Es ist die Rede von bis zu 300 Kauf- und Verkaufsaufträgen an einem Tag – das schreibt zumindest das "Handelsblatt". Wie viele machst du im Schnitt?

Ich würde sagen, es hängt definitiv vom Markt ab. Je nach dessen Volatilität mache ich am Tag ungefähr 20 bis 50 Trades. Ich gehe natürlich öfter in einen Wert rein, leiste Teilverkäufe und gehe öfter wieder raus.

Wie schafft man 300 Aufträge am Tag?

Erklären kann ich mir das nicht. Ich denke die Zahlen sind überzogen. Nehmen wir einmal einen ganz normalen Handelstag. Um 8 Uhr macht der vorbörsliche Markt auf und läuft, wenn man die USA noch mitberücksichtigt, bis 22 Uhr. Dann müsste Uli Hoeneß alle 2 Minuten und 40 Sekunden einen Trade machen. Da er viel mit Devisen gehandelt haben soll und diese Märkte 24 Stunden offen haben, würde das auf diese Zeit umgerechnet bedeuten, dass er mindestens alle 5 Minuten einen Trade gemacht hätte. Ich denke, dass diese Zahlen nicht real sind. Denn Uli Hoeneß hatte als Geschäftsmann eine große Verantwortung und sicherlich keine Zeit dafür. Um diese Order durchzuführen, hätte er sich von der Welt abschotten müssen und zudem 24 Stunden am Tag traden müssen. Das konnte er allein schon nicht aus beruflicher Sicht. Das heißt also, es müssen Handelsmaschinen dahinter gestanden haben, ein Computer-System, das selbstständig handelt.

Dazu kommt, dass Trader sich der Gefahr eines Over-Tradings aussetzen. Wenn man täglich so viele Order aufgibt, dann ist man nach einer Woche psychisch und physisch fertig. Schon nach ein paar Tagen kann man sich nicht mehr konzentrieren, ist erschöpft. Oftmals weiß man dann gar nicht mehr, was man tut.

An einem Tag soll er 18 Millionen Euro verzockt haben. Was muss passieren, dass man so viel Geld verliert?

Die einzige Erklärung ist, dass er vermutlich zu hoch gehebelt hat und mit einer sehr großen Summe in seine Order reingegangen ist. Ich kann mir vorstellen, dass an diesem Tag, der Wert, den er gehandelt hat, eine starke Bewegung in eine Richtung gemacht hat. Dabei muss er wiederum auf die Gegenrichtung gesetzt haben. Ein Beispiel: Nehmen wir an, der US-Dollar hat eine große Bewegung nach oben gemacht. Aus Gier hat er hoch gehebelt und mit einer hohen Summe gegengewettet, also auf fallende Kurse. So kann man schnell seinen kompletten Einsatz verlieren.

Wir haben gerade schon angesprochen, dass Hoeneß hauptsächlich Devisen gehandelt haben soll. Wo liegt hier der Vorteil, wo die Gefahren?

Der Vorteil ist, dass die Devisenmärkte sehr liquide sind und der Markt auch 24 Stunden durchläuft, so dass man bei einer Über–Nacht-Position nicht in Gefahr kommt, einer sogenannten Kurslücke zu verfallen. Es ist auch schwerer diesen Markt zu manipulieren. Zudem muss man wissen, dass Währungen eines der ersten Objekte auf dieser Welt sind, mit denen gehandelt wurde. Die Gefahren dabei sind, dass bei politischen oder wirtschaftlichen Nachrichten sehr große Bewegungen stattfinden. Wenn beispielsweise die EZB-Entscheidung ansteht, oder Russland ankündigen würde in den Krieg zu ziehen. Innerhalb von fünf Sekunden können die Kurse nach oben oder unten schnellen.

Wie schnell kann man den Überblick beim Handel an der Börse verlieren?

Relativ schnell. Wenn man beispielsweise zu viele Positionen offen hat, die man nicht mehr schafft zu managen. Oder Positionen plötzlich alle gegen einen laufen. Dann verliert man schnell die Konzentration. Wenn man sich keine Pausen gönnt, dann ist man nicht mehr fit genug. Stellen Sie sich vor, alle Positionen, die Sie heute traden, sind im Minus, dann hat man plötzlich eine psychische Blockade, sieht keine Chancen mehr. Wenn man wie im Falle Uli Hoeneß wirklich viel und nicht mit Bedacht handelt, also zockt, kann man relativ schnell den Überblick verlieren.

Wie lautet Dein Rat für „normale“ Anleger?

Am liebsten gar nicht an der Börse spekulieren (lacht). Anleger sollten sich eher dividendenstarken Titeln widmen und kaufen. Wichtig ist es, niemals dem Markt hinterher zu laufen. Anlegern, die doch ein bisschen mehr traden möchten, als nur eine Dividende zu kassieren, rate ich, sich mit dem Thema der Technik an der Börse zu beschäftigen. Das Beste für Einsteiger ist, erst einmal ganz einfach auf dem Papier zu traden, den eigenen Weg an der Börse für sich selbst herauszufinden, lernen den Markt einzuschätzen sowie zu beobachten und dann richtig in die Materie einzusteigen.