
Interview:
Dell-Managerin: "Viele Aufgaben gehen Frauen erst gar nicht an"
Frauen können stundenlang mit ihren Freundinnen reden, aber schaffen es oft nicht, Netzwerke zu pflegen. Dabei sind diese "das A&O einer Karriere", sagt Doris Albiez, Vice President und General Manager bei Dell Deutschland. Albiez leitet außerdem das Dell Women´s Entrepreneur Network (DWEN), das Frauen weltweit vernetzen und sie dazu ermutigen will, sich unternehmerisch selbständig zu machen. Im Interview mit dem W&V Frauen-Netzwerk erklärt sie, warum es wichtig ist, dass Frauen selbst aktiv werden - und auch mal Aufgaben annehmen, denen sie sich nicht 110 Prozent gewachsen fühlen.
Frauen können stundenlang mit ihren Freundinnen reden, aber schaffen es oft nicht, Netzwerke zu pflegen. Dabei sind diese "das A&O einer Karriere", sagt Doris Albiez, Vice President und General Manager bei Dell Deutschland. Albiez leitet außerdem das Dell Women´s Entrepreneur Network (DWEN), das Frauen weltweit vernetzen und sie dazu ermutigen will, sich unternehmerisch selbständig zu machen. Im Interview mit dem W&V Frauen-Netzwerk erklärt sie, warum es wichtig ist, dass Frauen selbst aktiv werden - und auch mal Aufgaben annehmen, denen sie sich nicht 110 Prozent gewachsen fühlen.
Wie viel Unterstützung brauchen Frauen in Deutschland, wenn es darum geht, Netzwerke zu bilden?
Da gibt es noch viel zu tun. Ich beobachte immer wieder, dass auf vielen Branchen-Veranstaltungen vor allem Männer und nur sehr wenige Frauen vertreten sind. Nach wie vor haben auch viel zu wenige Frauen echte Führungspositionen inne. Laut dem Gender-GEDI Index Executive Report liegt beispielsweise Deutschland im Ländervergleich beim Anteil von Frauen in Führungspositionen mit einem Index von 67 an vierter Stelle. Das ist deutlich hinter den USA, Australien und Schweden. Nur wenn diese Fragen offen und auch öffentlich diskutiert werden, kann man geeignete Strategien entwickeln, um hier Abhilfe zu schaffen und etwas zu bewegen.
Was können Frauen tun, um den Prozess selbst voranzutreiben?
Frauen müssen mutiger werden und Herausforderungen und neue Aufgaben mit mehr Selbstvertrauen angehen. An diesem Selbstvertrauen fehlt es uns leider oft – ganz anders als den männlichen Kollegen. Wenn wir uns einer Aufgabe nicht hundertzehnprozentig gewachsen fühlen, dann gehen wir sie manchmal lieber gar nicht erst an. Außerdem sind viele Stellenangebote oftmals nicht eins zu eins auf die eigenen persönlichen Fähigkeiten zugeschnitten. Wenn man den Job bekommen möchte, ist es wichtig, darauf zu vertrauen, seine Arbeit so gut zu können, dass der Rest während der neuen Tätigkeit dazugelernt werden kann.
Auch das Auftreten entscheidet ja oft darüber, ob man gesehen oder eben übersehen wird. Was raten Sie Frauen?
In erster Linie sollten sie authentisch bleiben! Das ist grundsätzlich das Allerwichtigste, egal aus welchem Kulturkreis man kommt oder welchem Geschlecht man angehört. Es liegt einfach in der Natur der Dinge, dass sich Männer anders verhalten als Frauen, und sich in bestimmten Situationen typisch weiblicher Verhaltensweisen zu bedienen, kann durchaus von Vorteil sein, wenn es gilt, sich durchzusetzen. Ich halte nichts davon, wenn Frauen sich allzu männlich verhalten, um ihre Ziele zu erreichen, denn dann bleibt die Authentizität auf der Strecke. Letztlich geht es allein darum, um die Ziele, die man erreichen will, wirklich zu kämpfen. Dabei muss man nicht wie - prototypisch gesprochen - ein Mann auf den Tisch hauen, um sich Gehör zu verschaffen. Frauen können das Gleiche erreichen, wenn sie kreativ werden und gegebenenfalls ein paar Anläufe mehr unternehmen, um ihr Ziel zu erreichen.
Sie sind Vice President Germany bei Dell und vertreten DWEN federführend in Deutschland. Wie wichtig war Ihr Netzwerk dabei, um in diese Spitzenposition zu gelangen?
Netzwerke sind das A&O einer Karriere – und bei mir war das nicht anders. Enge Netzwerke entstehen aber nicht von alleine, sondern es bedeutet auch Arbeit, sie aufzubauen und vor allem über Jahre hinweg zu pflegen. Dazu gehört, Menschen, mit denen man beruflich und vielleicht auch freundschaftlich verbunden ist, auch dann einmal anzurufen, wenn man gerade kein spezielles Anliegen hat oder Hilfe benötigt. Gute Kontakte werden umso wichtiger, je höher man die Karriereleiter nach oben klettert. Da gibt es nicht mehr eine so große Auswahl an Personen, mit denen man sich auf Augenhöhe austauschen kann und die einem einen ehrlichen Rat geben.
Welche Regeln gibt es beim Netzwerken?
Da gibt es meines Erachtens keine starren Regeln. Ich persönlich rufe immer dann jemanden an, wenn mir derjenige gerade durch den Kopf geht. Manchmal dauert es ein halbes Jahr, manchmal drei Monate oder weniger. Das hängt auch davon ab, welche Themen mich im Augenblick umtreiben. Gestern habe ich beispielsweise zwei männliche Wegbegleiter angerufen, um mit ihnen ein Thema zu diskutieren, das mich derzeit beschäftigt - einfach um ihre Meinung dazu zu hören. Über die verschiedensten Themen kommt man dann langsam zum Punkt. Wichtig ist dabei, nicht die ganze Zeit über selbst zu reden, sondern dem anderen auch wirklich aufmerksam zuzuhören. Nicht gut kommt jedoch an, sich jahrelang gar nicht zu melden, und erst dann anzurufen, wenn man ein Problem hat.
Am Telefon vom hundertsten ins tausendste zu kommen, hört sich eigentlich sehr weiblich an. Warum sind Frauen dann aber tendenziell die schlechteren Netzwerkerinnen?
Das ist eine gute Frage. Wir können stundenlang mit unseren Freundinnen reden, aber schaffen es oft nicht, Netzwerke zu pflegen, weil wir denken, dass wir dafür einen ganz besonders wichtigen Anlass benötigen. Sich einfach mal ohne bestimmten Anlass auszutauschen, machen wir Frauen oft nicht, weil wir es als unnütz empfinden und den Dingen Vorrang geben, die zu erledigen sind. Uns beschäftigen viele Themen, und sich Menschen zu suchen, mit denen man sich austauschen kann und auch über lange Jahre den Kontakt zu halten, das hilft einfach. Im Laufe der Jahre wird das Netzwerk dann immer größer. Man geht auf Messen, versteht sich gut mit einem Dienstleister oder Kunden, irgendjemanden, der ein Influencer in der Branche ist. Die packt man zum Netzwerk dazu und erhält dieses Netzwerk aufrecht. Das ist ganz wichtig, dass man den Kontakt nicht in eine Visitenkartenbox steckt und dort vergisst, sondern dass man regelmäßig zum Telefonhörer greift, um sich auszutauschen.
Welche Tools nutzen Sie, um Kontakte zu verwalten und zu pflegen?
Menschen, denen ich mich verbunden fühle, vergesse ich nicht. In gewissen Situationen fallen sie mir dann ein, und dann melde ich mich. Mit diesem Prinzip bin ich immer gut gefahren. Dabei greife ich nämlich auf etwas zurück, was die meisten Frauen haben - und das ist Intuition. Und der sollten sie auch folgen.
Über die Analyse des Klout-Scores und Google Search lässt sich das Netzwerken ja heute auch effizient angehen. Anstatt einfach auf Konferenzen zu gucken, wer einem so über den Weg läuft, lassen sich Menschen, die einen weiterbringen, direkt kontaktieren. Was halten Sie davon?
Es gibt sicherlich unterschiedliche Menschentypen. Solche, die einer Intuition folgen und solche, die sehr sortiert sind und das Gefühl mögen, dass sie nicht viel Zeit verschwenden. Dabei helfen heute natürlich auch Plattformen wie Xing, LinkedIn oder Facebook.
In welchen Bereichen arbeiten bei Dell die meisten Frauen?
Bei Dell arbeiten Frauen nicht nur in den typischen Bereichen wie etwa dem Marketing, sondern auch im Vertrieb oder in der Technik – und auch dort durchaus in leitenden Funktionen. So wird etwa unser Europageschäft mit Unternehmenskunden von einer Frau geführt. Wir versuchen, in bestimmten Bereichen die prozentuale Waagschale zu halten. Ausschlaggebend ist aber immer, wer am besten für den jeweiligen Job geeignet ist. Wenn die Anzahl männlicher Bewerber für eine Position klar dominiert, werfen wir einen Blick auf die Anzeige. Denn dass sich für bestimmte Positionen gelegentlich weniger Frauen bewerben, liegt zuweilen auch daran, dass die Anzeige so formuliert oder bebildert ist, dass sich Männer angesprochen fühlen. Ein klassisches Beispiel ist der Mann im gelben Schutzhelm auf einer Baustelle. Der sendet für die weibliche Betrachterin der Anzeige natürlich die falschen Signale aus und hält sie davon ab, überhaupt erst den Text zur Stellenbeschreibung zu lesen. Solche Kleinigkeiten haben eine weitreichende Wirkung.
Wie zahlt DWEN auf Dell ein?
DWEN hat durchaus eine globale Strahlkraft. Durch die Unterstützung von Unternehmerinnen fördern wir Innovationen und helfen bei der Schaffung von Arbeitsplätzen – und zwar weltweit. Und das wird auch durchaus gesehen: So wurde Michael Dell kürzlich zum Global Advocate for Entrepreneurship der UN berufen, um den Weg für die nächste Milliarde Arbeitsplätze weltweit zu ebnen. Weil wir uns intensiv mit weiblichem Unternehmertum beschäftigen, steigt unser Bewusstsein auch intern dafür, Frauen bei Dell in bestimmte Positionen zu setzen. Wir haben, wie gesagt, eine Reihe von weiblichen Länderchefs in Europa und den USA - übrigens auch in technischen Positionen. Dass etwa die Enterprise Solution Group EMEA von einer Frau geleitet wird, dabei hat DWEN eine große Rolle gespielt.