Ein leichtes Jahr war 2009 für die Werbebranche ohnehin nicht: Investitionen wurden zunächst verhalten geplant, dann eingefroren oder zum Teil drastisch zurückgefahren. In Krisenjahren wie dem vergangenen schrieben Werbekunden auch deshalb ihre Mediaetats neu aus, weil es auf internationaler Ebene um wirtschaftliche Konsolidierung geht, ist aus einer großen Netzwerkagentur zu hören. Hier beabsichtigen die Werbungtreibenden, ihre weltweiten Agenturbeziehungen zu vereinheitlichen.

Die globalen Entscheidungen für oder gegen eine nationale Agentur werden somit nicht in dem jeweiligen Land, sondern in den Unternehmenszentralen in New York oder London getroffen. Um strategische Planungsansätze geht es dann aber oft nicht – vielmehr zählt die geballte Einkaufsmacht, die internationale Netzwerkagenturen bei Pitches in die Waagschale werfen können. Gleichzeitig legen Werbekunden in ihren Anforderungen an Werbekampagnen die Messlatte höher: Mehr Qualität wird gefordert, mehr Kreativität, mehr innovative Lösungen angesichts der wachsenden Bedeutung von interaktiven Werbekanälen.

Die vielfältigen Anforderungen der Werbekunden verstärken den Trend hin zu immer häufigeren Agentur-Pitches. Nie gab es in einem Jahr eine so hohe Anzahl an Etatüberprüfungen wie 2009. „Es liegt in der Natur der Sache, dass in Krisenzeiten der interne Druck bei allen Marktpartnern steigt und in allen Bereichen vermeintlich optimiert werden muss“, sagt Marco Bergmann, Geschäftsführer New Business bei Aegis Media, „im Sinne der Kunden gilt das sicher und unbestritten auch für den Bereich Konditionen.“

Betrachtet man die Entwicklung bei den Werbekunden – einkaufsgetriebene Ausrichtung von Media, allzu starke Orientierung in Richtung Einkaufskonditionen und Rabatte –, liegt die Verdacht nahe, dass es bei vielen Pitches einzig und allein um den besten Preis geht. Dennoch hat Aegis-Chef Bergmann auch im vergangenen Jahr erleichtert registriert, dass Kunden in Pitches durchaus honorieren, wenn eine Agentur mit strategischem Know-how aufwartet – und die Fähigkeit zeigt, sich in die Markenwelt einzudenken, die Konsumenten der Marke zu verstehen. Dazu gehöre, so der Aegis-Chef, auch Kontinuität: „Am Ende streben wir im gleichen Maße wie unsere Kunden eine langfristige Zusammenarbeit an und keine kurzweiligen ,Affären‘ “, sagt Bergmann und verweist auf erfolgreiche Etatverteidigungen, darunter langjährige Kunden wie eben Ferrero, Kellogg’s, Eckes Granini, ATU oder GM. Seit knapp 25 Jahren betreut die Agentur schon den Kunden Deutsche Post DHL, seit über 20 Jahren Chantré, seit 18 Jahren Disney oder seit 17 Jahren Philips.

Dennoch bekam auch Aegis die Wechselwilligkeit von Werbekunden zu spüren: So konnte Optiker Fielmann das Angebot, das Zenithmedia in einem Pitch vorgelegt hatte, nicht ablehnen und kündigte der bisherigen Agentur Carat. Auch Mediaplus durfte von der Pitchwelle nicht nur profitieren: Auch hier wechselten kleinere Kunden zur Konkurrenz – so etwa der Getränkehersteller Deit/Kondrauer zu Initiative Media, der Spielwarenhändler Giochi Preziosi zu Mindshare. Gleichzeitig konnten die Münchner einen kleineren Werbekunden wie die Apothekenkooperation Vivesco von sich überzeugen. (Florian Allgayer)

In der aktuellen Ausgabe von W&V Media (5/2010) lesen Sie den kompletten Artikel. Darin wird gezeigt, welche Faktoren im Zeitalter des Pitch-Wahns zu einer haltbaren Kunde-Agentur-Beziehung führen können und was zu beachten ist, wenn Unternehmen dennoch zum Pitch bitten. Agenturvertreter und Experten erklären, wie sie mit den Folgen des Pitch-Wahns umgehen, und wie man sich zielgerichtet an einem Pitch beteiligt. Dazu im Interview: Nestlé-Mediachefin Tina Beuchler, die über die Zusammenarbeit mit ihrer Agentur und die Grundlagen für eine solide Beziehung spricht.