
Karl Lagerfeld und der Kuchen
Das Gruner + Jahr-Magazin "Essen & Trinken" feiert sein 40-jähriges Bestehen. Eine kurze Revue über Rezepte, Konzepte und kulinarische Köstlichkeiten.
Anekdoten über die zum Gruner + Jahr-Verlag gehörende Zeitschrift "Essen & Trinken" kann Chefredakteur Stephan Schäfer zuhauf erzählen. Beispielsweise, dass der Modeschöpfer Karl Lagerfeld in den siebziger Jahren für den Titel in seiner weiß und schwarzbraun gehaltenen Künstlerküche extra einen Apfelstrudel kreierte. Oder, dass ein Bankdirektor 1986 den Lesern von "Essen & Trinken" einen Kredit zum Kauf von Safran anbot, weil das Monatsmagazin versehentlich als Rezeptur eine halbe Tasse des teuersten Lebensmittels der Welt vorgeschrieben hatte - statt einer Messerspitze.
"Essen & Trinken" feiert in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen. Geplant sind diverse Sonderaktionen sowie ein Jubiläumsheft im Oktober. Denn am 4. Oktober 1972 ging der Titel mit einer Auflage von 400.000 Exemplaren an die Kioske, damals zu einem Preis von drei Mark und gegründet von der Verlegertochter Angelika Jahr. Jetzt bewegt sich der Gesamtverkauf bei rund 191.000 Exemplaren. Verantwortlich hierfür ist die wachsende Zahl von Konkurrenzprodukten wie „Der Feinschmecker“, „Lecker“ oder „Lust auf Genuss“, die das Segement in den vergangenen Jahrzehnten hervorgebracht hat. Auch der Copypreis liegt heute mit vier Euro deutlich höher.
Dennoch hat das Segment weiterhin Bedeutung behalten. „Das Thema Essen und Trinken ist immer wichtig“, meint Schäfer. Im Dezember 2010 hatte der 37-Jährige Chefredakteurin Katja Burghardt abgelöst, weil unter ihrer Ägide das Blatt an Kraft und Glanz verloren hatte. Schäfer gilt im Verlag als neuer Wundermann, da er der G+J-Zeitschrift "Schöner Wohnen" durch einen umfassenden Relaunch neuen Schwung gegeben hat. Seither gilt er als besonderer Liebling von Julia Jäkel, Verlagsgeschäftsführerin der G+J Exklusive & Living-Gruppe, die die Titel unter ihre Fittiche hat. Sie beauftragte Schäfer damit, dem leicht angestaubten Magazin neues Leben einzuhauchen.
Offenbar mit Erfolg. Die verkaufte Auflage ist im vergangenen Jahr deutlich (um 17 Prozent) gestiegen, vor allem die Weihnachtsausgabe hat den Jahresschnitt kräftig nach oben gezogen. Schäfers Konzept ist einfach: Er hat die Optik verbessert und das matte Papier fürs Cover durch ein Hochglänzendes ersetzt, um dem Blatt mehr Wertigkeit zu verleihen. Und auch redaktionell hat Schäfer einiges geändert. Er legt mehr Wert darauf, dass die Redaktion intensiv an den Rezepten feilt. Zudem bringt er den Lesern die Redaktion näher, um die Leser-Blatt-Bindung zu erhöhen. Zum Jubiläum sollen sich etwa die Köche selbst verlosen. Sie werden dann für Leser, die an einem Gewinnspiel teilnehmen, in der hauseigenen Essen-und-Trinken-Küche, im Wein- oder Sterne-Lokal Kulinarisches präsentieren.
Dass das G+J-Magazin an Auflage gewonnen hat, könnte auch an einem anderen Umstand liegen: Seit wenigen Monaten hat Schäfer seine Trinkgewohnheiten radikal geändert - wohl, um mehr Gefühl für Genuss zu entwickeln. So greift er wochentags statt zu Tee immer häufiger zu einem guten Glas Wein. „Seit vier Monaten trinke ich jeden Abend“, verrät Schäfer. Vielleicht ist auch dies eine Prise im neuen Erfolgsrezept von "Essen & Trinken" - vielleicht aber auch nur eine weitere Anekdote.