
Praktikantenspiegel 2017:
Lohnungleichheit schon im Praktikum
Offenbar haben Unternehmen dazugelernt, denn deutsche Praktikanten sind zufriedener denn je mit ihren Jobs. Doch der aktuelle Praktikantenspiegel offenbart ungleiche Gehälter für Männer und Frauen.

Foto: Clevis Consult
Offenbar haben Unternehmen dazugelernt, denn deutsche Praktikanten sind zufriedener denn je mit ihren Jobs. Auch der Mindestlohn verbesserte ihre Situation. Das ist ein Fazit des "Clevis Praktikantenspiegel 2017", der mit 5.500 Teilnehmern deutschlandweit größten Praktikanten-Studie auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Demnach sind 88 Prozent der befragten Praktikanten zufrieden mit ihrem Arbeitsverhältnis. Obwohl viele von ihnen, 41 Prozent, regelmäßig Überstunden absolvieren, geben sie der "Work-Life-Balance" trotzdem die Schulnote 2.
Dank Mindestlohn steigen Gehälter
Deutlich Nachholbedarf gibt es allerdings bei den Gehältern, denn der Praktikantenspiegel offenbart Unterschiede bei der Bezahlung von Praktikanten und Praktikantinnen. Schon zum Start ins Berufsleben sind Frauen gehaltsmäßig im Nachteil. Das durchschnittliche Gehalt für Praktikanten liegt laut Studie insgesamt bei 1.032,52 Euro, das entspricht im Jahresvergleich einer Steigerung um 82 Euro – eine Nachwirkung der Einführung des Mindestlohns auch für Praktikanten. Während Männer für ein Pflichtpraktikum 916,23 Euro erhalten, sind es bei den Frauen nur 896,15 Euro. Bei freiwilligen Praktika liegt das Verhältnis bei 1.292,48 Euro für Praktikanten und 1.242,57 Euro für Praktikantinnen.
Immerhin: Die Zeiten von unbezahlten Praktika gehören wohl endgültig der Vergangenheit an: 97 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, im Rahmen ihres Jobs vergütet zu werden.
Generell spielt das Gehalt für die meisten Praktikanten jedoch eine untergeordnete Rolle. Wichtiger ist ihnen der Lerneffekt, das Sammeln von praktischer Berufserfahrung und die Aufwertung des eigenen Lebenslaufs.
Mehrarbeit in Unternehmensberatungen
In der Regel arbeiten Praktikanten hierzulande 39,2 Stunden. Auf die meisten Stunden kommen dabei Mitarbeiter in Unternehmensberatungen (43 Stunden), Bildungseinrichtungen (42,9 Stunden) sowie in der Tourismus-Branche (40,8 Stunden). Am wenigsten arbeiten mit 33,4 Wochenstunden dagegen Praktikanten im Telekommunikations- und IT-Umfeld, gefolgt von NGOs mit 36,8 Stunden. Insgesamt dauert ein Praktikum im Schnitt 5,2 Monate.
Arbeitgeber binden Praktikanten stärker an sich
Aus Sicht der Arbeitgeber spielt das Praktikum eine immer wichtigere Rolle, um schwer zu findende Fachkräfte frühzeitig an sich zu binden. Deshalb bemühen sich viele Unternehmen mehr um die Berufsanfänger. 83 Prozent von ihnen sorgen aktiv dafür, dass Praktikanten schon während der Arbeitszeit ein berufliches Netzwerk mit anderen Mitarbeitern aufbauen können. 67 Prozent der Arbeitgeber räumen den Praktikanten die Möglichkeit ein, an Firmen-Events teilzunehmen. Zwei Drittel geben ein differenziertes Abschluss-Feedback nach Beendigung der Zusammenarbeit. Auch nach dieser bleiben Arbeitgeber und Praktikanten in Kontakt – das jedenfalls forcieren 84 Prozent der Unternehmen.
Praktikum im Ausland nicht beliebt
Was die Mobilität angeht, geben 51 Prozent der Studienteilnehmer an, für ihren Job den Wohnort zu wechseln – ein Drittel immerhin mehr als 200 Kilometer von zu Hause entfernt. 49 Prozent arbeiten dagegen nur in unmittelbarer Nähe ihres Heimatortes. Das Bedürfnis, im Ausland zu arbeiten, ist indes weniger ausgeprägt: Während immerhin 48 Prozent der befragten Praktikanten im Rahmen ihres Studiums bereits einen sechsmonatigen Auslandsaufenthalt durchlaufen haben, absolvierten nur zwölf Prozent von ihnen ein Praktikum im Ausland. Attraktivste Zielländer für deutsche Praktikanten sind aufgrund der Sprache die USA und Großbritannien. Umgekehrt arbeiten in Deutschland vor allem junge Menschen aus Indien, Frankreich und Österreich im Rahmen eines Praktikums.
Initiator der Studie ist Clevis Consult. Kooperationspartner sind das Karriere-Netzwerk Absolventa (Funke Mediengruppe) sowie der Lehrstuhl für Marketing an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg.