
Krasse Kampagne gegen Waffenhändler: Belohnung für Denunzianten
Auf einem Riesenplakat mitten in Berlin und im Internet werden Gesellschafter des Rüstungskonzerns KraussMaffei Wegmann (KMW) an den Pranger gestellt. Die Initiatoren wollen den Export deutscher Kampfpanzer nach Saudi-Arabien verhindern. Und bieten eine hohe Belohnung für Denunzianten.
Ein zehn Meter langes und zwei Meter hohes Werbeplakat in der Nähe vom Berliner Alexanderplatz sorgt derzeit für Aufmerksamkeit, Aufregung und politische Intervention. In der Anmutung eines Fahndungsplakates werden dort Gesellschafter des Rüstungskonzerns KraussMaffei Wegmann (KMW) an den Pranger gestellt. Sogar eine Belohnung wird ausgelobt: 25.000 Euro gibt es für "Informationen, die zur Verurteilung dieser Menschen führen", ein Text erklärt: "Diese Personen handeln mit schweren Kampfpanzern und gehören ins Gefängnis." "Identifiziert und attackiert" titelt dazu Zeit Online in einem umfassenden Bericht.
Die Kampagne wurde vom Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) entwickelt, das 2008 der Philosoph und Aktionskünstler Philipp Ruch, 31, gegründet hatte. Es setzt sich für Menschenrechte ein und fiel schon mit mehreren Aktionen auf. Die Gruppe bezeichnet den geplanten Verkauf von 270 Kampfpanzern an die Diktatur Saudi-Arabien als Verletzung der Menschenrechte und "schlimmsten Waffendeal in der jüngeren bundesdeutschen Geschichte". Ihr eigenes Vorgehen bezeichnen sie als "aggressiven Humanismus" - das Anprangern sei nötig, "nachdem zuletzt kein politischer Willen der Bundesregierung erkennbar war, den Panzerdeal mit Saudi-Arabien zu stoppen. Weder eine breite zivilgesellschaftliche Allianz, noch medialer Druck oder Strafanzeigen haben bislang etwas bewirkt", heißt es in einer Erklärung.
Demonstrationen und Lichterketten erscheinen ihnen als Protest unwirksam, stattdessen recherchierte das Zentrum, wer an dem Waffendeal verdient. Der Aufruf zur Denunziation steht auch auf der Homepage www.25000-euro.de, dort sind die Namen, Wohnorte, Berufe und gezeichnete Porträts von acht Gesellschaftern zu finden, darunter Künstler, Fotografen, ein Mozart-Biograf, eine Lehrerin. Auch über Facebook, Youtube (siehe Video) und Twitter wird die Botschaft verbreitet, einige Tausend Sympathisanten gibt es bereits. Sogar T-Shirts mit den Porträts der "Waffenhändler" gibt es zu kaufen. Gesucht werden Hinweise auf Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Schwarzarbeit oder sonstige Straftaten.
Philipp Ruch vergleicht laut Zeit Online seine Methode mit Schandbildern aus der Renaissance, mit denen Adelige den Ruf des Widersachers attackierten. Demnach weiß der Philosoph aber durchaus um die Gefahr von derartigen Anpranger-Kampagnen im digitalen Zeitalter. Das Ziel rechtfertige die Mittel, kontert er. Ruch glaubt, dass das öffentliche Interesse an den Gesellschaftern erlischt, wenn der Panzer-Deal platzt.
Die Kampagne benennt als Anteilseigner auch die Familie Braunbehrens, deren Mitglieder eher als Friedensaktivisten und Kreative bekannt sind. Der Künstler Burkart von Braunbehrens setzt sich in einem offenen Brief zur Wehr und kritisiert das ZPS. "Die meisten Betroffenen haben keine Chance, sich gegen diese Kampagne zu wehren. Sie sind Privatpersonen und öffentlich ganz unerfahren." Er will um seinen Ruf kämpfen und schlägt eine öffentliche Podiumsdiskussion vor. Die wird auch stattfinden und laut ZPS von einer politischen Stiftung organisiert. Auch der Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl habe sich eingeschaltet und will ein Ende der Kampagne erreichen. Stattdessen sorgt er nun für weitere PR-Effekte.