Kickbacks:
Mediaagenturen wie Banken behandeln: Mr. Media hat einen Traum
Eigentlich ist unser Blogger Thomas "Mr. Media" Koch alles andere als ein Träumer. Aber in seinem neuen Beitrag stellt er sich vor, dass der Bundesgerichtshof mit Mediaagenturen umgeht wie mit Banken.
Eigentlich ist unser Blogger Thomas "Mr. Media" Koch* alles andere als Träumer. Aber in seinem neuen Beitrag für W&V Online stellt er sich vor, dass der Bundesgerichtshof mit Mediaagenturen umgeht wie mit Banken. Aber zunächst eine unglaubliche dpa-Meldung:
"Karlsruhe, dpa - Werbekunden in Deutschland haben nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) künftig Anspruch darauf, von Mediaagenturen auf versteckte Provisionen zugunsten der Agentur hingewiesen zu werden. Die BGH-Richter folgten zwar der Revision der beklagten Agentur. Sie hoben ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg auf, das dem Kläger Anfang des Jahres 2012 einen Schadenersatzanspruch gegen die Agentur zubilligte. In der gestern bekannt gewordenen Entscheidung werden die Agenturen aber ab dem 1. August dazu verpflichtet, solche Provisionen im Mediaeinkauf transparent zu machen.
Im konkreten Fall ging es um die Mediainvestition eines Süßwarenkonzerns, der 1996 auf den Rat der Agentur hin umgerechnet 25 Millionen Euro in ein Mediapaket steckte. Für die Vermittlung des Abschlusses erhielt die Agentur von den Medienvermarktern eine Provision von nahezu 700.000 Euro.
Die Agentur habe sich beim Verschweigen der Provision nichts zuschulden kommen lassen, da die Rechtslage zum Zeitpunkt des Abschlusses nicht klar gewesen sei, urteilten die Karlsruher Richter. In neuerer Zeit habe es aber mehrere Gesetzesnovellen gegeben, die den Vertrieb von Mediapaketen einem nahezu flächendeckenden Transparenzgebot unterworfen hätten, betonten die Richter.
Deswegen müssten versteckte Provisionen (so genannte "Kick-Backs") künftig ausgewiesen werden. Immer wieder stehen Mediaberater in Verdacht, mit Blick auf ihre Provisionen den Verkauf ihrer Produkte und nicht das Wohl der Kunden im Auge zu haben."
Diese Meldung hätte ich dringend und unbedingt gern so gelesen.
Sie wäre einer Sensation. Endlich würde Transparenz ins Geschäft um die Media-Milliarden einkehren. Tatsächlich handelt es sich jedoch um einen Artikel in der "Rheinischen Post" vom 16. Juli 2014 , der das BGH-Urteil zur Offenlegung der Provisionen im Bankengeschäft beschreibt. Ich habe mir lediglich erlaubt "Bankkunden" durch "Werbekunden", "Banken" bzw. "Anlageberater" durch "Mediaagenturen" und "Immobilien"- bzw. "Kapitalanlagen" durch "Mediapakete" etc. zu ersetzen. Man muss zugeben: Beide Meldungen, die tatsächliche zu den Praktiken der Banken ebenso wie die von mir schamlos abgewandelte zu den Praktiken der Mediaagenturen, ergeben den gleichen Sinn.
Man muss auch zugeben: In beiden Fällen handelt es sich um absolut identische Vorgänge. In beiden Branchen - Banken und Media - geht es um Beratung, um Investitionen und Geldflüsse und eben um ursächliche Interessenkonflikte seitens der beratenden Dienstleister.
Für diejenigen, die nicht ganz so tief in der Materie stecken, eine kurze Erläuterung: Die wenigen, marktbeherrschenden Mediaagenturen erhalten auf die Umsätze, die sie mit den Medien tätigen, Kickbacks von den Medienvermarktern - in Form von Rabatten, Freischaltungen und Cash. Diese geben sie nur teilweise an ihre Kunden weiter. Die Werbekunden sind der (nachvollziehbaren) Auffassung, dass diese Kickbacks ihnen in voller Höhe zustehen. Im Raum steht der Vorwurf an die Agenturen, diejenigen Medien zu bevorzugen, von denen sie die höchsten Rabatte erhalten - und damit Medien und Werbeträger zu empfehlen, an denen ausschließlich sie das größere Interesse besitzen. Daher der Interessenskonflikt. Ein Dienstleister, der Vorteile aus dem Einkauf der Medien bezieht, könne nicht gleichzeitig ein neutraler Berater sein.
Da die Mediaagenturen sich also dem gleichen Vorwurf aussetzen wie im aktuellen BGH-Urteil die Banken, müsste gleiches Recht gelten. Da die Mediaagenturen von ihrem äußerst lukrativen Geschäftsmodell nicht abweichen mögen und die Werbekunden ihnen offenbar hilflos gegenüber stehen (wie die Bankkunden den übermächtigen Banken), kann nur der Gesetzgeber eine Lösung herbeiführen. Wie seinerzeit 1993 der französische Gesetzgeber, als er keine andere Möglichkeit sah, als das "Loi Sapin" zu beschließen.
Ich denke, ich rede mal mit dem BGH, ob sich da nicht etwas machen lässt…
* Thomas Koch, Agenturgründer, Ex-Starcom-Manager, Wirtschaftswoche-Kolumnist, Herausgeber von "Clap" und Media-Persönlichkeit des Jahres, bloggt für W&V. Er ist "Mr. Media".