
Milliarden-Loch:
Klamme BBC soll sich neu erfinden
Aktion Rotstift bei der BBC: Weil eine Milliarde Euro im Gebührentopf fehlen, will die britische Regierung umfassend am Sender schrauben. Und Rentner sollen spenden ...
Die britische Regierung stellt die Sparten des Rundfunk-Flaggschiffs BBC auf den Prüfstand. Es solle untersucht werden, ob die BBC weiterhin "alles für alle Menschen" tun solle oder "zielgerichteter" arbeiten solle, hat Medienminister John Whittingdale am Donnerstag im Parlament in London betont. Ende 2016 läuft die so genannte Royal Charter aus, die die Aufgaben der gebührenfinanzierten Sendeanstalt regelt. Vor einer Neuauflage soll der öffentliche Auftrag nun grundlegend überarbeitet werden.
Laut dem vorgelegten Reformpapier wird es auch um die Finanzierung des weltweit operierenden Senders gehen, der mit einem Milliarden-Loch in seinen Kassen zu kämpfen hat. In Frage kommen eine Reform der Gebührenregelung, eine Haushaltsabgabe ähnlich dem deutschen Modell oder eine Mischfinanzierung. Auf lange Sicht solle auch eine Art Abo-Modell ins Auge gefasst werden, sagt Whittingdale. Die BBC selbst erklärt, die Vorschläge würden zu einer "sehr geschrumpften, weniger beliebten" BBC führen. Und: "Das wäre schlecht für Großbritannien und wäre nicht die BBC, die die Öffentlichkeit seit über 90 Jahren kennt und liebt."
Im Kern sehen Whittingdales Vorschläge vor, dass die neun Fernsehkanäle, die zahlreichen nationalen Radioprogramme und das umfassende Onlineangebot der BBC in Senderanzahl und Programmumfang reduziert werden soll. Das Papier empfiehlt aber auch, die Privatisierung von BBC Worldwide zu prüfen. Der internationale, kommerziell finanzierte Unternehmensteil der BBC verfügt über ein riesiges Doku-Archiv.
Der Sender hat selbst Ideen, wie das Finanzloch zu stopfen wäre: unter anderem mit "Spenden" der Rentner. Der britische "Guardian" zitierte diese Woche bereits den Strategiechef der BBC, James Heath, mit den Worten: "Wir werden den anspruchsberechtigten Haushalten die Gelegenheit bieten, freiwillig TV-Gebühren zu zahlen und so einen Beitrag zu den Kosten der BBC-Dienste zu leisten". Eigentlich sind die Senioren seit 2001 von Gebühren befreit. Nun will BBC diese bitten, freiwillige Beiträge zu leisten. Reichen dürften derlei Mehreinnahmen aber nicht weit.
Hintergrund: Anfang des Monats hatte der Senderverbund bekanntgegeben, dass er 1000 seiner 20.000 Stellen streichen müsse. Da immer weniger Haushalte Fernsehgeräte hätten, gingen die daran gekoppelten Einnahmen stark zurück. Es klafft ein Loch in Höhe von umgerechnet über einer Milliarde Euro im Senderbudget. Die BBC sieht den Ernst der Lage – sie mobilisierte schon vor der Präsentation der Sparvorschläge ein großes Staraufgebot von Daniel Craig über seine frühere Bond-Kollegin Judi Dench bis J.K. Rowling. Sie haben in einem offenen Brief an den britischen Premierminister David Cameron gegen eine Reduzierung des BBC-Angebots protestiert. "Wie alle Organisationen hat sie ihre Fehler, aber ganz überwiegend ist sie eine kreative positive Kraft", heißt es in dem Schreiben. "Eine verkleinerte BBC würde ganz schlicht ein verkleinertes Großbritannien bedeuten."
Wen es interessiert – hier ist John Whittingdales Reformpapier einzusehen.
Vielleicht hilft es dem öffentlich-rechtlichen Sender auch schon, wenn seine Mitarbeiter ihren Alkoholkonsum einschränken. Dank "The Guardian" wird das britische Volk regelmäßig darüber informiert, wie viel Geld für Gin, Wein und anderes Gebräu pro Jahr von der BBC ausgegeben wird. Es sind beachtliche Summen in inzwischen sechsstelliger Höhe - auch 2014. Zudem hat die BBC bis vor wenigen Monaten ihren geschassten "Top Gear"-Star Jeremy Clarkson am Set fürstlich verwöhnt. Aber diese Kosten fallen ohnehin weg.
ps/dpa