Im Frühjahr hatte das Medienhaus das interne Verfahren gegen Reichelt angestoßen. Nach Springer-Angaben standen im Kern der Untersuchung die Vorwürfe des Machtmissbrauchs im Zusammenhang mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen sowie Drogenkonsum am Arbeitsplatz. Der Konzern kam zum Schluss, dass Reichelt seinen Posten behalten sollte.

Die US-Zeitung "New York Times" hatte am Sonntag einen Bericht über Axel Springer, Reichelt und die Unternehmenskultur veröffentlicht.

Ein Investigativ-Team der Mediengruppe Ippen war über Monate auch an dem Fall dran. Ein Teil der Rechercheergebnisse erschien in einem Online-Bericht des "Spiegel", weil sich die Ippen-Gruppe auf Einwirken des Verlegers Dirk Ippen gegen eine Erstveröffentlichung entschieden hatte. Die Begründung war, dass man genau darauf achten müsse, dass nicht der Eindruck entstehe, dass man einem Wettbewerber wirtschaftlich schaden wolle.

Döpfner hatte sich bereits am Mittwoch in einer ersten internen Videobotschaft an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewandt und einen schnelleren Kulturwandel bei "Bild" ausgesprochen. Er war auch auf eine ältere private SMS eingegangen, aus der die "New York Times" zitiert hatte. Der 58-Jährige hatte darin den damaligen "Bild"-Chefredakteur Reichelt als letzten und einzigen Journalisten in Deutschland bezeichnet, der noch mutig gegen den "neuen DDR-Obrigkeitsstaat" aufbegehre. Fast alle anderen seien zu "Propaganda Assistenten" geworden. 

Döpfner sagte in der Videobotschaft vom Mittwoch dazu: "Eine private SMS ist kein Tweet, ist kein Post, ist keine öffentliche Rede. Und wenn man in einer privaten Unterhaltung aus dem Zusammenhang gerissen etwas zitiert, dann unterschlägt man Polemik, Ironie, Übertreibung." Er lege Wert darauf, dass das privat sei und nicht wie ein Zitat behandelt werde. "Das ist doch eine Grenzüberschreitung", sagte der Springer-Chef. (Lesen Sie dazu hier den Kommentar von W&V-Redakteurin Lena Herrmann).

Am Freitag ging er dann in der neueren Videobotschaft erneut auf die SMS ein. Döpfner sagte laut "Medieninsider": "Ich bedaure obendrein, dass im Zusammenhang mit diesem Fall eine private Unterhaltung von mir per SMS quasi einen Großteil deutscher Journalisten als unkritisch bezeichnet - Stichwort Propaganda-Assistenten - oder gar die Bundesrepublik mit der DDR verglichen wird. Das war natürlich reine, schärfste Ironie." Die SMS hatte in der Medienbranche heftige Kritik ausgelöst, einige Medienhäuser äußerten sich dazu öffentlich.