
Facebook-Chefin Sheryl Sandberg: „Deutschland holt stark auf“
Im W&V-Interview spricht Mark Zuckerbergs rechte Hand Sheryl Sandberg über die Pläne von Facebook in Deutschland und die Möglichkeiten für Werbungtreibende.
Als Chief Operating Officer verantwortet Sandberg das operative Geschäft einschließlich der Bereiche Sales, Marketing, Business Development, und Kommunikation. Davor arbeitete sie als Vice President of Global Online Sales and Operations bei Google. Sandberg sitzt im Aufsichtsrat von Starbucks, der Brookings Institution, Women for Women International und V-Day. Das US-Magazin Fortune listet Sheryl unter den “50 einflussreichsten Frauen” in der Wirtschaft und das Wall Street Journal zählt sie zu den “50 Women to Watch”.
Im W&V-Interview spricht Sheryl Sandberg über die Stellung von Facebook in Deutschland und die Möglichkeiten für Werbungtreibende.
W&V: Facebook eröffnet eine Niederlassung in Hamburg, hat aber bereits Büros in Frankreich, Schweden und Spanien. Deutschland kommt relativ spät.
Sandberg: Deutschland kommt nicht spät, wir haben die anderen Büros erst in den letzten Monaten eröffnet. Wir folgen einfach unseren Nutzern. In Deutschland haben wir für unser Wachstum mehr Zeit benötigt. Aber in den letzten Monaten sind die Zahlen gestiegen. Die Durchdringung in anderen Ländern ist höher, aber Deutschland holt stark auf.
W&V: Deutschland hat mit StudiVZ und Wer-kennt-wen auch starke Facebook-Konkurrenz?
Sandberg: Der Markteintritt war schwierig, weil es lokale Plattformen gab, die unserer sehr ähnlich waren. Aber Facebook hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Man kann ein Produkt zu einem bestimmten Punkt kopieren, aber es ist schwierig mit der technologischen Innovationsfähigkeit einer globalen Plattform Schritt zu halten.
W&V: Facebook kommt nach Deutschland. beschreiben Sie die Situation.
Sandberg: Wir haben jetzt hierzulande 7,5 Millionen Nutzer, letztes Jahr waren es noch zwei Millionen. Damit sind wir in allen Bereichen die am schnellsten wachsende Community. Dabei können wir uns auf unsere Nutzer verlassen. Wenn wir einmal wachsen, wachsen wir. Und zwar deshalb, weil die Mitglieder Freunde einladen und die Menschen von Facebook hören. 7,5 Millionen Nutzer sind nur die Basis für viele mehr.
W&V: Die Expansion nach Deutschland kommt in einer starken Wachstumsphase.
Sandberg: Wir machen unser Geschäft mit Werbung. Das ist ein globales Geschäft, aber auch ein lokales. Eine eigene Präsenz im Markt für die direkte Zusammenarbeit mit deutschen Werbungtreibenden ist unheimlich wichtig für das Wachstum.
W&V: Wissen deutsche Firmen bereits, wie Facebook genutzt werden kann?
Sandberg: Überall werden dieselben Fragen gestellt: Wie werde ich Teil von Facebook? Menschen machen zwei Dinge: Sie zeigen, wer sie sind – etwa wo sie zur Schule gegangen sind oder dass sie Kinder haben. Aber sie reden auch darüber, was sie tun und welche Produkte sie benutzen. Produkte können soziale Bindungen herstellen und fördern. Viele Markenartikler hatten anfangs Angst davor, Kontrolle abzugeben und User einzubeziehen, auf Facebook werden Marken gestaltet und nicht kontrolliert.
W&V: Werbungtreibende wollen Teil dieser Bindungen werden.
Sandberg: Genau. Marketers erkennen, dass Menschen Dinge miteinander teilen und sie wollen, dass es ihre Produkte oder Inhalte sind. Marketers wissen schon lange, dass es das Beste ist, wenn die Konsumenten das Marketing übernehmen. Um die Markenprofile auf Facebook entstehen solche viralen Aktivitäten. Erfreulicherweise schaffen das immer mehr Marken.
W&V: Nennen Sie gute Beispiele.
Sandberg: Nehmen wir Hugo Boss. Sie haben eine Kampagne zur Fashion Week Berlin gemacht. Hugo Boss suchte Models via Facebook für den Berliner Runway und haben dann auch live ihre Modenschau gezeigt. Normalerweise buchen Modefirmen ihre Models bei Agenturen und man schaut das Event im Fernsehen. Aber indem die Models offen unter den Konsumenten gewählt wurde, stieg auch die Verbundenheit zur Kampagne. Ein weiteres Beispiel ist VitaminWater. Die nächste Geschmacksrichtung des Getränks wurde von der Facebook-Community bestimmt. Sogar das Facebook-Logo ist auf der Flasche. Das Unternehmen hat die Konsumenten in die Produktentwicklung miteinbezogen.
W&V: Wenn die Werbungtreibende überall die gleichen Fragen haben, berät das Sales-Team auch?
Sandberg: Wir erbringen viele Beratungsleistungen. Viele unserer Services sind kostenlos. Normalerweise beginnen Werbungtreibende mit einer eigenen Seite auf Facebook. Dann versuchen sie, in den Dialog mit den Kunden zu kommen. Die Interaktion können sie mit Media-Spendings unterstützen, indem sie Kampagnen schalten.
W&V: Und auf diese Weise verdient Facebook Geld.
Sandberg: Das ist unser Geschäft. Ich liebe das Werbegeschäft, es ist das beste Geschäft der Welt. Es ist kreativ, es ist spannend und es verbindet Konsumenten mit den Marken. Die Facebook-Strategie unterscheidet sich von TV, Radio oder einfachen Bannern: Unsere Anzeigen sind komplett interaktiv. Du kannst ein Fan einer Seite sein, an einem Event teilnehmen oder Fragen beantworten. Wenn Menschen die Werbung gefällt, können sie diese auch mit ihren Freunden teilen.
W&V: Facebook entwickelt sich weiter, wird es damit auch komplizierter für die Werbungtreibenden?
Sandberg: Nein, es wird einfacher, da unsere Tools besser werden. Unsere Erfahrung mit den Werbemechanismen steigt kontinuierlich. Wir haben eine Partnerschaft mit Nielsen, um Werbeeffekte zu messen. Mittlerweile haben wir 80 Studien mit Nielsen durchgeführt. Damit wissen wir, was funktioniert und was nicht. Auch in Deutschland werden wir Untersuchungen durchführen und unseren Kunden zur Verfügung stellen.
W&V: Kommen neue Anzeigen-Formate?
Sandberg: Wir entwickeln kontinuierlich neue Anzeigen-Formate. Demnächst können Werbungtreibende in Deutschland sogenannte Sampling Ads buchen, und damit Produktproben promoten. Mit diesem Format können Unternehmen viel Geld sparen, da die Anzeigen ausgesteuert und nur einer bestimmten Gruppe von Facebook gezeigt werden können.
W&V: Was geben Werbungtreibende durchschnittlich für eine Kampagne auf Facebook aus?
Sandberg: Dazu machen wir keine Angaben. Das variiert sehr stark nach Targeting und Reichweite. Unternehmen wie Starbucks buchen mittlerweile globale Kampagnen. Bei der Fußballweltmeisterschaft werden viele globale Anzeigen zu sehen sein. Auch in Deutschland gibt es große Unternehmen. Scott Woods hat auch die Chance, an globale Kampagnen für Facebook zu organisieren.
W&V: Die Globalisierung der Werbespendings könnte ein Vorteil im Kampf mit dem deutschen Wettbewerbern sein.
Sandberg: Der Betrieb einer globalen Plattform ist sehr effizient, da der Aufwand für alle Länder gleich bleibt. Wir sind derzeit ca. 1.200 Facebook Mitarbeiter und bedienen über 400 Millionen Nutzer auf der ganzen Welt. Große Werbungtreibende wie Nike können Medialeistungen global einkaufen oder in Deutschland, um das lokale Sponsoring eines Fußballteams zu promoten.
W&V: Der deutsche Online-Werbemarkt wird 2010 um voraussichtlich 14 Prozent wachsen. Was erwartet Facebook für Deutschland?
Sandberg: Wir nennen zwar keine Zahlen für einzelne Märkte, aber es wird mit Sicherheit mehr sein.
Facebook ist Titelthema der aktuellen W&V (Ausgabe 7/2010, EVT 18. Februar).
Mehr zum Thema Facebook-Marketing finden Sie auch im neuen W&V-Online-Special.