
Verlagschefin abgesetzt:
Kadi macht Hans Barlach den Weg bei Suhrkamp frei
Überraschende Wende im Suhrkamp-Zoff: Minderheitseigner Hans Barlach räumt Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz per Gericht aus der Geschäftsführung.
Im Streit um den Suhrkamp-Verlag hat Minderheitsgesellschafter Hans Barlach vor Gericht einen sensationellen Sieg errungen: Auf seinen Antrag hin ist Verlagschefin Ulla Unseld-Berkéwicz einem Gerichtsbeschluss zufolge als Geschäftsführerin des Verlags abberufen worden.
Das Landgericht Berlin hat am Montag einen entsprechenden Beschluss der Gesellschafterversammlung vom November 2011 rückwirkend in Kraf gesetzt – und damit dem Minderheitseigner Hans Barlach recht gegeben. Barlach hält 39 Prozent am Suhrkamp Verlag, Unseld-Berkéwicz die restlichen 61 Prozent. Auf seinen Antrag hin verpflichtet das Landgericht Ulla Unseld-Berkéwicz und ihre zwei Mitgeschäftsführer zudem, knapp 282.500 Euro Schadensersatz an den Verlag zu zahlen. Außerdem erklärte das Gericht die Entlastung der Geschäftsführung durch die Gesellschafterversammlung im Jahr 2011 für nichtig.
Die Suhrkamp-Gesellschafter sind seit Jahren zerstritten. Barlach, Enkel des Bildhauers Ernst Barlach, hält seit 2006 über seine Medienholding Winterthur 39 Prozent am Literaturverlag. Ulla Unseld-Berkéwicz, Witwe des Verlagsgründers Siegfried Unseld, ist Geschäftsführerin und steht der Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung vor, Mehrheitsgesellschafterin des Verlags.
Im Herbst 2011 zog Barlach gegen die Verlegerwitwe vor Gericht. Sein Vorwurf: Missmanagement und die Vermischung von geschäftlichen und privaten Interessen. Der Verlag habe "langjährige Flächen in der Villa seiner Geschäftsführerin für Events und Autorenübernachtungen" angemietet. Das stelle "eine unzulässige Mischung von Geschäftlichem und Privatem dar“.
Suhrkamp-Anwalt Peter Raue sagt der Nachrichtenagentur "dpa“, solange die Entscheidung nicht rechtskräftig sei, ändere sich nichts an der derzeitigen Geschäftsführung. Er gehe davon aus, dass die Verlagsspitze gegen die Entscheidung in Berufung gehen werde. Zunächst wolle man jedoch die Urteilsbegründung abwarten. Vor dem Landgericht Frankfurt versucht der Barlach derzeit, die Auflösung der Verlagsgesellschaft zu erstreiten; er will alle Anteile übernehmen. Eine Entscheidung will das Gericht am 13. Februar 2013 verkünden.
Klar ist: Die Entscheidung des Kadi wertet Hans Barlach massiv auf. Er hatte sich nach Engagements im Printbereich - "Hamburger Rundschau", "Morgenpost" oder auch bei der Fernsehzeitschrift "TV Today" – bei Suhrkamp eingekauft. Auch wenn Ulla Unseld-Berkéwicz in Berufung geht gegen das Urteil aus Berlin: Noch schwebt das Frankfurter Verfahren über der Verlegerin. Siegt Barlach dort, könnte dies das Ende eines der letzten traditionellen Buchhäuser in Deutschland bedeuten.
ps/dpa