
Urteil:
Gericht stoppt Lizenzvergabe für Sportwetten-Anbieter
Nichts geht mehr: Deutschland steht bei der Sportwetten-Regulierung vor einem Scherbenhaufen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die bisherige Lizenzvergabe für verfassungswidrig erklärt. Das Vergabeverfahren sei fehlerhaft und intransparent, so die Richter.
Deutschland steht bei der Sportwetten-Regulierung vor einem beispiellosen Scherbenhaufen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die bisherige Lizenzvergabe für verfassungswidrig erklärt. Das Vergabeverfahren sei fehlerhaft und intransparent, so die Richter. Das Urteil ist nicht anfechtbar. Welche Folgen dieser Kasseler Richterspruch haben wird, ist derzeit noch nicht absehbar.
Seit Inkraftreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags (kurz: Erster GlüÄndStV) im Jahr 2012 ist das Land Hessen federführend für die Lizenzvergabe zuständig. Gefällt wird die Entscheidung, wer eine Konzession bekommt, allerdings vom sogenannten Glücksspielkollegium (das heißt wirklich so), dem gemeinsamen Koordinierungsgremium der Bundesländer. Dieses Glücksspielkollegium, so die Kasseler Richter, sei aber nicht hinreichend demokratisch legitimiert. Das Gericht kommt zu dem Schluss: "Unter den aktuell geltenden Gesetzen kann es keine rechtswirksame Regulierung geben".
Früher hatte der staatliche Sportwettenanbieter Oddset hierzulande das Monopol. Durch den Ersten GlüÄndStV war es privaten Sportwettenanbietern erstmals möglich, sich ebenfalls um eine Konzession in Deutschland zu bewerben. Deren Anzahl blieb aber zunächst auf 20 beschränkt. Vor einem Jahr hat das Glücksspielkollegium die Lizenzen vergeben: an Firmen bzw. Marken wie Primebet, Bwin, Digibet, Bet-at-Home.com, Bet90, Mybet, Betfair - aber zum Beispiel auch an das Bernd Hobiger Wettbüro Goldesel.
Online-Glücksspiele und Sportwetten haben sich zu einem Milliardenmarkt entwickelt. Die Bedeutung der Branche für die Werbeindustrie nimmt ebenfalls rasant zu: Laut einer Untersuchung von Research Tools in Esslingen haben sich die Werbeausgaben seit 2010 verdoppelt. Im Zeitraum Juni 2014 bis Mai 2015 lagen sie demnach bei 150 Millionen Euro (inkl. Fußball-WM). Laut Ebiquity lagen die Brutto-Werbeausgaben der Branche im laufenden Jahr (bis Mitte Oktober) bislang bei 41 Millionen Euro.
Betrachtet man allein die zehn größten Deals von Glücksspielanbietern im Bereich Sportsponsoring hierzulande, so liegt deren kumuliertes Volumen nach Schätzungen der Sponsoringberatung Repucom in diesem Jahr bei rund 30 bis 35 Millionen Euro.