
Hubert Burda Media:
Einstand: Wie Jörg Quoos beim "Focus" gestartet ist
Der neue Chefredakteur Jörg Quoos legt beim "Focus" los - mit Fokus auf mehr Politik und eine engere Anbindung an Focus Online...
Das Nachrichtenmagazin "Focus" feiert am 18. Januar seinen 20. Geburtstag. Begangen wird der Tag mit dem neuen Chefredakteur Jörg Quoos an der Spitze - er hat am Mittwoch den Posten von Uli Baur übernommen. Der bisherige Blattmacher hat sich neben Helmut Markwort auf den Herausgeberposten zurückgezogen. Auch sein Büro im fünften Stock hat er für seinen Nachfolger geräumt, der am Mittwoch seinen ersten Arbeitstag an der Arabellastraße in München absolviert hat. Wie bei Burda inzwischen üblich, organisierte Printvorstand Philipp Welte eine kleine Einstandsfeier in der Burda-Bar für den Neuen und seine Crew; er begrüßte ihn mit den Worten: "Die Redaktion bekommt einen exzellenten Nachrichtenjournalisten, einen der besten dieses Landes. Wir glauben an Zeitschriften und wir setzen auf hervorragenden Nachrichtenjournalismus - und genau deshalb ist Jörg Quoos der richtige Mann zur richtigen Zeit."
Quoos wiederum erklärte der "Focus"-Mannschaft, die sich von seiner Antrittsrede durchaus angetan zeigte, er habe kein fertiges Konzept in der Tasche. Er wolle jedoch größeren Wert auf Nachrichten legen und sich damit auf die Anfangstugenden des "Focus" besinnen. Das Blatt solle wieder exklusive Nachrichten bringen, tiefe Analysen, aber auch auf Emotionen setzen. Für den Ex-"Bild"-Journalisten zählen vor allem drei wichtige Kriterien: Eine Geschichte soll entweder informieren, emotional berühren oder erklären. Stories müssen am "Menschen entlang“ erzählt werden - "Menschen interessieren sich nun mal für Menschen" sagte der Politikjournalist in seiner Antrittsrede. Außerdem lege er im Blatt Wert auf A-Promis aus allen Bereichen. Hier soll voraussichtlich auch der künftige "Focus"-Vize und "Bild"-Unterhaltungschef Gerald Selch Input liefern. Auf ihn muss die Mannschaft aber noch drei Monate warten. Wie auch Quoos, der bereits vor einem Jahr gekündigt hat, lässt Axel Springer den "Bild"-Mann keinen Tag vor Vertragsende ziehen. Selch wird also erst am 1. April in München anfangen.
Eines wurde recht deutlich: Insgesamt soll der "Focus" wieder politischer werden. Ein Vorstoß in eine Problemzone? Vor allem Politik-Titel rangierten im Einzelverkausranking am unteren Ende. Ein möglicher Grund dafür, dass das Nachrichtenmagazin in den vergangenen zwölf Monaten nicht einmal eine Handvoll klassischer Politik-Cover an den Kiosk brachte. Quoos, gelernter Nachrichtenmann mit Boulevard-Background, findet vielleicht den richtigen Dreh, um dem Leser News schmackhaft zu machen. Der neue Chefredakteur kam aber nicht allein nach München. Mit im Schlepptau: der neue Fotochef Thorsten Fleischhauer sowie die neue stellvertretende Leiterin des Berliner Hauptstadtbüros, Ulrike Demmer, die vom "Spiegel" zu Burdas Nachrichtenmagazin wechselte. Fleischhauer kommt ebenfalls wie Quoos von der "Bild"-Zeitung. Er soll nach Informationen von W&V Online Rüdiger Schrader ablösen.
Ein weiterer Punkt ist Quoos, der als sehr bodenständig und geradlinig beschrieben wird, offenbar sehr wichtig: Er will das Verhältnis zu Focus Online neu aufsetzen. Anders als bei "Stern", "SZ" oder "Spiegel", sind bei "Focus" das Print-Heft und die Online-Ausgabe unter zwei verschiedenen Konzerndächern angesiedelt. Focus Online ist keine Tochter von Hubert Burda Media, sondern der Tomorrow Focus AG. Eine komplizierte Konstruktion, an der die Macher der beiden Medien immer wieder zu knabbern hatten. Aber: Print-Chef Quoos und Online-Chef Daniel Steil kennen sich aus "Bild"-Zeiten - das dürfte hilfreich sein. "Ich habe Print-Journalismus im Blut, aber weiß auch, dass wir von einer engen Zusammenarbeit mit Focus Online nur profitieren können", so der neue Chefredakteur. Die drängende Frage der Mitarbeiter, ob die Redaktion nun komplett nach Berlin umziehe, beantwortete der Vorstand ausweichend. Aus dem Verlagsumfeld ist jedoch zu hören, dass der Verleger darüber erst im Frühjahr entscheiden werde. Bis dahin wird sich auch zeigen, ob Quoos das "größe Entwicklungsprojekt Deutschlands“, wie Welte das Nachrichtenmagazin zu Zeiten Wolfram Weimers nannte, stemmen kann.