
Ex-RTL-Chef Thoma keilt gegen Bertelsmann
Auch das Duopol zwischen RTL und ProSiebenSat.1 pickt der Österreicher auf. Helmut Thoma rügt aber im Interview mit dem "Kölner Stadtanzeiger" vor allem Bertelsmann: "Derzeit versucht man, aus der RTL Gruppe auch den letzten Euro heraus zu holen."
Der ehemalige RTL-Chef Helmut Thoma rechnet mit der TV-Branche ab. Die deutsche Fernsehlandschaft sei "wirklich enorm verarmt", wettert der TV-Veteran im Interview mit dem "Kölner Stadtanzeiger" (Mittwochsausgabe). Mit den beiden privaten Sendergruppen RTL und ProSiebenSat.1 geht Thomas hart ins Gericht: "Privates und öffentlich-rechtliches Fernsehen kämpfen auf verschiedenen Feldern. Die Privaten werden von den unter 50-Jährigen gesehen, da haben die Öffentlich-Rechtlichen nur noch Restbestände. In diesem Bereich besteht ein Duopol durch zwei private Sendergruppen. Es besteht ja gar kein Konkurrenzinteresse mehr. Unter zweien kann man sich herrlich einigen. Da kann das Kartellamt noch so lange untersuchen", so der ehemalige Senderchef.
Um dieses Duopol im privaten TV-Markt zu knacken, müsse die gesetzliche Grenze beim Zuschauermarktanteil von bisher 30 Prozent auf nur noch 20 Prozent heruntergesetzt werden, schlägt Thomas vor. "Dann wären die beiden Konzerne gezwungen, sich einzuschränken. Es würde ein dritter oder vierter Anbieter entstehen, und es würde wieder Leben in die Fernsehlandschaft kommen."
Der Medien-Österreicher, der nach eigenen Angaben "schon immer sehr wenig fern gesehen" hat, macht mit seiner harschen Kritik auch nicht vor seinem Ex-Brötchengeber Bertelsmann Halt, dem Unternehmen hinter der RTL Group. Thoma wundert sich in dem Interview "über das Ausmaß an Undankbarkeit" der Gütersloher, das "in keinem Verhältnis zu den erwiesenen Wohltaten und Leistungen, die ich für Bertelsmann erbracht habe, steht". "Die deutschen RTL-Sender sind heute die Haupteinnahmequelle von Bertelsmann. Daneben funktioniert auch Frankreich, das zum Grundbestandteil der RTL-Gruppe zählt, gut. Den Rest kann man vergessen", rechnet Helmut Thoma mit dem Medienkonzern ab. Weiter moniert er: "Derzeit versucht man, aus der RTL Gruppe auch den letzten Euro heraus zu holen; ich bin mir nicht sicher, ob dieses buchhalterische Verhalten dem Sender Nutzen bringt."
Helmut Thoma hat bis 1997 den Kölner Sender RTL geleitet und danach in beratender Funktion gearbeitet. Aus seiner RTL-Äre stammen unter anderem Formate wie "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten","Explosiv" oder auch "Cobra 11", Sie laufen noch heute mit großem Erfolg. Neu ist der kritische Rundumschlag Thomas indes nicht: Bereits im April hat der Altmeister die Branche mit Medien-Schmäh überzogen. Damals hat er mit der "Süddeutschen Zeitung" über die Szene geplaudert.