
Nomen:
Erotische Zungenbrecher: So entwickeln sich Parfumnamen
Die Namen von Parfummarken werden immer länger und provokanter. Die Düsseldorfer Namensagentur Nomen hat 800 Parfummarken untersucht und zeigt, dass bei der Namensgebung ganz eigene Regeln herrschen.
Die Entscheidung für eine Parfummarke fällt nicht nur wegen des Duftes. Der Name, die Verpackung und letztendlich die Markenstory dahinter sind ebenfalls entscheidend. „Es geht darum, Träume auszuleben und die eigene Individualität zu betonen“, erklärt Sybille Kircher, Geschäftsführerin der Namensagentur Nomen International in Düsseldorf die Motivation zum Kauf. Die Agentur hat in einer Studie untersucht, wie sich die Parfummarken im Laufe der Jahre entwickelt haben. Rund 800 Parfummarken wurden analysiert. Bei etwa 300 Marken handelt es sich um Duftklassiker, die übrigen sind seit 2005 oder später auf dem Markt.
Der offensichtlichste Unterschied zu früher: Die Namen werden immer länger. Drei bis vier Wörter waren früher die Ausnahme, heute liegt das Worte-Aneinanderreihen im Trend. Die Parfumnamen erzählen Geschichten, die anregen („Flowerbomb“ von Viktor & Rolf, „Rock’n Dreams“ von Valentino) oder aufregen („Hypnotic Poison“ von Dior, „CK one shock“ von Calvin Klein). Es wird verführt („6 L’Amoureux“ von Dolce & Gabbana, „Loverdose“ von Diesel) oder entführt („5:40 PM in Madagascar“ von Kenzo, „Midnight in Paris“ von Van Cleef & Arpels). Wer mag, darf selbstverliebt („Miroir, Miroir“ von Thierry Mugler, „Very Irresistible Sensual“ von Givenchy) oder unangepasst sein („Scandalous“ von Scorpio, „Le mâle terrible“ von Jean-Paul Gaultier).
Romantische Namen sind nach wie vor beliebt, doch gerade bei neueren Namen wird der Ton aufreizender und provokanter, wie die Studie zeigt. Beliebt sind Namen mit erotischen Anspielungen, zum Beispiel „Desire me“ von Escada, „The one desire“ von Dolce & Gabbana“ oder „Play it pin up“ von Playboy. Noch freizügiger sind die französischen Designer – allerdings brauchen Konsumenten französische Sprachkenntnisse, um die Botschaften zu verstehen. So bedeutet „Jeux de peau“ von Serge Lutens übersetzt „Hautspielchen“. Jean-Paul Gaultier spielt mit „Classique X“ nicht-jugendfreie Erotikfilme an, während Yves Saint Laurent mit „La nuit de l’homme“ auf männliche One-Night-Stands abzielt.
Dabei sind Zungenbrecher durchaus erlaubt: Die Regel, dass ein guter Name möglichst kurz, merkfähig und international leicht verständlich sein sollte, gilt für Luxusmarken nicht. Die meisten Parfumnamen sind seit jeher französisch. Auch wenn Namen wie „La petite robe noire“ von Guerlain, „Elixir des merveilles“ von Hermes oder „Ange et démon“ von Givenchy nur Franzosen leicht über die Lippen kommen – die Düfte werden dennoch gekauft. Das Fazit von Nomen: In der Welt der Parfums gelten eben andere Regeln. Erlaubt ist, was ungewöhnlich und unkonventionell ist. Trotz der Vorliebe für das Französische sind auch englischsprachige Namen auf dem Vormarsch. Seit 2005 hat sich ihre Zahl mehr als verdoppelt und liegt bei über 37 Prozent.
Duftklassiker gibt es viele am Markt. Die Hersteller nutzen ihre Kraft, indem bekannte Marken mit Erweiterungen und Varianten als Neuheiten lanciert werden. So wurde „J’Adore“ (1999) von Dior zu „J’Adore L’Or“ (2010) oder „Shalimar“ (1925) zu „Shalimar Ode à la Vanille“. Auch Namensfamilien liegen im Trend. So vermarktet der Modedesigner Thierry Mugler unter seiner Dachmarke Düfte namens „A Men Pure Malt“, „A Men Pure Coffee“, „A Men Pure Havane“ und “A Men Pure Shot”.
Der starke Wettbewerb veranlasst die Parfumhersteller nach immer neuen, aufmerksamkeitsstarken Namensstrategien zu suchen. Etwa 1.500 Düfte werden derzeit international vermarktet. Jährlich kommen etwa 180 neue Düfte hinzu. „Chancen hat nur, wer den Puls der Zeit trifft“, erklärt Nomen-Chefin Sybille Kircher. Der Name muss stimmen, in der Regel entsteht er sogar noch vor der Duftkreation. „Der Name bestimmt das Flakon-Design, die Verpackung, die Markenstory sowie die gesamte Kampagnendramaturgie“, sagt Sybille Kircher. „Parfumnamen müssen neugierig machen. Deshalb dürfen sie fast alles, nur nicht langweilig sein.“