Laut Journalismus-Professor und Kommunikationsforscher Lutz Frühbrodt wirkt sich Content Marketing negativ auf den unabhängigen Journalismus aus und könnte diesen sogar gefährden. Denn über Content Marketing könnte es laut der Studie den Konzernen gelingen, die öffentliche Meinung zu manipulieren, weil viel Geld dafür ausgegeben werde. Nach der Logik ließ sich auch über Werbung trefflich streiten. "Unternehmen könnten auf mittlere Sicht noch weniger Werbung schalten, was die Einnahmen der klassischen Medienhäuser weiter verringert", meint Frühbrodt.

Warum soll es Aufgabe der Unternehmen sein, mediale Produkte durch Anzeigen zu unterstützen?

Frühbrodt glaubt sogar, dass über Content Marketing Journalismus simuliert werden soll. Dieser täusche bewusst die Rezipienten über ihre Ziele. Das meint auch der Journalist Jens Tönnesmann in der "Zeit". Dort heißt es:

"Mit als Nachrichtenseiten getarnten Angeboten im Internet jagen Unternehmen Kunden — und sammeln nebenbei Daten über deren Alltag."

Damit bezieht sich der Journalist besonders auf Curved, einem Nachrichtenportal für mobiles Lebens, bei dem nicht sofort erkennbar ist, dass es eine Initiative der E-Plus-Gruppe ist. Curved ist mit seinem Angebot erfolgreicher als viele andere journalistische Technologieportale. Es erhält jeden Monat einige Millionen Besuche.

Als "Pseudojournalismus" bezeichnet Frühbrodt das sogar. Derlei Kritik macht deutlich, wie wichtig es für Unternehmen ist, jeweils bei ihren Inhalten transparent aufzutreten und die Verantwortung für das Content Marketing zu übernehmen. Niemand sollte den Anschein erzeugen, unabhängigen Journalismus zu betreiben.

Natürlich verfolgen Unternehmen mit ihren Inhalten einen Zweck und keinen journalistischen Auftrag. Sie sind nicht dazu verpflichtet, Medien durch das Buchen von Anzeigen zu retten. Marken betreiben mit ihren Content-Marketing-Maßnahmen eindeutig eine kommerzielle Kommunikation, orientieren sich an ihren KPIs und sollten das auch nicht verbergen. 

Während sich Unternehmen bisher oft am liebsten von ihrer schönsten Seite zeigen und einen entsprechend Webauftritt aufbauen, haben Kunden ein ganz anderes Informationsbedürfnis. Sie möchten keine werblichen Inhalte auf einer Website sehen, sondern konkrete und aktuelle Antworten auf ihre Fragen erhalten. Oftmals fehlen diese jedoch auf einer klassischen Website. Mit dem Content Marketing reagieren die ersten Unternehmen auf dieses Missverhältnis.

Dadurch könnten die Unternehmensinhalte relevanter für die Stakeholder werden. Erst durch ihre Wirksamkeit profitiert eine Marke von ihren Content-Aktivitäten. Fehlt hierbei ein Konzept, der Charme und das richtige Storytelling, werden viele Content-Versuche jedoch vergeblich bleiben. Aus diesem Grunde soll Content Marketing in der Regel, das Interesse der Stakeholder an verschiedenen Touchpoints und in den unterschiedlichen Kaufphasen gewinnen und die Kommunikation mit ihnen geschickt anregen.

Im Content Marketing geht es dabei um den optimalen und kreativen Einsatz der Kanäle, um Personalisierung der Inhalte, um Markenbotschaften, das gekonnte Nutzen von Social Media und um Storytelling. Das hat mit Journalismus noch nicht unbedingt etwas gemein.

Die Glaubwürdigkeit einer Markenbotschaft steigt jedoch, wenn es Experten im Unternehmen gibt, die mit großer Fachkenntnis über ihr Thema in Wort oder Bild berichten. Es sollte dabei immer einen gewissen Bezug zur eigenen Marke haben und auf die Unternehmensziele einzahlen, ohne werblich in eigener Sache zu werden. Ohne klaren Mehrwert für die Rezipienten macht Content Marketing keinen Sinn und wird nicht erfolgreich sein. Das sind letztlich journalistische Kriterien, die für die Content-Strategie eines Unternehmen ebenfalls von Relevanz sind. 

Umso seltsamer mutet Frühbrodts Einordnung von Content Marketing ein: "Die geistige Verwandtschaft zum Content Marketing ist außerdem fatal. Der Journalist wird zum Verkaufsassistenten degradiert".

Im Corporate Publishing arbeiten viele großartige Journalisten. Ihre Produkte werden nur dann von der Leserschaft goutiert, wenn sie hohen Qualitätskriterien genügen. Selbiges gilt für das Content Marketing insgesamt. Wer digital wie analog erfolgreich sein will, der darf nicht als "Verkaufsassistent" aktiv sein.

Warum sollen Unternehmen Anzeigen in Zeitschriften schalten, um ihre Zielgruppen anzusprechen, wenn sie diese vielleicht sogar besser auf eigenen Plattformen über Content Marketing erreichen? Für Marken lohnt es sich, relevante Inhalte direkt auf ihrem Corporate Blog, Magazin oder in Social Networks zu publizieren statt weiterhin nur auf werbliche Auftritte in Medien zu setzen, die bei sinkender Auflagen immer schlechter ihre Ziele zu erfüllen scheinen.

Content funktioniert viel besser als Werbung, weil es eine höhere Glaubwürdigkeit hat und den Bedürfnissen der Kunden entspricht. Dabei sind die Content Creators von großer Bedeutung.

Den Begriff "Unternehmensjournalist" halte ich nicht für sinnvoll, weil das Produzieren und Verbreiten von Inhalten in den Unternehmen im Schwerpunkt keine journalistische Aufgabe ist. Als "verkappte Werbung", wie Frühbrodt diesen Content bezeichnet, können sie gar nicht gut funktionieren. Marken sind darauf angewiesen, hochwertige Informationen zu erstellen, ansonsten zahlen sie nicht auf ihre Glaubwürdigkeit und Reputation ein, sondern schaden ihr sogar noch.

Ganz richtig stellt Prof. Lutz Frühbrodt daher in seiner Studie fest:

"Content Marketing ist eine Antwort vieler Unternehmen auf die Erfahrung, dass klassische Werbung in der Vergangenheit zunehmend an Glaubwürdigkeit und Akzeptanz verloren hat."

Gutes Storytelling in Text, Bild oder Video allein reicht aber noch nicht aus. Es geht auch darum, über Content Marketing die Stakeholder für sich zu gewinnen. Nach dem Publizieren fängt das Content Marketing im Sinne des Marketings erst an. Im Content Marketing geht es um die Art und Weise, wie Inhalte taktisch genutzt werden, um ein Produkt oder Service bekannt zu machen. Dabei orientiert es sich an den Bedürfnissen der Kunden. Mit Journalismus hat Content Marketing hierbei wenig zu tun. Wenn erstklassige (journalistische) Inhalte vorliegen, fängt das eigentliche Content Marketing — die Content Distribution — erst an. 

Klaus Eck kennt das Thema Content Marketing von der Pieke auf. Seine Münchner Content-Marketing-Agentur d.Tales unterstützt Unternehmen bei Konzeption und Realisierung ihrer Social-Media und Content-Marketing-Strategien. Klaus Eck ist Autor vieler Fachbücher und -artikel über Content Marketing und Reputation Management. Bei W&V Online schreibt er ab sofort regelmäßig dir Kolumne "Content ChECK".