Damit wir uns auf dem hier zur Kritik anstehenden „Spielfeld“ also nicht missverstehen: Wir sprechen von gelungenem, wirksamen und letztlich erfolgreichem Corporate Design, wenn die Ausrichtung, die Positionierung einer Marke mit dem Erscheinungsbild sowie der Interpretation ihrer Zielgruppe einhergeht. Es ist also wichtig, dass der Fan (Zielgruppe) sich im Logo seines Vereins wiederfindet.

Das Duell der Liga-Besten: BVB gegen Bayern – ein Logo-Vergleich

Der FC Bayern München und Borussia Dortmund sind nicht nur aufgrund des letztjährigen Champions-League-Endspiels die wirtschaftlich und sportlich stärksten Marken der 1. Fußball-Bundesliga.

Wenn wir die Logos beider Clubs vergleichen – sie sind als Nukleus eines jeden Corporate Designs zu betrachten – dann lässt sich feststellen: Unter Corporate-Design-Aspekten landet der deutsche Rekordmeister und Champions-League-Sieger hier einen klaren Sieg.

In seinem Logo kombiniert der FC Bayern München plakativ die Traditionsfarbe des Clubs (Rot) mit den Landesfarben Bayerns (Blau-Weiß). Farbigkeit und Farbcode sind eindeutig (Tradition, regionaler Bezug). Dass der komplette Vereinsname („FC Bayern München“) im Logo abgebildet wird, ist unter Lesbarkeitsgesichtspunkten eine Schwäche, die aufgrund der durchaus wohlgestalteten Geschlossenheit des gesamten Logos zu vernachlässigen ist; zudem: Der vollständige Vereinsname ist wesentlicher Bestandteil der existierenden Corporate Identity.

Auch Borussia Dortmund weist ein kreisrundes Logo auf und setzt dabei auf Zweifarbigkeit mit einem vollen Gelb und Schwarz, den Vereinsfarben der „Schwarz-Gelben“. Der regionale Bezug ist ebenfalls vorhanden, denn die Stadtfarben Dortmunds sind identisch mit denen des BVB – aber: Welcher Fußballanhänger außerhalb Dortmunds weiß das schon? Insofern könnte die Nennung des Stadtnamens „Dortmund“ im Logo hilfreich sein, damit hätte man dann auch den gesamten, exakten Vereinsnamen wiedergegeben: Ballspiel-Verein Borussia Dortmund – eine Vorgängerversion des aktuellen Logos übrigens war entsprechend aufgebaut; hier hat man sich unter Corporate-Design-Aspekten mit der aktuell eingesetzten Variante also verschlechtert.

Wobei die typografische Merkfähigkeit des Dortmunder Logos mit dem doppelten „B“ und dem „V“ natürlich sehr stark ist. Allerdings muss man als jemand, der erstmals und kontextfrei mit dem Logo in Kontakt gerät, wissen, wie man es lesen soll. Man könnte auch auf „VBB“ kommen. Das ist unter Gesichtspunkten des Corporate Designs ein Minus. Das BVB-Logo kann also durchaus kryptisch sein, in jedem Fall ist es typografisch unausgewogen. Das ließe sich ändern.

Fazit: Der BVB zu unentschlossen, deshalb Sieg für den FC Bayern in der Logo-Frage.

Die Trikots

Der Farbcode von Borussia Dortmund ist prägnant: Dieses Schwarz-Gelb ist unter den Spitzenvereinen Deutschlands und Europas – zu denen Alemannia Aachen, Dynamo Dresden oder AEK Athen derzeit ja nicht zählen – einmalig und deshalb unverwechselbar. Doch: Das ins Neon-Gelbe gehende Trikot verletzt das Coporate-Design-Kriterium der Einheitlichkeit, im Logo kommt ein Voll-Gelb zum Einsatz. Die Gründe für die Neon-Variante mögen mit Zeitgeist („sieht moderner aus“) und Umsatz („verkauft sich besser“) oder möglicherweise auch mit Motivation („Neonfarben machen Trikotträger aggressiver“) zu tun haben – in jedem Fall müsste unter Gesichtspunkten des Corporate Designs dann auch das BVB-Logo diesen Neon-Ton erhalten; ich hör die BVB-Fans schon kreischen …

Auch der FC Bayern verletzt in der Frage der Einheitlichkeit die Parameter des Corporate Designs. Die Logo-Farbe Blau fehlt im Heimtrikot, streng genommen müssten Lahm & Co, mit rotem Oberteil und blau karierter Hose in der der heimischen Arena auflaufen; so lächerlich die Hose vielleicht auch aussehen würde, es wäre die optimale, weil einheitliche Umsetzung. Und es ist die Frage, weshalb man sich beim blauen Auswärtstrikot für einen dunklen Blauton statt das im Logo eingesetzte Mitteblau entschieden hat?

Eine große Hürde auf Fußballtrikots sind immer schon die Sponsorenaufdrucke – ich darf hier nur daran erinnern, das der FC Barcelona lange Jahre den Verkauf der „freien Brust“ mit dem Hinweis verweigerte, Sponsorenlogos würden das Barca-Trikot verschandeln. Aus Sicht des Corporate Designs ist dieses Thema heikel, weil es üblicherweise zur Konkurrenz zweier Logos und damit zweier Corporate Designs kommt, dem des Clubs und dem des Sponsors.

Der FC Bayern München hat das Duell auf seinem Trikot souverän für sich entschieden. Er hat augenscheinlich bei seinem Trikotsponsor Telekom durchgesetzt, dass dieser die Farbigkeit seines T-Logos (ursprünglich ja Magenta) ändert und damit hinter das Corporate Designs des Champions-League-Siegers zurücktritt. Das Telekom-Signet („T“) verlässt den eigenen Magenta-Farbton, ist stattdessen in der Farbigkeit der weinroten Ärmelstreifen des Trikots gehalten. Dadurch wirkt das Leibchen in sich geschlossen, und trotz erfolgter „Abwandelung“ des eigenen Corporate Designs ist der Sponsor auf dem Trikot immer noch sehr plakativ vertreten.

Borussia Dortmund hingegen hat das Problem, dass der Farbton von Sponsor Evonik so gar nicht zu den Vereins- und Trikotfarben passen will. Ein kleines Plus ließe sich erreichen, wenn Evonik auf das neben dem Schriftzug stehende Emblem verzichten würde. Idealerweise aber ließe Evonik sich auf schwarz „reduzieren“ – das wäre perfekt fürs Corporate Design der Borussia und wahrscheinlich auch tragbar für den Sponsor selbst. Immerhin muss man festhalten, dass die Zeiten, in denen der Sponsor über die immer unschöne Verlegenheitslösung Brustbinde kommuniziert wurde, vorbei sind. Da hat man also für beide Seiten inzwischen etwas Besseres, wenngleich nicht Optimales herausgeholt.

Fazit: Leichter Feldvorteil Dortmund, am Ende aber langt es aufgrund der nicht wirklich selbstbewussten Sponsoreneinbindung nur zum Unentschieden

In aller Kürze – die Websites

Es ist Schwarz-Gelb! Auf seiner Website lebt der BVB seinen Farbkanon klar. So deutlich und unverwechselbar, dass man wohl nicht mal des Logos bedürfte. Eine – unabhängig von Inhalten und Funktionalität der Seite – perfekte Umsetzung. Hier wird Marke sichtbar.

Beim Betrachten der Website des FC Bayern München hingegen beschleicht mich eher das Gefühl, einer Telekom-Absenderschaft. Hier geraten die Dinge optisch, gestalterisch und inhaltlich durcheinander, sind nicht mehr klar, und die an Nachrichtenwebsites orientierte Struktur der Seite tut dann ihr Übriges. Ein klares Foulspiel gegen Corporate-Design-Richtlinien, und sonderlich viel Lust am Reinklicken macht dieser Auftritt auch nicht.

Fazit: Klare Überlegenheit des BVB im Digitalen!

Norbert Möller arbeitet seit 1992 für die Peter Schmidt Group, zunächst als Art Director, seit 2003 als Executive Creative Director im Bereich Corporate Design. Die Peter Schmidt Group ist die zentrale Marken- und Designagentur der BBDO Germany. Auf der Kundenliste stehen unter anderem Beiersdorf, Bertelsmann, Henkel, Hugo Boss, Lufthansa und Rewe.