Können Sie beide ganz grundsätzlich erklären, wie eine solche Sendung zu ihrer jeweiligen Vermarktungsstrategie passt?

Struck: Es war uns wichtig, dass die Sendung auf allen Kanälen gespielt wird, weil wir unsere Präsenz im digitalen Bereich weiterhin ausbauen wollen, ohne auf TV zu verzichten. Wir wollen unsere Zielgruppe überall abholen, wo sie unterwegs ist. Das Wichtigste für uns ist, dass wir nicht nur unsere Logos zeigen können, sondern unser sehr breites Portfolio mit über 500 Produkten kommunizieren können. Viele Konsumenten wissen zum Beispiel gar nicht, dass wir auch Waschmaschinen und Kühlschränke produzieren.

Schumacher: Für uns war es wichtig, einen Partner zu finden, der sich nachhaltig mit unserem Vorhaben identifiziert und uns auch bei der Bewertung eines solchen Formats unterstützt. Außerdem ist Grundig ein Unternehmen, das werblich nicht in allen Medien und ständig präsent ist. Dadurch kann Grundig das Format mitprägen. Und natürlich passt Grundig mit seinen TV-Geräten als Partner zu einer TV-Sendung. Wir haben von Anfang an gemerkt, dass es mit Kicker und Grundig sehr gut passt, inhaltlich und strategisch.

Wer war zuerst dabei? Grundig oder Eurosport?

Schumacher: Am Anfang war der Wunsch nach einem einzigartigen TV-Format, das es so noch nicht gibt. Zuerst sind wir mit Grundig als potentieller Sponsor ins Gespräch gekommen, weil wir als Marke "Kicker" gleich mit einem großen Paket auf die TV-Sender zugehen wollten. Uns war aber von Anfang an klar, welche Kriterien ein Sender erfüllen muss, damit es passt. Dazu gehören unsere Markenkernwerte, ein starker thematischer Fokus auf Sport, unsere Zielgruppen sowie die strategischen Perspektiven einer Zusammenarbeit.
Eurosport war da sehr schnell in der ganz engen Auswahl. Auch, weil der Sender künftig stärker auf die nationale Ebene gehen will, was Programm und Vermarktung betrifft.

Sie sagten gerade, Sie wollen eine einzigartige Sendung machen, die es so noch nicht gibt. Was wollen Sie denn anders machen als die Konkurrenz bei Sky oder auf Sport1?

Schumacher: Wir wollen nicht noch einen Talk machen sondern uns inhaltlich ganz klar von allen bestehenden Formaten abgrenzen. Was uns auszeichnet ist die absolute Fußballkompetenz. Wir sind zitabel, wir sind kritisch, wir sind nah am Thema und wir haben vor allem die Möglichkeit, den Talk über alle unsere Kanäle zu begleiten und zu unterstützen. Daher ist auch der Montag der perfekte Sendetag, weil da auch der Kicker erscheint. So können wir die Themen der Sendung mit unseren Print-Themen verzahnen und sie zudem digital vor- und nachbereiten.
Um 18.15 Uhr wird "Kicker.tv – Der Talk" live auf Eurosport im TV und als Stream auf der Kicker- und der Eurosport-Website ausgestrahlt. Selbstverständlich werden die Inhalte anschließend digital mit Ausschnitten und Downloads begleitet. Die Sendung wird zudem wiederholt, in der Regel am gleichen Tag gegen 22.15 Uhr; ebenfalls auf Eurosport natürlich. Was uns auszeichnet ist, dass wir nicht die Ergebnisse vom Wochenende kommentieren, sondern eigene Themen setzen werden, die wir mit bis zu drei Studiogästen diskutieren, die nah am jeweiligen Thema sind.

Also nicht nach dem Motto: Dann gucken wir uns die Spiele vom Wochenende nochmal an und dann sagt Lothar Matthäus noch irgendwas dazu…

Schumacher: Nein. Wir suchen konkret nach Themen, die Fußballdeutschland interessieren, und diese Themen werden wir ausreichend besprechen. Und zwar so, dass wir auch hier zitabel sind und nicht nur nett über Fußball quatschen.

Welche Möglichkeiten haben andere Werber im Rahmen der Sendung? Und stellen Sie sicher, dass nicht die direkte Konkurrenz von Grundig auftritt?

Schumacher: Grundig ist der Exklusiv-Sponsor der Sendung. Wir integrieren entsprechend keine Partner in das Format die Wettbewerber von Grundig sind. Es gibt neben dem Grundig-Sponsoringpaket noch eine Sonderwerbeform und ansonsten die klassischen Werbeblöcke.

Gibt es schon andere fixe Werbepartner?

Schumacher: Wir haben auf die Ankündigung, dass es dieses Format künftig geben wird, schon einige Anfragen bekommen. Da befinden wir uns aktuell in Gesprächen. Aber auch hier stimmen wir uns mit Grundig und insbesondere mit Eurosport ab.

Herr Struck, Grundig wird kommende Saison nicht mehr als Namenssponsor für das Stadion des 1. FC Nürnberg auftreten. Warum eigentlich?

Struck: Die gleiche Argumentation, weshalb wir auch mit "Kicker" zusammenarbeiten: Wir brauchen dringend mehr inhaltliche Kommunikation. Wichtiger ist, für unsere tollen Technologien zu werben. Da hat ein Format wie diese Sendung mehr Sinn. So haben wir hierfür zum Beispiel verschiedene Produkt-Trailer gedreht, die wir über das Jahr hinweg schalten werden. So schlagen wir diverse Fliegen mit einer Klappe.

Glauben Sie, der Trend geht allgemein weg vom Namenssponsoring für Stadien?

Struck: Das haben wir nicht untersucht und kann ich daher nicht bewerten. Wichtig ist, dass wir auch weiterhin Sponsor des 1. FC Nürnberg bleiben werden. Zwar werden wir nicht mehr als Stadionsponsor auftreten, aber wir haben andere Exklusiv-Verträge mit dem Club.
Der Rückzug als Stadionsponsor ist keineswegs irgendeine Art von Kritik an der Art des Sponsorings oder am Club. Wir haben einfach kleinere Budgets wie viele andere und wollen mehr in die Tiefe gehen. Das heißt im Übrigen nicht, dass das Stadionsponsoring eine Fehlinvestition war. Im Gegenteil: Wir haben alle messbaren Ziele erreicht, die wir erreichen wollten.

Herr Schumacher, wäre das Namenssponsoring von Stadien so ein Thema, über das in der Sendung künftig auch gesprochen wird? Unter Fans ist der Unmut ja immer groß, wenn ihr geliebtes Stadion plötzlich wie eine Firma heißen soll.

Schumacher: Die inhaltliche Gestaltung der Sendung ist Sache der Chefredaktion. Geplant ist aber, dass es auch mal solche Themen sein könnten, ja.

Ein Thema ist sicherlich, dass die Auflage des "Kicker" konstant sinkt und sich seit 2009 halbiert hat. Hätte man da schon früher mehr digital machen können oder müssen?

Schumacher: Es gibt in Deutschland etwa 20 Millionen fußballbegeisterte Menschen. Mit Print und Digital erreichen wir derzeit gut zehn Millionen davon im Monat. Die IVW weist im Monat März für unsere digitalen Kanäle 115 Millionen Visits und 1,3 Milliarden Page Impressions aus und unser bestehendes Bewegtbild-Format Kicker.tv hat im vergangenen Monat rund 5 Millionen Downloads erzielt. Tendenz steigend.
Die Marke "Kicker" erreicht aktuell also mehr Menschen als jemals zuvor. Sie sehen, dadurch ist es uns relativ egal, über welchen Kanal wir mit unserer Fußballkompetenz punkten können. Und glücklicherweise stellt sich die Situation bei unserer Printauflage nicht ganz so dramatisch dar.

Naja, irgendwie muss man das Ganze ja auch monetarisieren. Stichwort Bezahlschranke zum Beispiel.

Schumacher: Wir sind sehr erfolgreich, was die Werbevermarktung im Digitalbereich angeht. Deshalb ist eine Bezahlschranke für uns aktuell kein Thema.

Ist es für Eurosport eigentlich gar kein Problem, dass die Sendung künftig nicht nur bei Eurosport, sondern auch auf der Kicker-Homepage laufen wird?

Schumacher: Für alle Beteiligten war von Anfang an klar, dass wir die größtmöglichen Reichweiten erzielen wollen. Dazu muss man alle Möglichkeiten ausschöpfen. Das ist übrigens auch neu. Welcher Talk in Deutschland kann über diese digitalen und gedruckten Reichweiten verfügen?

Struck: Das war für uns auch wichtig. In Produkt-Trailern im Fernsehen, die sechs Sekunden dauern, kann man ein bisschen was, aber nicht viel erzählen. Bei den Videoformaten auf den digitalen Kanälen können wir mehr Inhalt rüberbringen.

Mit Marco Hagemann haben Sie sich einen Moderator ins Boot geholt, der nicht ganz so bekannt ist wie ein Patrick Wasserzieher von Sky und schon gar nicht so bekannt wie Thomas Helmer, der die Sendung "Doppelpass" ziemlich gut macht, wie ich finde. Warum?

Schumacher: Marco Hagemann passt einfach perfekt. Er ist ein ausgesprochener Sport- und Fußballexperte. Er hat seine Kompetenz bereits bei Sky, RTL und natürlich Eurosport unter Beweis gestellt. Seine Art kommt einfach gut an. Besonders beeindruckt hat mich dieses Jahr, wie er etwa den Sieg von Angelique Kerber sehr emotional kommentiert hat.
Hagemann ist authentisch und sehr anerkannt in der Branche, gleichzeitig aber noch nicht so lange dabei, dass man ihn direkt in irgendeine Schublade steckt. So kann er die Sendung stark mitprägen, die ja seine erste eigene Sendung als Moderator ist. Für uns ist Hagemann ein absoluter Glücksfall und für ihn ist das eine große Chance, glaube ich.

Struck: Da stimme ich zu. Hagemann ist einfach ein guter Typ. Und Grundig ist eine Marke der gehobenen Mitte. Dazu passt Herr Hagemann sehr gut. Mit der Entscheidung unserer Partner sind wir sehr glücklich.

Werden wir denn künftig einzelne Bundesligaspiele auf Eurosport sehen, die von der Kicker-Redaktion betreut und von Grundig präsentiert werden?

(Beide lachen)

Schumacher: Nichts ist unmöglich. Da müssen Sie aber eher Eurosport fragen und vor allem die DFL. Wir sind aber natürlich alle sehr neugierig, was die Zukunft bringt. Momentan sind wir beim "Kicker" mit unserem Angebot aber sehr zufrieden.

Was würden Sie beide als Fachmänner denn sagen, wie sich die Branche mit dem Wegfall der Exklusivrechte für einen Sender, bisher Sky, verändern wird, gerade für Werber und Sponsoren?

Struck: Das ist eine ganz schwierige Frage, auf die ich Ihnen keine klare Antwort geben kann. Wir wissen alle, wo ungefähr die Kosten für die Übertragungsrechte liegen. Solche Summen kann nicht jeder stemmen. Je nachdem wie die Formate aufgesplittet werden, ist es für Werbungtreibende eigentlich eine gute Sache. So können auch kleinere Partner am Profifußball partizipieren.
Was das für die Bundesliga bedeutet, ob das für die Liga gut oder schlecht ist, kann ich nicht beurteilen.

Schumacher: Ich würde hier zunächst einfach mal als Fan antworten. Als Fan wünscht man sich natürlich, dass man überall umfassend über die Spiele informiert wird und dies möglichst auf allen Kanälen und so einfach wie möglich. Das zweite Thema ist: Wahrscheinlich werden die Summen, die die Vereine dadurch künftig erhalten werden, ganz neue Perspektiven bieten. Insbesondere wenn es darum geht, gute Spieler in Deutschland zu halten.
Bezüglich der Möglichkeiten für Werbungtreibende teile ich die Meinung von Christian Struck.