
Gruner + Jahr: Droht jetzt ein Stellenabbau in den Redaktionen?
Nach der Schlankheitskur in der Dokumentation und in der Vermarktung drohen jetzt offenbar auch in den Redaktionen des Hamburger Zeitschriftenhauses Gruner + Jahr weitere Einschnitte.
Nach der Schlankheitskur in der Dokumentation und in der Vermarktung drohen jetzt offenbar auch in den Redaktionen des Hamburger Zeitschriftenhauses Gruner + Jahr weitere Einschnitte. Wie W&V aus Verlagskreisen erfuhr, sollen angeblich auch hier Stellen gestrichen werden. Wie hoch der Personalabbau ausfällt, ist hingegen noch unklar. Hintergrund hierfür ist, dass die norddeutsche Bertelsmann-Tochter eine stärkere Verzahnung verschiedener Redaktionen anstrebt, um Kosten einzuparen.
Allerdings deuten sich bereits für das Kunstmagazin "Art" gravierende Veränderungen an. In Branchenkreisen heißt es, dass der Verlag den Sitz der Redaktion von Hamburg nach Berlin verlagern will. Fraglich ist, wie viele Mitarbeiter umziehen würden, falls sich die Spekulationen bewahrheiten sollten. Ein G+J-Sprecher sagte gegenüber W&V: "Berlin hat sich über die letzten zwei Jahrzehnte zur Kunsthauptstadt entwickelt. 'Art' hat sich deshalb stets mit der Frage beschäftigt, ob die Redaktion des grössten europäischen Kunstmagazins nicht ebenfalls dort am Puls sitzen sollte. Diese Überlegungen gibt es auch heute noch, allerdings liegt keine konkrete Entscheidung vor." Die verkaufte Auflage des Magazins bewegte sich im 2. Quartal 2009 bei mehr als 57000 Exemplaren, zwei Jahre zuvor lag sie bei fast 70.000 Stück.
In Belegschaftskreisen wird seit längerem erwartet, dass der G+J-Vorstand bei vielen Titeln der Verlagsgruppe in Deutschland einen Personalabbau vornimmt. Neue Nahrung für diese Gerüchte liefern jüngste Äußerungen des Vorstandschefs Bernd Buchholz von heute Vormittag, als die Mitarbeiter der Vermarktung über die Neuausrichtung informiert wurden. Dort soll der G+J-Boss gesagt haben, dass der geplante Umbau alle Bereiche treffe. Dazu gehörten auch die Redaktionen. Dies berichten Mitarbeiter, die an der Veranstaltung teilgenommen haben.
Möglicherweise wird Gruner + Jahr bereits nächsten Mittwoch die Mitarbeiter über die Veränderungen in den Redaktionen einstimmen. An diesem Tag wollen Buchholz sowie der Finanzvorstand Achim Twardy die Belegschaft über die neueste Geschäftsentwicklung informieren. "Wir rechnen damit, dass der Vorstand hier auch darüber spricht, wo und wie in den Redaktionen der Rotstift angesetzt werden soll", meint ein G+J-Mitarbeiter. Ein Gruner + Jahr-Sprecher hält sich hierzu auf Anfrage bedeckt: "Wir bitten um Verständnis. Es handelt sich um eine interne Mitarbeiterversammlung, zu der wir extern bei Ihnen keine Stellung nehmen."
Unklar ist derzeit beispielsweise noch, welches Schicksal die Redaktion von "Emotion" ereilt. Seit Wochen kursieren Gerüchte, dass der Titel eingestellt wird, was aber verlagsseitig immer wieder bestritten wird. Die Spekulationen halten sich aber hartnäckig, dass der Verlag hier in der nächsten Zeit Fakten schafft.
Für den schwächelnden Titel "Healthy Living" hatte Gruner + Jahr jüngst eine Lösung präsentiert. Die Bertelsmann-Tochter holte den Klambt-Verlag als Minderheitsgesellschafter an Bord. Doch dies hat Folgen für die Belegschaft des Blattes. Nach Betriebsratsangaben verlieren durch die Eingliederung des Titels in die Klambt-Gruppe rund ein Drittel von 19 Mitarbeitern ihren Job. Dies geht aus einem Flugblatt der Arbeitnehmervertreter hervor, das W&V vorliegt.
Auch die Dokumentation von Gruner + Jahr ist von den Sparrunden nicht ausgenommen. Hier sollen nach Betriebsratsangaben ebenfalls ein Drittel von rund 30 Mitarbeitern stufenweise bis 2012 abgebaut werden. Damit will Gruner + Jahr offenbar einen Betrag von 1,2 Millionen Euro einsparen.
Gruner + Jahr hatte bereits in der Vergangenheit in den Wirtschaftsredaktionen tiefe Eingriffe vorgenommen.So hatte der Verlag für die Titel "Financial Times Deutschland", "Capital", "Impulse" und "Börse Online" eine Gemeinschaftsredaktion gebildet. Viele Mitarbeiter verloren damals ihren Job.
Hintergrund der jetzigen Maßnahmen ist, dass das Zeitschriftenhaus massiv auf die Kostenbremse drücken muss. So soll die Bertelsmann-Tochter bis zum Jahresende rund 200 Millionen Euro einsparen. Der Grund: Das Verlagshaus leidet erheblich unter der Anzeigenkrise. Jüngst hatte der Gruner+Jahr-Chef nicht ausgeschlossen, dass der Verlag das Jahr 2009 mit einem Verlust abschließt.