
Neue W&V-Serie:
Influencer-Marketing: Diese Punkte sollten Sie vertraglich regeln
Wer Bußgelder wegen unzureichender Kennzeichnung vermeiden und gewisse Qualitätsstandards durchsetzen will, sollte das Wichtigste schriftlich festhalten. Tipps von Rechtsanwalt Carsten Ulbricht.

Foto: W&V/Sylvia Neuner
Vreni Frost, bekannte Instagrammerin und Vorkämpferin fürs Influencer-Marketing, will nur eines: Gleichbehandlung. Etwa mit Verlagen und anderen Medien, die über Produkte und Marken redaktionell berichten, ohne dass jede Äußerung sofort als werblich deklariert wird.
Beim Influencer-Marketing fahren die Gerichte allerdings derzeit eine harte Linie und verschicken fleißig Abmahnungen, häufig losgetreten vom Verband Sozialer Wettbewerb. Bislang steht ein Grundsatzurteil in Sachen Influencer-Marketing noch aus. Entsprechend groß ist die Verunsicherung in der Branche – und zwar auf allen Seiten. Klar ist: Bei fehlender oder fehlerhafter Kennzeichnung werden nicht nur die Influencer selbst zur Verantwortung gezogen, sondern auch das dahinterstehende Unternehmen, wie es etwa Rossmann passiert ist. Sie sollten sich davon jedoch nicht abschrecken lassen, denn Influencer-Marketing kommt an: Blogger können die Werbebotschaften ganz gut einordnen und wissen sie zu schätzen, wie aktuelle Zahlen zeigen.
Wie können Unternehmen das Thema Kennzeichnungspflicht korrekt angehen? Dazu sprach W&V mit Carsten Ulbricht, der sich als Fachanwalt auf Internet- und Medienrecht spezialisiert hat, und darüber auch unter Rechtzweinull.de bloggt. Das Interview ist der Auftakt zur dreiteiligen W&V-Serie "Influencer-Marketing: So sind Sie auf der sicheren Seite!". Noch mehr Anregungen gefällig? Mit Experten und Insidern können Sie sich in unserer Facebook-Gruppe "Rettet das Influencer Marketing" austauschen.
Werden an Instagrammer strengere Maßstäbe angelegt etwa im Vergleich zum Product-Placement?
Das sogenannte Product-Placement hat sich im Fernsehen lange etabliert und folgt dort klaren Grundsätzen. Es ist noch nicht gerichtlich geklärt, ob diese Grundsätze bei Internetvideos entsprechend anzuwenden sind. Insofern besteht derzeit noch eine gewisse Unsicherheit. Ich denke aber, dass sich die Grundsätze im Hinblick auf die zunehmende Medienkonvergenz zukünftig immer mehr angleichen werden. Eine Ungleichbehandlung halte ich jedenfalls für falsch.
In Ihrem Blog Rechtzweinull.de schreiben Sie, der "durchschnittlich informierte Nutzer" des jeweiligen Mediums sollte das Video oder Posting des Influencers als Werbung erkennen können. Was heißt das?
In Abgrenzung zu einem deutlich unterinformierten Verbraucher beziehungsweise einem Experten, der sich in sozialen Medien perfekt auskennt, wird von Gerichten anhand des Maßstabs eines Durchschnittsnutzers geprüft, ob dieser den kommerziellen Hintergrund durch die jeweilige Kennzeichnung erkannt hätte. Anhand dieser Maßstäbe hatte das Münchner Landgericht zum Beispiel den Hinweis "sponsored" als Kennzeichnung nicht ausreichen lassen, weil der durchschnittlich informierte Nutzer den werblichen Hintergrund eben nicht eindeutig erkenne.
Sie empfehlen, die Zusammenarbeit zwischen Influencer, Werbungtreibendem und Agentur vertraglich zu regeln. Welche zentralen Punkte gehören in einen solchen Vertrag?
Zunächst sollten die Parteien die gegenseitigen Leistungspflichten, das heißt Zahl und Art der Postings des Influencers und Gegenleistung des Unternehmens, festlegen. Weitere wichtige Aspekte ergeben sich aus dem Urheberrecht, sprich: Wer hat welche Nutzungsrechte an den Postings des Influencers? In letzter Zeit haben wir auch häufig Klauseln in Influencer-Marketing-Verträge integriert, mit denen sich die Unternehmen das Recht ausbedingen, die Zusammenarbeit selbst mit eigenen (Live-)Aufnahmen zu begleiten.
Wird in einem Vertrag auch die Kennzeichnungspflicht festgelegt?
In den Verträgen finden sich häufig Regelungen, dass beziehungsweise wie der Influencer die Postings zu kennzeichnen hat. Das ist auch für das Unternehmen wichtig, das bei mangelnder rechtlicher Kennzeichnung nämlich sonst selbst rechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Neben der (internen) Haftung wird häufig auch Geheimhaltung bezüglich des Inhalts des Vertrages vereinbart. Derzeit empfehlen wir unseren Mandanten auch eine Garantieklausel, mit der der Influencer versichert, die eigenen Follower und Fanzahlen nicht manipuliert zu haben. Diese Regelung halte ich für legitim, da das Unternehmen schlussendlich ja gerade auch die Reichweite des Influencers bezahlt.
Mit welchen Strafen ist zu rechnen, wenn nicht oder falsch gekennzeichnet wird?
Das kommt sehr auf den Einzelfall an. Bei Abmahnungen von Wettbewerbern oder Verbraucherschutzverbänden liegen die "Kosten" einer Abmahnung in der Regel nicht unter 1000 Euro. Wer hier aber falsch agiert, riskiert ein gerichtliches Verfahren, bei dem dann ganz erhebliche weitere Gerichts- und Anwaltskosten hinzukommen. Bei den Fällen, die wir betreut haben, wurden Unternehmen und Influencer bei den Abmahnungen durchaus gleich behandelt.
Theoretisch können die Landesmedienanstalten Bußgelder verhängen, aber sie halten sich mit direkten Bußgeldern im Moment noch zurück. In der Regel weisen sie zunächst auf Verstöße hin. Bußgelder gibt es hier nur dann, wenn man dem Hinweis nicht Folge leistet oder langfristige, vorsätzliche Verstöße begangen worden sind.
So kann es im ungünstigen Fall kommen wie bei dem Youtuber "Flying Uwe", der den Hinweis der Landesmedienanstalten eben nicht ernst genommen, sondern sich auf seinem eigenen Youtube-Kanal sogar darüber lustig gemacht hat. In dem Fall gab es dann für drei Werbevideos ohne Kennzeichnung ein Bußgeld von zehn 500 Euro. Man sieht daran: Das Thema wird ernster. Die Branche professionalisiert sich zunehmend. Bei Beachtung der Kennzeichnungspflichten und ordentlicher vertraglicher Absicherung lässt sich Influencer-Marketing aber auch in Zukunft noch abgesichert und rechtskonform betreiben.
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