
Verein Deutsche Sprache:
Die besten Schlagzeilen 2015: niedergestammelt und verdieselt
"SZ", "Spiegel" und "Bild" waren bei ihren Überschriften besonders erfinderisch, urteilt der Verein Deutsche Sprache. Hier ist die Top 10 der besten Headlines.
Die Schlagzeile des Jahres 2015 lautete nach Meinung deutscher Sprachexperten "Der Mann, der die Mauer niederstammelte" und war in der "Süddeutschen Zeitung" zu lesen. Sie bezieht sich auf den früheren SED-Funktionär Günter Schabowski, der bei einer Pressekonferenz am 9. November 1989 mit einem versehentlichen, gestotterten Satz dafür gesorgt hatte, dass unverzüglich Reisen in den Westen möglich wurden und wenig später die Mauer fiel. Die Schlagzeile habe die dramatische Gemengelage damals besonders treffend zusammengefasst, teilte der Verein Deutsche Sprache e.V. in Dortmund mit. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte sie am Tag nach Schabowskis Tod Anfang November 2015 gedruckt.
Auf Platz zwei landete dieses Jahr die "Spiegel"-Überschrift "Letzte Ausfahrt Grexit" über einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands. Platz drei belegt der "Bild"-Titel "Winterkorn hat sich verdieselt" über den Skandal der manipulierten Abgaswerte bei VW. 2013 war "Bild" auf Platz eins gelandet - und hatte die Auszeichnung nicht angenommen: Ein Blogger hatte die Wendung "Yes, we scan" schon vorher verwendet.
Viel Zuspruch fanden auch die Schlagzeilen "Die Bremer Stadtdilettanten" (die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" zu den Nachwehen der Bremer Bürgerschaftswahl) und "Die unerträgliche Seichtigkeit des Seins" (die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zur Pegida-Bewegung). Die 30 höchstbewerteten Schlagzeilen sind auf den Netzseiten des Vereins Deutsche Sprache zu finden.
Die zehn Bestplatzierten:
- Der Mann, der die Mauer niederstammelte zum Tod des SED-Funktionärs Günter Schwaboski (Süddeutsche Zeitung, 2.11.2015)
- Letzte Ausfahrt Grexit über den möglichen Ausstieg Griechenlands aus dem Euro (Spiegel, 21.2.2015)
- Winterkorn hat sich verdieselt VW-Skandal (Bild, 24.9.2015)
- Die unerträgliche Seichtigkeit des Seins über Pegida (FAZ, 19.10.2015)
- Geh 36 Das Sturmgewehr hat in der Bundeswehr keine Zukunft mehr (Die Welt, 24.4.2015)
- Isch over? Wolfgang Schäuble und der mögliche Ausstiegs der Griechen aus dem Euro (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 21.6.2015)
- Mehr Breite wäre Spitze! zur Weiterführung der Exzellenzinitiaitve (Die Zeit, 21.2.2015)
- Die Bremer Stadtdilettanten nach der Bremer Bürgerschaftswahl (Hannoversche Allgemeine, 12.5.2015)
- Die appgelenkte Generation Kinder und Jugendliche leiden zunehmend unter Smartphone-Stress (Hannoversche Allgemeine, 2.10.2015)
- Alle mal abhören über eine Hackerdemonstration (Süddeutsche Zeitung, 28.12. 2014)
Insgesamt gingen bei der Jury 126 Vorschläge aus 23 Zeitungen und Zeitschriften ein, so viele wie noch nie seit der ersten Schlagzeile des Jahres 2010. Gewonnen hatte damals die Hamburger "Zeit" mit "Krieger, denk mal!".
Seit fünf Jahren kürt der Verein Deutsche Sprache die besten Schlagzeilen aus Zeitungen und Zeitschriften. Die Jury besteht aus dem Tübinger Rhetorikprofessor Gert Ueding, den Journalisten Wolf Schneider und Franz Stark, den Sprachwissenschaftlern Helmut Glück aus Bamberg und Horst Haider Munske aus Erlangen sowie dem Vorsitzenden des Vereins Deutsche Sprache, dem Dortmunder Wirtschaftsprofessor Walter Krämer. (sh/dpa)