
Media-Analyse: Axel Springer gewinnt und verliert
Die Print-Reichweiten schrumpfen. Bei den Tageszeitungen meldet die Arbeitsgemeinschaft Media Analyse (AG.MA) in ihrer heute veröffentlichten MA-Studie einen Rückgang von rund einem Prozent. Bei den Zeitschriften verzeichnet die ebenfalls heute veröffentliche Statistik zwar ein leichtes Plus. Dies dürfte jedoch vor allem auf die Neulinge im MA-Zahlenwerk zurückzuführen sein.
Die Zeitschriftennutzung in Deutschland steigt, vermeldet die Arbeitsgemeinschaft Media Analyse (AG.MA). Allerdings wohl deswegen, weil in ihrer heute veröffentlichten Reichweitenstudie Media-Analyse 2009 Presse II (MA) wieder einige neue Titel ausgewiesen wurden – darunter „Capital“ mit 1,11 Millionen Lesern, die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS) mit 0,97 Mio., das „Bravo HipHop Special“ mit 0,46 Millionen., "Chip Test & Kauf“ mit 0,39 Mio. und „Lecker“ mit 0,35 Mio. regelmäßigen Nutzern ab 14 Jahren. Zusammen sind das brutto fast 3,3 Millionen hinzukommende Leser, ohne die Zeitung bleiben 2,3 Millionen zusätzliche Zeitschriftennutzer. Bei der Betrachtung der knapp 170 erhobenen Zeitschriften und Wochenzeitungen finden sich jedoch über hundert Titel mit kleinen oder größeren Reichweitenverlusten.
Bei den Dickschiffen verlor vor allem der „Focus“ Leser. Burdas Nachrichtenmagazin büßte gegenüber der letzten MA rund 370.000 Leser ein. Dies entspricht einem Rückgang von sechs Prozent. Der Verlag begründet dies – ähnlich wie bei den vorangegangenen IVW-Zahlen – mit einem Kurswechsel in der Vertriebspolitik. Die Focus-Gruppe hatte im April eine Abstinenz bei von Reichweiten-Doping-Methoden wie hoher Bordauflage und sonstiger Verkäufe verkündet. Die „strategische Vertriebs-Konsolidierung“ finde „nun auch in den Zahlen der MA ihren Niederschlag“, erklärt Focus-Geschäftsführer Frank-Michael Müller. Der Untersuchungszeitraum der aktuellen Studie fällt jedoch noch teilweise in die Zeit vor dem ersten Quartal 2009. „Spiegel“ und „Stern“ bleiben demgegenüber in ihrer Reichweite weitgehend stabil. Der „Spiegel“ verliert rund 40.000 Leser, der „Stern“ rund 70.000.
Im auflagenstarken Segment der Programmis setzt sich ein Trend der letzten Jahre fort. Die Gesamtreichweite der Gattung bleibt laut MA-Statistik zwar weitgehend konstant. Unter den Marktanteilen der TV-Zeitschriften gibt es jedoch gewaltige Umwälzungen: Zu den größten Verlierern zählt Bauers Flaggschiff „TV Movie“, das rund 222.000 Leser (minus 3,7 Prozent) einbüßte. Noch stärker musste Burdas Sorgenkind „TV Today“ Federn lassen. Das Magazin verlor 10,6 Prozent seiner Reichweite bzw. 228.000 Leser. Auch Bauers „TV 14“ büßte 183.000 Leser ein (minus 3,1 Prozent).
In den Gewinnerlisten konnten sich die Springer-Blätter „TV Digital“ (plus 330.000 Leser/ plus 12,1 Prozent) und „Hörzu“ eintragen (plus 204.000 Leser/ plus 4,5 Prozent). Während das Wochenblatt „Hörzu“ in den letzten drei IVW-Runden konstante Auflagen meldete, öffnet sich beim einstigen Zwei-Millionen-Seller „TV Digital“ die Auflagen-Reichweiten-Schere. Er sackte in der Auflagenstatistik zuletzt deutlich ab.
Laut MA-Statistik haben vor allem die Wirtschaftstitel zugelegt. Für dieses Segment weist die AG.MA ein Gesamtplus von zehn Prozent aus. Die Gründe hierfür dürften jedoch nur zu einem geringen Teil in einem gesteigerten Leserinteresse an Wirtschaftsinfos in der Krise liegen. Zu Gute kommt der Statistik vor allem der Wegfall der eingestellten „Geldidee“ (Bauer) und des erstmals erhobene Zugangs „Capital“. Allein das Gruner + Jahr-Magazin steuert 1,1 Millionen Leser in der Gesamtstatistik bei. Auch bei den Wirtschaftstiteln gibt es große Verschiebungen: Größter Verlierer ist hier die „Wirtschaftswoche“, der gegenüber der vorangegangenen Studie 131.000 Leser fehlen. Dies entspricht einem Minus von 13,4 Prozent.
Weit oben in der Gewinnerstatistik findet sich Condé Nasts Frauenmagazin „Glamour“. Die MA-Zahlen bescheinigen dem Pocket-Blatt ein Plus von 15,8 Prozent oder 134.000 Lesern. Aber auch hier lässt sich das MA-Zahlenwerk kritisch hinterfragen. Der Verlag änderte zum Jahresbeginn den Erscheinungsrhythmus von 14-täglich auf monatlich. In der zweiten Erhebungswelle (14. September 2008 bis 7. Februar 2009) lag das Blatt somit länger am Kiosk und hatte die Chance, mehr Leser einzusammeln. Inwieweit „Glamour“ davon in der MA-Statistik, in der es noch als 14-tägliches Objekt geführt wird, profitiert hat, bleibt offen.
Die größten absoluten Gewinne generell verzeichnen in der jüngsten gegenüber der vorhergehenden Welle (MA 2009 Presse I) neben „TV Digital“ und „Hörzu“ etwa „Schöner Wohnen“, „Welt der Wunder“, „Glamour“, „Brigitte“ „Woman“, „National Geographic Deutschland“, „Geo“, „Neon“, „Kicker“ und „Gala“ aus: Allesamt weisen um 100.000 bis 200.000 Nutzer gestiegene Reichweiten weisen aus.Das Verlierrerranking (absolut) wird angeführt von „Bild am Sonntag“ (minus 400.000). Mindestens 200.000 Leser weniger mussten auch „Focus“, „TV Today“, „TV Movie“, „Neue Post“, und „Computer Bild“ hinnehmen.
Bei der Betrachtung der prozentualen Änderungen kommen in der Regel kleinere Objekte besser weg: So konnten etwa „Healthy Living“ und „Euro“ auf geringem Niveau ihre Reichweite um fast ein Fünftel steigern. „Auto Bild Allrad“, „Heim und Welt“ sowie „Auto Bild Sportcars“ büßten dagegen jeweils etwa 17 Prozent ihrer Leser ein.
Wenig geändert hat sich am Ranking der meistgelesenen Objekte überhaupt: Top-Titel ist die „ADAC Motorwelt“ (18,3 Mio. Leser), gefolgt von „rtv“ (13,1), „Bild am Sonntag“ (10,5 Mio.) „Prisma“ (7,9 Mio.), “Stern” (7,5 Mio.) und “TV Spielfilm” (6,3 Mio.).
Die Reichweite der deutschen Tageszeitungen geht weiter zurück. Sie schrumpft laut MA um ein Prozent auf 71,4 Prozent. Dies entspricht laut den Forschern der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse 46,3 Millionen Menschen, die durchschnittlich pro Tag eine Zeitung zur Hand nehmen. In Westdeutschland liegt die Zahl der Zeitungsleser mit 72,5 Prozent weiter über der im Osten mit 67 Prozent.Springers Flaggschiff „Bild“ meldet eine konstante Reichweite. Deutschlands und Europas größtes Boulevardblatt kommt auf demnach auf durchschnittlich 11,6 Millionen Leser. Federn lassen mussten dagegen die Schwesterblätter der Welt-Gruppe. Leistungsträger „Welt am Sonntag“ ruschte um neun Prozent ab und büßte rund 111.000 Leser ein. Die „Welt“ verlor etwa 40.000 Leser bzw. fünf Prozent. (tn,cw)