für den Marktführer, die ARD-”Tagesschau“ (20.00 Uhr). Die private Konkurrenz ”RTL aktuell" (18.45 Uhr) hat hingegen zugelegt. Hatte "heute" im Jahr 2005 noch einen durchschnittlichen Marktanteil von 19,6 Prozent (Montag bis Sonntag), so ist dieser bis auf 16,9 Prozent im Jahr 2008 gesunken. Bei der ”Tagesschau“ im Ersten (ohne dritte Programme) lag die Quote 2005 bei 20,6 Prozent, 2008 waren es noch 19,0 Prozent. RTL hingegen hat seinen Marktanteil von 17,4 Prozent (2005) auf 18,2 Prozent (2008) gesteigert. Bei den Nachrichtenmagazinen der öffentlich-rechtlichen Sender ergibt sich ein ähnliches Bild.