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Der Fall Ritter-Sport: Medialer Ernstfall für die Stiftung Warentest
Der Konflikt mit Ritter Sport erschüttert das Vertrauen in die Stiftung Warentest. Die bislang als unfehlbar geltende Institution sollte jetzt dringend über ihre Kommunikationsstrategie nachdenken, findet W&V-Gastautor Wigan Salazar.
Der Konflikt mit Ritter Sport erschüttert das Vertrauen in die Stiftung Warentest. Die bislang als unfehlbar geltende Institution sollte dringend über ihre Kommunikationsstrategie nachdenken, findet W&V-Gastautor Wigan Salazar*.
Welche Institutionen stehen bei den Deutschen Hoch im Kurs? Während das Vertrauen in viele Einrichtungen immer weiter erodiert, schien eine kleine Institution in Berlin bislang über alle Zweifel erhaben – die Stiftung Warentest. Neben dem Preis, so schien es, sind die Testergebnisse der Stiftung für deutsche Konsumenten eine der wichtigsten Entscheidungskriterien. Kein Wunder also, dass Konsumgüterhersteller aller Branchen ein sehr komplexes Verhältnis zur Stiftung Warentest haben. Einerseits beginnt in den Wochen vor der Veröffentlichung konkreter Testergebnisse das große Zittern; andererseits wird bei einem guten Ergebnis oder gar einem Testsieg die Benotung sehr gern als Auszeichnung genommen und offensiv vermarktet.
Eines ist klar: Die Stiftung Warentest ist eine der wesentlichen Treiber für die Reputation einer Marke. Die Benotung der Berliner Tester kann über Wohl und Wehe eines Produkts am Markt entscheiden. Darum war es nur konsequent, dass Ritter Sport die Note "Mangelhaft" für ihre "Voll-Nuss"-Sorte – die auf der Vermutung der Tester beruhte, dass Ritter Sport chemisch hergestellte Aromen nutze und dieser als natürliche Aromen ausweise – nicht akzeptierte und klagte. Das Urteil des Landgerichts München ist deutlich: der Stiftung Warentest wird diese Behauptung weiterhin untersagt.
Erstaunlich ist, wie schnell diese Aktion zu ersten erste Rissen im Gemäuer der vermeintlich soliden Bastion Stiftung Warentest geführt hat. Das Medienecho zum Urteil ist überwältigend – wann hat zuletzt eine Tafel Schokolade die Titelseite der "Bild"-Zeitung geziert? Zugleich muss die Lust, mit der Kommentatoren (übrigens nicht nur in Zeitungen, sondern auch online) die Aberkennung der Unfehlbarkeit der Warentester feiern, den Verantwortlichen Sorgen machen. Denn die Stiftung Warentest hat längst kein Monopol mehr. Es klingt fast banal, aber heute ist jeder Verbraucher potenziell ein Tester, über Social Media und über Bewertungsportale erfahren Verbraucher auch viel über Produkte.
Was aber macht die Stiftung Warentest? Sie geht in die Berufung und beharrt darauf, dass ihre Testmethoden angemessen seien. Das könnte sich als Fehler erweisen – spätestens dann, wenn ein Berufungsgericht die Auffassung der Münchner Richter bestätigen sollte. Es ist gesund, wenn eine Institution Fehler erkennt und diese transparent aufarbeitet. Die Stiftung Warentest sollte erkennen, dass sich die Chance für einen Dialog mit den Konsumgüterherstellern eröffnen könnte. Denn eines hat die Geschichte der Institutionen gezeigt: Auch Unfehlbarkeit ist vergänglich.
* W&V-Gastautor Wigan Salazar ist CEO der PR-Beratung MSL Germany. Er berät Marken und Unternehmen in Reputationsfragen.