
Design-Sauger:
Dyson: Der Apple unter den Staubsaugern
Mit düsentriebischer Innovationsfreude statt aggressivem Marketing wurde die britische Marke Dyson zum Schrecken alteingessener Haushaltsgerätemarken wie Miele und Bosch. W&V-Redakteurin Judith Pfannenmüller über den Apple unter den Staubsaugern.
Der britische Vorzeigunternehmer James Dyson hat sich zwar offiziell zur Ruhe gesetzt – erst im April übergab er das internationale Management seines Unternehmen an den in Deutschland geborenen Manager Max Conze. Doch der akribische Tüftler, der vor 19 Jahren den beutellosen Staubsauger erfand und damit zum Milliardär wurde, kann von der Leidenschaft für seine futuristisch anmutenden Zyklonen-Sauger nicht lassen. In der aktuellen Fernseh-Kampagne, die seit Anfang November im Privat-TV läuft, tritt der weißhaarige Brite wieder höchstpersönlich auf, um das Publikum über die Saug-Innovation „vibrierende Zyklonen“ von neuen Modellen seiner Bodenstaubsaugermarke Dyson Cinetic aufzuklären. "Kein Beutelkauf, keine Filterwartung, kein Saugkraftverlust", heißen die Kernargumente.
Der schlichte Spot spiegelt die ganze Philosophie des Unternehmens wider - kein Marketing-Schnickschnack, kein multimediales Storytelling, keine unterhaltsame Branded-Entertainment-Idee. Aber die volle Technik-Leidenschaft eines Nerds, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, immer das bessere Produkt zu liefern als das, was schon da ist.
Angefangen haben soll es damit, dass sich Dyson, von Beruf Industriedesigner, beim Staubsaugen angeblich maßlos über die schwächliche Saugleistung seines Staubsaugers aufgeregt hat. Er ist also quasi aus Wut zum Erfinder geworden. "Jede Erfindung geht auch heute noch über seinen Schreibtisch. James Dysons Präsenz ist wichtig für den Geist und die Denke im Unternehmen", sagt Alexander C. Schmidt. Schmidt war zuvor 15 Jahre lang beim Konsumgüterriesen Procter & Gamble, davor bei der Design-Ikone Braun, und ist erst im Sommer als Deutschland-Geschäftsführer zu Dyson gekommen.
Das Credo der Briten: Die Marke soll den perfektionistischen Anspruch ihres Gründers immer neu einlösen. Doch der Erfolg der Tüftler-Marke kommt nicht von ungefähr: Ein Drittel der 4.500 Dyson-Mitarbeiter sind Ingenieure, Techniker oder Wissenschaftler. Sechs Prozent des weltweiten Umsatzes von 1,3 Milliarden Euro flossen 2012 in die Entwicklungsabteilung. "Bei Dyson wird es nie ein Me-too-Produkt geben", sagt Schmidt.
Beutellos oder nicht – diese Glaubensfrage hat sich in einigen Ländern der Welt schon entschieden, im Heimatmarkt Großbritannien ist Dyson Marktführer, ebenso in Frankreich und in den USA. Nur in Deutschland leistet noch eine altehrwürdige Haushaltsgerätemarke kraftstrotzenden Widerstand - Marktführer Miele dominiert das Geschäft mit den Staubsaugern. Die Gütersloher streichen hartnäckig die Vorzüge ihres Beutel-Schemas heraus und legten 2013 sogar ein Wachstum hin - auf einen Marktanteil von 24,4 Prozent.
Geht es nach den Briten, sollen die Zyklonensauger von der Insel in Deutschland endlich an den Beutelsaugern vorbeiziehen. Schmidt: "Wir wollen ganz klar die Nummer Eins werden". Mit einem Marktanteil von gerundeten 18 Prozent haben die Briten hier noch Luft nach oben.
Noch hängt Deutschland an seinen Beuteln, zwei Drittel aller Staubsauger haben sie, vielleicht auch, weil die Dyson-Geräte auch ziemlich teuer sind. Doch mit Dirt Devil, AEG Grundig und Bosch hat das Dyson-Prinzip längst Nachahmer gefunden. Gegen Bosch prozessieren die Briten gar, weil sie den Deutschen Industriespionage vorwerfen.
Schmidt arbeitet nun daran, die Dyson als Marke "im Handel erlebbar zu machen" und zu zeigen, dass die Zyklonen–Saugleistung keine billige Marketingbehauptung ist. Bei Saturn entstand der erste Shop im Shop, weitere exklusive Verkaufsflächen sollen dazukommen. "Es geht darum, die Technologie im Handel zeigen zu können", sagt der Deutschland-Manager. Von knapp 58 Millionen Euro Umsatz 2012 will Schmidt Ende des Jahres in Deutschland auf 75 Millionen Euro kommen.
Dabei beschränkt sich der Ehrgeiz der britischen Tüftler längst nicht mehr auf die Bodenpflege. Zwar will Dyson bestehende Kategorien ausbauen wie auch die Handstaubsauger, deren Marktanteil sich innerhalb eines Jahres von 35 auf 70 Prozent verdoppelt hat. Doch auch bei Ventilatoren, Händetrocknern und Heizlüftern wollen die Briten als perfektionistische Düsentriebs auffallen.
"Es geht uns ums Probleme lösen", sagt Schmidt, der schon nach kurzer Zeit ganz von der Philosophie des Hauses durchdrungen ist. "Wir suchen uns immer Märkte, wo wir glauben, man könne signifikant etwas verbessern". Eines dürfte dabei gewiss sein. Solange James, der Erfinder, noch jedes neue Produkt eigenhändig unter die Lupe nimmt, dürfte den 1.500 Dyson-Ingenieuren jedenfalls nicht langweilig werden.