
Malibu: Karibischer Leichtsinn steigert den Absatz
Likör-Comeback geglückt: Mit der Kampagne "Mach-dich-karibisch" meldet sich die 80er-Jahre-Marke Malibu zurück. Eine Case Study von Judith Pfannenmüller.
Pernod Ricard kam 2005 in den Besitz der Marke Malibu. Damals schluckten die Franzosen den Spirituosenkonzern Allied Domecq, der Malibu zuvor von Diageo übernommen hatte. Die Engländer hatten Malibu 1980 auf den Markt gebracht. 2005 stand es um den süßen Kokoslikör auf Rumbasis nicht zum Besten. „Die Marke war zu diesem Zeitpunkt sehr durchgeschüttelt“ sagt François Cambier, Marketingmanager bei Pernod Ricard Deutschland.
Der Konzern verpasste Malibu deswegen zunächst eine gründliche Bestandsaufnahme per Marktforschung, um die Zielgruppe zu lokalisieren und zu verstehen. Zweieinhalb Jahre ließen sich die Franzosen dafür Zeit. Die Diagnose: Die dynamische Marke war deutlich gealtert: Die einstigen Malibu-Nutzer waren mittlerweile 40 Jahre oder älter geworden und längst auf gesetztere Getränke wie Wein, Cognac oder Whisky umgestiegen. Die Kampagne mit dem Claim „Seriously easy going“ zeigte klischeehaft karibische Szenen und wirkte damit eher gestrig. Der Absatz stagnierte bei 355.000 Flaschen. Der Spirituosenkonzern musste sich entscheiden: Will er die gealterten Zielgruppen wiedergewinnen oder neue 18- bis 25-jährige Zielgruppen erobern?
Pernod Ricard entschied sich für die Jungen. Die Mafo hatte folgende Markenmerkmale zutage gefördert: positives Denken, Spontaneität, Genießen in einer Gruppe, das Leben leicht nehmen und kommunikativ sein. Dazu passte sogar die Karibik als Markenwelt. Doch statt auf das Leben in der Karibik zu setzen, sollte Malibu zeigen, dass man sich „auch hierzulande karibisch fühlen kann, dass es auf die innere Haltung ankommt“, sagt Cambier. „Get your island on“ oder frei übersetzt „mach dich karibisch“ destillierte der Konzern aus seinen Erkenntnissen als Markenbotschaft.
Diese Kernbotschaft sollte die deutsche Lead-Agentur Dorland erstmals 2008 an die junge Zielgruppe bringen. Kreativ-Boss Hendrik Melle entschied sich angesichts der Mediennutzungsgewohnheiten der Zielgruppe und des knappen Millionenbudgets für eine 100-prozentige Below-the Line-Kampagne. So zogen per Guerilla-Aktion (passend zur Malibu-Flasche) weißgekleidete Menschengruppen durch mittelgroße süddeutsche Städte wie Heidelberg, Regensburg oder Nürnberg – dort hat Malibu seinen Absatzschwerpunkt – plus Berlin.
Sie demonstrierten für mehr Kokosnüsse oder mehr Samstage in Deutschland. Eine eigens kreierte Figur namens Mike Barbados kommentierte das Geschehen in Blogs, Videos kursierten auf YouTube und weiteren Online-Plattformen und wurden mit der Seite mach-dich-karibisch.de verlinkt. Die Band Tiger Hifi komponierte die Single „Get your Island on“ und tourte durch Deutschland.
Die Leichtigkeits-Bewegung geht jetzt in die zweite Runde. Auf StudiVZ können sich User ihre eigene Malibu-Insel kaufen und mit Hängematten, Palmen, Getränken oder einer Wunsch-Skyline ausstatten. Das „Malibudget“, mit dem das alles bezahlt wird, verdient sich der User, indem er an den Malibu-Island-Games teilnimmt.Schon wenige Tage nach dem Start hatten sich 27.000 VZ-Nutzer beim Inselspiel eingefunden. Ein Malibu-Flaschen-Design-Wettbewerb und diverse Beachclub-Events runden die diesjährigen Aktionen ab.
Und es geht aufwärts. Ungestützte und gestützte Markenbekanntheit in der jungen Zielgruppe stiegen deutlich (s. Kasten). Der Absatz katapultierte sich auf 619.000 Flaschen hoch, im Krisenjahr 2009 stieg der Malibu-Absatz um acht Prozent. Die Marke wird als deutlich trendiger wahrgenommen, ist in der Zielgruppe relevanter und gewinnt an Profil. Bei Pernod Ricard steht Malibu mittlerweile an fünfter Stelle der Marken mit dem größten Wachtsumspotenzial. Dabei werden Ost- und Norddeutschland in den nächsten Jahren „sehr wichtig“, sagt Cambier.
Unternehmen
Mit 7,2 Milliarden Euro Umsatz ist die Pernod-Ricard-Gruppe zweitgrößter Spirituosen- und Weinkonzern weltweit. Die deutsche Tochter wurde 1989 in Koblenz gegründet. Unter dem Namen „Importgesellschaft großer Markengetränke“ startete die Firma mit 25 Mitarbeitern und einem Umsatz von 26 Millionen Euro. 2002 wurde der Unternehmenssitz nach Köln verlegt und das Unternehmen in Pernod Ricard Deutschland umbenannt. Im Geschäftsjahr 2008/09 ist der Umsatz auf 520 Millionen Euro angewachsen, das Unternehmen beschäftigt 170 Mitarbeiter. Zu den 15 globalen Kernmarken des Unternehmens zählen Ramazzotti, Havana Club, Absolut, Ballantine’s, Malibu, Chivas Regal, Pernod.
Agentur
Die Dorland Werbeagentur wurde 1928 gegründet und gehört seit 2005 zur WPP-Gruppe. Geschäftsführender Gesellschafter ist Stefan Hansen, Geschäftsführer Kreation Hendrik Melle. Ein internationales Team von rund 90 Mitarbeitern betreut
am Standort Berlin nationale und globale Marken – Fullservice und über alle Medienkanäle. Dorland betreut die Marke Malibu seit 2006. Weitere Kunden: Fenjal und Gard, Berliner Pilsner, Berliner Kindl, Berliner Bank, bruno banani.