
Kirch-Prozess: Middelhoff sagt aus
Der langwierige Rechtsstreit zwischen Leo Kirch und der Deutschen Bank geht weiter. An diesem Dienstag hat ein prominenter Zeuge ausgesagt: Thomas Middelhoff, ehemaliger Chef von Bertelsmann und ehemaliger Chef von Arcandor.
Der langwierige Rechtsstreit zwischen Leo Kirch und der Deutschen Bank geht weiter. An diesem Dienstag hat ein prominenter Zeuge ausgesagt: Thomas Middelhoff, ehemaliger Chef von Bertelsmann und ehemaliger Chef von Arcandor. Middelhoff unterstützte vor dem Oberlandesgericht München weitgehend die Position der Bank, dass es vor der spektakulären Milliardenpleite von Kirchs Medienimperium 2002 keinerlei Absprachen zwischen der Bank, dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Bertelsmann über eine mögliche Aufteilung des Konzerns gegeben hat. Man habe bei einem Abendessen am 27. Januar 2002 bei Schröder nicht darüber gesprochen. Dennoch seien die finanziellen Schwierigkeiten des Konzerns wohl Thema gewesen.
Die Teilnehmer des Abendessens: Neben Middelhoff und Schröder auch der damalige Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer und der mittlerweile gestorbene frühere Chef der WAZ-Gruppe, Erich Schumann. Die Initiative zu dem Austausch sei von ihm ausgegangenen, sagte Middelhoff am Dienstag vor Gericht. Der damalige Bertelsmann-Chef äußerte seine Sorge, dass John Malone und Rupert Murdoch Teile des Kirch-Konzerns übernehmen könnten. "Ich sah in dem Ganzen eine industriepolitische Dimension", sagte Middelhoff vor Gericht.
Die finanziellen Turbulenzen Kirchs seien überall bekannt gewesen. Der Fortbestand schien gefährdet. Allerdings sei das Gespräch ohne Ergebnis geblieben. Es sei keinesfalls darüber geredet worden, wie und ob Kirchs Unternehmen aufgeteilt werden könne. Zwar habe Schumann erläutert, dass er im Fall der Fälle Interesse an der Springer-Beteiligung Kirchs habe. Breuer etwa habe mit Hinweis auf laufende Kredite gar nichts sagen wollen.
Ex-Kanzler-Schröder soll möglicherweise noch als Zeuge in dem Verfahren gehört werden.
Kirch wirft der Bank und ihrem damaligen Chef Rolf Breuer vor, den Zusammenbruch seines Medienimperiums durch ein Interview verschuldet zu haben. Er kämpft seit Jahren um milliardenschweren Schadenersatz, weil er sagt, die Bank habe an einem Zusammenbruch verdienen wollen. Die Bank weist diesen Vorwurf zurück. Im Februar 2002 gab Breuer ein Interview, in dem er die Kreditwürdigkeit Kirchs anzweifelte, später brach der Konzern zusammen. Danach traf Breuer mit Kirch zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammen.
Kirch sei empört über das Interview gewesen, gab Breuer zu Protokoll. "Wenn man es volkstümlich sagen will: Er wusch mir den Kopf." Er habe dann versucht, Kirch zu beruhigen. Dabei habe er auch angeboten, die Deutsche Bank könne ein Schutzschild für Kirch sein. Kirch habe das abgelehnt. Breuer betonte vor Gericht, dass es dabei nicht um ein konkretes Angebot für eine Geschäftsbeziehung ging, sondern um den Versuch, "Gutwetter zu machen." Das Gericht sieht darin allerdings einen Widerspruch zu früheren Aussagen Breuers, nach denen er Kirch ein Angebot unterbreitet habe. Zwischen beiden Aussagen gebe es "gewisse Unvereinbarkeiten", die auch Zweifel an der gesamten Darstellung der Bank begründen könnten.
In dem aktuellen Verfahren geht es um Forderungen Kirchs für Schäden bei der KGL Pool, in der 17 Firmen Kirchs gebündelt waren. Der Bundesgerichtshof hatte 2006 festgestellt, dass Kirch grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz zustehen könnte. In einem anderen Verfahren zur Durchsetzung der Ansprüche für die Printbeteiligungs GmbH war Kirch jüngst gescheitert - und geht auch dagegen vor. Der Ausgang des aktuellen Verfahrens ist offen, aber ohne einen Vergleich dürfte der Rechtsstreit auch nach einem Urteil noch Jahre dauern. Der Prozess geht an diesem Mittwoch weiter. (dpa/aj)