
Mark Thompson bei #mtm16:
Das ist die Digitalstrategie der "New York Times"
Jeder dritte Dollar aus dem Digitalgeschäft: "NY Times"-CEO Mark Thompson ist inmitten eines "Race against the Time".

Foto: Screenshot Youtube
Sie gilt als weltweiter Vorreiter mit ihrem Digitalkurs, die "New York Times". Am Rande der Medientage München traf sich Mark Thompson, CEO der renommierten Zeitung, mit fünf Journalisten ("Spiegel", "SZ", "WiWo", "Meedia" und "W&V"), um Ergebnisse zu zeigen und über den Kurs zu diskutieren.
Mark Thompson liebt den weiten Blick. Den hat er von seinem Eckbüro aus, im 16ten Stock des New York Times Building in Midtown, Achte Straße. Er ist einer, der trotz seines starken Digitalkurses an die Zukunft von Print glaubt. So wie es der "Seattle Post" ergangen sei, die seit 2009 nur noch digital erscheint, werde es der New York Times nicht ergehen. Print gebe es noch in zwei bis 200 Jahren, warf Thompsons PR-Sprecher Ben Fenton von Edelman PR ein. "So präzise würde ich mich nicht festlegen", antwortete Thompson.
So läuft das bei der "NY Times" mit dem Digitalzugang
Wer ein Print-Abo der "NY Times" hat, erhält den freien Digitalzugang. Anders gehe es nicht, ist Thompson überzeugt. Denn über kurz oder lang würden die Printleser eh zum Digitalleser. Nur so könne die Transformation gelingen. Auch von einer harten Paywall hält Thompson so gar nichts. Leser dürften nicht abgeschreckt werden, vielmehr müsse ihnen entsprechend attraktives Lesevergnügen zubereitet werden.
Aktuell erwirtschaftet das New Yorker Blatt rund 1,5 Milliarden Dollar. Davon bereits 500 Millionen durch das Digitalgeschäft. Bis zum Jahr 2020 soll dieser Teil auf 800 Milliarden Umsatz wachsen. Dagegen kämpft die Zeitung ebenfalls mit sinkenden Werbeerlösen. Allein im zweiten Quartal dieses Jahres fielen diese um 12 Prozent gegenüber Vorjahr – das erhöht laut Mark Thompson "the urgency of challenge", also die Dringlichkeit der digitalen Herausforderung.
Er sei in einem Rennen gegen die Zeit. Er müsse die digitalen Erlöse schnell genug steigern, um das sinkende Einkommen des Printbereichs kompensieren zu können, so Thompson.
Digitalleser und junge Nutzer der "NY Times" nehmen zu
Die gute Nachricht, die Thompson verbreitete: Während seine amerikanischen Wettbewerber zwischen 60 Cent und 1,70 Dollar pro Unique User verdienen, darf sich die "New York Times" über 4,08 Dollar pro Nutzer freuen. Und das bei immens steigender Reichweite der Leserschaft. Seit Januar 2015 stieg die Zahl der Digital Readers um 54 Prozent bis August 2016 auf ungefähr 125 Millionen Unique Users.
Dabei scheinen zwei Richtungen, die Thompson verfolgt, aufzugehen: Einerseits gewinnt die "NY Times" über die digitalen Kanäle sehr viele junge Leser. "Uns lesen rund 35 Millionen Millennials", sagt Thompson. Das seien mehr junge Leser als der Millennial-Channel vice.com habe.
Die zweite Richtung ist der internationale Kurs. Hier sei die digitale Reichweite von gut 30 auf zirka 50 Millionen Unique Users bis August 2016 gestiegen. Thompson sieht im Ausbau des internationalen Geschäfts noch viel Luft. Lateinamerika, Australien und Kanada nennt er als erste Länder, in denen noch viel Business für die "NYT" zu machen sei. Momentan erwirtschaftet die Zeitung rund 50 Millionen Dollar im Ausland.
Der Ex-BBC-Mann setzt auf Visualisierung von News
Man merkt Thompson an, dass er gelernter Journalist ist. Jahrelang arbeitete der Oxford-Graduate-Brite bei BBC, zuletzt als Generaldirektor der britischen Sendeanstalt. Im September veröffentlichte er ein Buch: "Enough Said: What´s Gone Wrong With the Language of Politics". Dabei analysierte er das Gehabe von Donald Trump und die inhaltsorientierte Hillary Clinton.
Gerne spricht er auch darüber, für wie wichtig er die Visualisierung von News halte. Ein Grund dafür, dass die "New York Times" auch in Virtual Reality investiert, einem stark wachsenden Bereich. Einen Wehmutstropfen gab es im zweiten Quartal: Die Anzahl der Digital Subscribers sank im zweiten Quartal von 67.000 auf 55.000. Die Zahlen für das dritte Quartal wurden noch nicht publiziert.
Entsprechend ging der Aktienkurs der "NYT" seit Jahresanfang leicht zurück, von 13 auf aktuell 11,40 Dollar. Als Thompson aber im November 2012 das Ruder der Zeitung übernahm, lag die Aktie noch bei acht Dollar.