
Gut für die Moral: Banken mit dem grünen Daumen
Sie wollen nicht dem Mammon dienen, sondern mit ihrem Geld die Welt verbessern: Umwelt- und Ethikbanken in Deutschland sind beim Verbraucher beliebt.
Der Aufwärtstrend hält an: Obwohl die Bankenkrise überwunden scheint und bei den meisten in Vergessenheit geraten ist, melden die Umwelt- und Ethikbanken weiter regen Zulauf, sie wachsen und wachsen. Nicht der Reibach zählt für die, die dort ihr Geld anlegen, sondern vor allem, was mit ihren Einlagen geschieht. Die alternativen Banken GLS, Ethikbank, die Umweltbank und Triodos finanzieren mit dem Geld ihrer Kunden umweltfreundliche und soziale Projekte. Unternehmen, die gegen Menschenrechte verstoßen oder der Umwelt schaden, werden nicht gefördert. Die Konditionen für die Kunden sind vergleichbar mit denen der übrigen Geldinstitute, aber die Tagesgeldzinsen sind manchmal ein bisschen niedriger und die Kreditzinsen ein bisschen höher als etwa bei Direktbanken.
Das schreckt offenbar nicht ab: Zwar ist der grüne Markt noch verhältnismäßig klein, entsprechend groß das Wachstumspotenzial, doch die Zahlen der Alternativbanken können sich sehen lassen: Sie wachsen 2010 deutlich, melden alle mehr Kunden, mehr verwaltetes Geld, mehr Konten. Geht es den Deutschen so gut, dass sie es sich nun leisten, mit gutem Gewissen anzulegen? Sind sie nicht mehr hinter dem Geld her, sondern hinterher, dass mit ihrem Geld Sinnvolles geschieht? Ja, sagt Christof Lützel. Der Leiter Öffentlichkeitsarbeit der GLS beobachtet: "Die Menschen merken endlich, dass die Ökos und Bios aus den Achtzigern doch Recht hatten." In vielen Lebensbereichen werde heute überprüft, was sich besser machen lässt: Biolebensmittel, spritsparende Autos, alternative Medizin - und eben, was mit dem Geld geschieht, das auf der Bank für einen arbeitet. Sylke Schröder, Vorstandmitglied der Ethikbank, stimmt zu: "Die Menschen hinterfragen die Art und Weise der Herstellung sehr viel genauer und wissen, dass ein Raubbau der Ressourcen etwas mit Geld zu tun hat. Außerdem sind die Verbraucher heute sehr viel selbstbewusster als früher."
Die Ethikbank hat ihre Kunden befragt, weshalb sie kommen: Wegen der Anlagekriterien und mit dem Wunsch, Investitionen zu fördern, die dem eigenen Lebensstil entsprechen. "Für 27 Prozent ist dies der ausschlaggebende Grund, ein Konto bei der Ethikbank zu eröffnen." Interessant: "Das bewusste Abwenden von normalen Banken spielt für acht Prozent der Kunden eine entscheidende Rolle", teilt die Bank mit. Die Finanzkrise, da sind sich Schröder und Lützel einig, sei aber kein Thema mehr.
Und es wäre noch mehr drin: "Die Zahl der Verbraucher in Deutschland, die sich für nachhaltige Bankprodukte interessieren, wird von der Managementberatung ZEB auf über sechs Millionen geschätzt", sagt Horst Popp, Vorstandsvorsitzender und Gründer der Umweltbank. Doch viele Kunden wissen gar nicht, dass ihr Geld ökologisch und moralisch arbeiten könnte. Für Werbung haben die alternativen Banken aber wenig Budget - was natürlich zum Image (der ethischen Banken wie der Werbung) passt. Die Ethikbank schaltet ihre Kampagne "Faires Geld" auf Anzeigen und verteilt Postkarten-Sets (Agentur: Sehstern, Berlin). Die GLS ist in speziellen Magazin-Titeln, an Bahnhöfen und in Zugfahrplänen vertreten. Die Motive der aktuellen Tierkampagne stammen von Panama, Stuttgart. Triodos hat jüngst einen Image-Film lanciert und schaltet Anzeigen (Agentur:Kontext, Kommunikation, Heidelberg). Die Umweltbank, Nürnberg, spielt alle Medien und setzt Schwerpunkte auf Anzeigen und Beilagen in Special-Interest-Titeln zum Thema Umwelt. Die Motive entstehen inhouse bei der Umweltkontakt GmbH.
Die größere Rolle spielt jedoch die Pressearbeit: Hier gebe es jeden Tag die Chance, ein paar Hunderttausend Menschen zu erreichen, so die Schätzung von Christof Lützel. Außerdem bringe Mundpropaganda viel. Denn eine große Hürde müssen die grünen wie alle anderen Banken überwinden im Neukundengeschäft: Die meisten Menschen wechseln ihre Bank nicht gern, es geht um Vertrauen, gute Erfahrungen und sensible Daten. In dem Geschäft ist eine Empfehlung aus dem Freundeskreis manchmal mehr wert als ein dickes Mediavolumen.
Hintergrund: Grüne Fonds
Das Volumen für nachhaltige Geldanlagen ist noch erheblich größer als der Anteil der alternativen Banken; auch traditionelle Banken wittern Rendite im Grünen und bieten entsprechende Fonds an. Darüber, ob das die Geldgeschäfte mit weniger ethischen Projekte ausgleichen kann oder hier lediglich Schönfärberei betrieben wird, ließe sich trefflich streiten. Triodos-Sprecherin Stefanie Erhardt: Wir begrüßen es grundsätzlich, wenn sich auch traditionelle Banken Richtung Nachhaltigkeit bewegen." Dennoch müsse der Verbraucher genau hinschauen, weil es alles gebe, vom nachhaltigen Angebot bis hin zum "Greenwashing".
Das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) untersucht jährlich den Anlagemarkt in Deutschland, Österreich und der Schweiz. 2009 erreicht er einen Höchststand (Zahlen für 2010 liegen noch nicht vor). Nachhaltige Anlagen hatten, abgesehen vom Krisenjahr 2008, stetig zugelegt, am deutlichsten 2007 (von sechs Milliarden Euro 2006 auf 11,1 Mrd. 2007). 2009, so die Studie, "betrug das Volumen der nachhaltigen Anlagen in Deutschland insgesamt knapp 13 Milliarden Euro". Das Wachstum fällt wegen des Vergleichs mit dem Dellenjahr 2008 mit 68 Prozent sehr deutlich aus, aber "in Relation zum Mainstream-Markt weitaus dynamischer": Der wuchs von 2008 auf das wieder stabile 2009 um lediglich 13 Prozent.