
Gastkommentar von André Gebel:
Lasst euch von den Reisebloggern nicht nerven - nutzt sie!
Instagramer auf Reisen können die Pest sein und ganze Tourismus-Destinationen lahm legen - wenn man ihre kreative Energie nicht sinnvoll einsetzt.

Foto: Coma AG
Als Reiseblogger hat man oft den Eindruck, dass manche Regionen vor der Erfindung von Instagram gar nicht existiert haben oder eben nur einer kleinen eingeschworenen Insider-Gemeinde bekannt waren. Es hat einen auch irgendwie nicht sonderlich gejuckt, zum Segla nach Norwegen, dem Rainbow Mountain nach Peru oder gar zur berühmten Wave in die Coyote Buttes North zu fahren. Und plötzlich treffen sich an derlei Hot Spots Tausende von Instagrammern und versuchen ohne gescheite Ausrüstung und gänzlich untrainiert die entlegensten Landschaftswunder zu erreichen.
Also ist Alarm angesagt und wie Regionen darauf sinnvoll reagieren können, zeigt das Bureau of Landmanagement im Grand Staircase Escalante Nationalpark recht eindrucksvoll, in dem es lächerliche 20 Tages-Permits per Lotterie an die unzähligen Interessenten der "Wave" verlost.
So wird es wohl an vielen Locations enden. Wobei die Influencer an derlei Verbotskultur auch selbst ein wenig Schuld tragen, denn viele Spots waren deswegen lange "hidden", weil sie eben nicht direkt am örtlichen McDonalds angedockt sind. Und natürlich bleibt bei steigender Besuchs-Frequenz auch jede Menge Restmüll liegen. Das ist traurig, aber anscheinend nicht zu verhindern, wie ein abendlicher Spaziergang durch den Englischen Garten wunderbar belegt.
Da kann man den Parks und Tourismusverbänden nur ganz klar empfehlen: Limitiert es oder schafft eine Infrastruktur, die dem Ansturm auch gerecht wird, denn Touristen für eure Hotels und Freizeitanlagen hättet ihr ja schon gerne in der Region, oder?
Und da sind wir auch beim nächsten Fakt: Die Generation Y will nun mal nicht mehr wie Mama und Papa mit dem Echo-Dampfer über den Königssee tuckern, sondern lieber Friends & Family vom gefährlichen Naturpool aus überraschen. Reiseziele werden heute per Instagram oder Pinterest entschieden, gespeichert und gebucht. Was für eine Chance für Destinationen, Hotels, Reiseveranstalter und auch Marken, wie die aktuelle Kampagne unseres Kunden Globetrotter belegt.
Wir haben acht Top-Fotografen aufgefordert, ihre verborgenen Lieblingsplätze vorzustellen und User und Fans der Marke Globetrotter zu einer begleiteten Tour dorthin mitzunehmen. Da bleibt kein Müll liegen, da ist für die richtige Ausrüstung gesorgt und Profi-Tipps für den perfekten Instagram-Schuss gibt es auch noch obendrauf. Und das Besondere: Alle Hidden Spots liegen in der Nähe von Filialstandorten wie Köln, Düsseldorf, Frankfurt oder Dresden, sprich Destinationen, die ein wenig Aufmerksamkeit auf Instagram durchaus nötig hätten.
Und genau das ist die große Chance im Tourismusmarketing. Erschafft diese ungesehenen Plätze in eurer Nähe, denn sie sind bereits vorhanden. Zeigt neue Blickwinkel, spannende Ausschnitte, erzählt Geschichten und wählt dabei die richtigen Markenbotschafter aus. Das sind reichweitenstarke und zunehmend kleine Influencer, die eure Landschaften und Architektur direkt in die Streams der Zielgruppe tragen. Denn genauso sind die Hidden-Spots entstanden, die wegen Überfüllung heute schließen müssen und bald schon wieder in Vergessenheit geraten werden.
Der Autor: André Gebel ist Vorstand Beratung und Strategie bei der Coma AG in München. Zu den Kunden der Digitalmarketing-Agentur zählen unter anderem Saturn, Tempo, Webasto, Philip Morris, Demak Up und der Deutsche Alpenverein. Privat schreibt er seinen Reiseblog unter: www.turnagain.de.