Kallens riesiges Vorstandsressort macht deutlich: In rund zehn Jahren hatte der promovierte Wirtschaftswissenschaftler, der nach außen hin eher zurückhaltend auftritt, im Burda-Reich stetig an Einfluss gewonnen. Der versierte Finanz-Experte hat es mit einer geschickten Anlagestrategie verstanden, das geschäftliche aber auch persönliche Vermögen seines Verlegers stetig zu mehren. Deshalb sahen Verlagskenner in ihm bereits seit längerem den kommenden Mann. Wer das Geld kontrolliert“, so ein Burda-Insider, der hat die Macht“.

Neben den Finanzen gelang es dem Manager zudem, ein zweites Schlüsselthema erfolgreich zu besetzen: die digitalen Medien. Unter seiner Regie kaufte sich Burda in den letzten Jahren ein umfangreiches Portfolio von Online-Beteiligungen zusammen, an denen sich das Verlagshaus als Risikokapitalgeber beteiligt hat. Hierzu zählen unter anderem Portale wie Holidaycheck oder ElitePartner.de. Zuletzt stieg das Unternehmen mit 25,1 Prozent beim Online-Netzwerk Xing ein.

Kallens Digital-Reich steuerte 2008 bereits 340 Millionen Euro zum Umsatz bei und ist der am stärksten wachsende Bereich des Medien-Imperiums. Die Digital-Geschäfte bilden inzwischen ein echtes zweites Standbein in der Burda-Bilanz neben dem Stammgeschäft Print. Dass Verleger Burda dort die Zukunft sieht, betont der agile Firmenpatriarch bereits sei vielen Jahren. Nun bestimmt er seinen Mann fürs Digitale zum Nachfolger – ein letztlich logischer Schritt.

Nicht ganz unerwartet kommt für Verlagskenner auch der Zeitpunkt der Stabsübergabe. In den letzten Monaten machten im Umfeld des Unternehmens zunehmend Spekulationen die Runde, der Verlagschef wolle sich Anfang 2010 aus dem operativen Geschäft zurückziehen. Sogar Gerüchte, nach denen Burda seine Ehefrau, die Schauspielerin Maria Furtwängler, zur Vorstandschefin befördern könnte, wurden kolportiert. Wie immer hat der Verlagschef nur wenige Vertraute eingeweiht und die Mehrheit innerhalb wie außerhalb des Unternehmens überrascht.


Autor: Thomas Nötting

ist Leitender Redakteur bei W&V. Er schreibt vor allem über die Themen Medienwirtschaft, Media und Digitalisierung.