
IS-Cyberangriff auf TV5 Monde:
Könnten Hacker auch RTL oder das ZDF ausknipsen?
Die EU-Kommission ist sicher: Hacker-Angriffe wie aktuell durch Dschihadisten auf den französischen Kanal TV5 Monde sind bei anderen Sendern nicht auszuschließen.

Foto: Screenshot tv5monde.com
Nach dem Hackerangriff auf die französische Sendergruppe TV5 Monde will die EU-Kommission für mehr Cyber-Sicherheit sorgen. Das kündigt Vize-Kommissionschef Frans Timmermans an. Wie Nachrichtenmedien berichten, verlaute nun aus EU-Kreisen, dass die Kommission Ende des Monats eine entsprechende Sicherheitsagenda verabschieden will.
Hacker hatten im Namen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die IT-Systeme von TV5 Monde gekapert, die Ausstrahlung der Fernsehprogramme stundenlang blockiert und Propaganda des IS auf den Social-Media-Konten des Senders gestellt. Die Internetseite von TV5 Monde ist nach dem Cyber-Angriff noch lange gestört gewesen. In der Nacht auf Freitag war die Seite erneut nicht erreichbar. Das Fernsehprogramm wird indes wieder ausgestrahlt. Nach Erkenntnis des französischen Innenministers Bernard Cazeneuve sei nicht auszuschließen, dass ähnliche Angriffe wieder passieren könnten oder bereits geplant seien.
Könnten nun Hacker hierzulande RTL oder das ZDF ausknipsen? Nicht erst seitdem Dschihadisten den französischen Kanal gekapert haben, kennen Sender die Gefahr durch Hacker. Der Sicherheitsaufwand ist groß - ein Restrisiko kann keiner ausschließen, wie die Nachrichtenagentur "dpa" in einer Umfrage ermittelt hat. Fest steht: Deutsche Fernsehsender betreiben einen hohen Aufwand, um sich gegen Hackerangriffe wie in Frankreich zu schützen. Ein Sprecher der Redaktion ARD aktuell, die unter anderem die "Tagesschau" produziert, sagt der "dpa", die Schutzmaßnahmen hätten dort einen hohen Standard. "Auf die Sicherung der Sendesysteme wird dabei besonderes Gewicht gelegt. Die Maßnahmen schließen auch die Schärfung des Bewusstseins für die Gefahr digitaler Angriffe ein."
Auch der private Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 mit Stationen wie Sat.1, Kabel eins und ProSieben verweist auf ein umfassendes Sicherheitskonzept und ein eigenes Notfallmanagement. "Unsere IT-Systeme sind mehrfach abgesichert und redundant ausgelegt. Dadurch bieten wir eine höchstmögliche Sicherheit, sowohl für unsere Sender als auch die digitalen Angebote. Für unsere zusätzliche, mehrstufige Security-Software setzen wir nur die neueste Technik ein und überprüfen die Systeme regelmäßig auf Durchlässigkeit", berichtet eine Sprecherin der Sendergruppe in Unterföhring.
Die Deutsche Welle prüft ebenfalls regelmäßig die Sicherheit. Und die Mediengruppe RTL Deutschland mit ihren Sendern RTL, Vox oder auch n-tv versichert: "Wir sind im Bereich Broadcasting und IT gut gesichert. Damit das so bleibt, erläutern wir unsere diversen Schutzmaßnahmen für unsere Sender und Plattformen nicht öffentlich." WDR und ZDF wollen unter Hinweis auf die Sicherheit keine näheren Angaben. Es wird aber auch hier deutlich: Sie beobachten laufend die Bedrohungslage.
Dass Hacker hierzulande durchaus eine Chance haben, TV oder dessen digitale Ableger lahmzulegen, wurde bereits bewiesen. Das Opfer war RTL. Der Sender hatte im Sommer 2011 die Gamer-Szene mit einem unglücklichen Beitrag von der Kölner Messe Gamescom gegen sich aufgebracht. Darin wurden die Spielbegeisterten als verschrobene Einsiedler dargestellt. Der riesige Unmut der Gamer-Szene äußerte sich öffentlich: Tausende Programmbeschwerden gingen bei den Medienwächtern ein, im Netz tobte ein riesiger Shitstorm und ein angedrohter Hackerangriff wurde auf Teilen der RTL-Seite umgesetzt. Sie waren vorübergehend nicht zu erreichen. Gegen die Gamer hatte RTL eine Chance: Der Sender zeigte Reue und entschuldigte sich zeitnah. TV5 Monde hat es da mit der IS schon schwerer.
Allerdings zeigt aktuell ein kurioser Vorfall, wie leicht der französische Sender es den Hackern macht. Wie die "Süddeutsche Zeitung" am Freitagmorgen online berichtet, enthüllte TV5-Monde-Reporter David Delos während eines Interviews in einer Nachrichtensendung unabsichtlich Zugangsdaten – "weil die Passwörter für das Youtube-, Instagram- und das Twitter-Konto des Senders auf großen Notizzetteln hinter Delos an der Wand hingen", wie es heißt. Im Video ist der Patzer etwa ab Minute 3:44 zu sehen.
ps/dpa