Als flankierende Maßnahme gibt es recht generisch gehaltene Themenplakate, die Claims spielen teilweise mit Doppeldeutigkeiten: "Unser Erfolg ist erneuerbar" (Energie),  Innovation ist unsere Natur" (Digitale Wirtschaft), "Erhalten was uns erhält" (Natur/Generationen) "Lasst uns zusammen wachsen (Flüchtlinge), "Wir bewegen das Land" (Verkehr), "Wissen ist unser Kapital" (Bildung), "Wir bauen auf Familien". Das Wahlkampfbudget liegt bei einer Million Euro.

Um möglichst breite Wählerschichten anzusprechen und den Führungsanspruch zu unterstreichen, kommt die Kampagne außergewöhnlich staatstragend und konservativ daher - verglichen jedenfalls mit den plakativen, mitunter grellen Oppositionswahlkämpfen, die man eigentlich von den Grünen gewohnt ist.

Das Ziel: möglichst viele Kretschmann-Fans auch in den anderen Parteien daran zu erinnern, dass, wenn sie Kretschmann wollen,  ihr Kreuz auch bei den 69 anderen Wahlkreiskanditaten der Grünen machen müssen. Es ist vor allem die Hoffnung, potenzielle Wechselwähler aus den Reihen der CDU in die progressiver positionierte  konservative Partei hinüberzuziehen: Laut Umfragen der Forschungsgruppe Wahlen für das Politbarometer ist Kretschmann mit immerhin 43 Prozent Zustimmung unter CDU-Anhängern beliebter als deren eigener Spitzenkandidat Guido Wolf (41 Prozent).

Alle Plakate sind deswegen verknüpft mit dem Aufruf: Grün wählen - für Kretschmann.  Besonderer Gag mit gewollter Signalwirkung: Der Appell ist hinterlegt mit dem eierschalfarbenen Weiß der Landesmarketing-Kampagne (Wir können alles. Außer Hochdeutsch) und verziert mit einem baden-württembergischen Löwen.  

Die Kampagne wird flankiert von einem - noch in der Produktion befindlichen -TV-Spot, einem Kinospot (beide mit Kretschmann in der Hauptrolle/ Regie: Simon Ostermann), einer Bannerkampagne und Live-Interviews mit Kretschmann auf Facebook. Als Social Media-Aktion gibt es eine Art Kretschmann-Fanshop auf  www.winfried-kretschmann.de. Dort können sich Unterstützer Geschichten, Argumente und  und Zitate pro Kretschmann zusammenklicken und mit Freunden teilen. Wigwam produziert auch eine Zeitung, die im Nahverkehr und an den Wahlkampfständen verteilt wird.

Der grüne Wahlkampf im Ländle ist in einer weiteren Hinsicht eine Premiere: Die junge Berliner Agentur Wigwam, die bislang vor allem Kampagnen für Öko- und Sozialunternehmen realisierte, bestreitet damit ihre erste Wahlkampagne. Für einen ihrer Geschäftsführer zumindest ist der Grünen-Wahlkampf dennoch kein Neuland:  Matthias Riegel hat bei der ehemaligen Haus- und Hofagentur der Grünen Zum Goldenen Hirschen bereits mehrere wichtige Wahlkämpfe entwickelt und ist auch jetzt für die Strategie der Kampagne verantwortlich.

Ginge es nach dem Politbarometer des ZDF vom vergangenen Donnerstag, käme die rot-grüne Regierung derzeit nicht auf eine Mehrheit: Die SPD sackt auf magere 15 Prozent ab, die Grünen kämen auf 28 Prozent. Geschwächte, aber immer noch stärkste Kraft wäre die CDU (34 Prozent). Die AfD käme auf elf Prozent, die FDP läge bei sechs Prozent, die Linken bei drei Prozent.


Autor: Judith Pfannenmüller

ist Korrespondentin für W&V in Berlin. Sie schaut gern hinter die Kulissen und stellt Zusammenhänge her. Sie liebt den ständigen Wandel, den rauhen Sound und die thematische Vielfalt in der Hauptstadt.