
Millionenauftrag aus China: Videoproduzent warnt vor Abzocke aus Fernost
Auf eine chinesische Scheinfirma reinfallen? Ich doch nicht! Das dachte der Münchner Videoproduzent Thomas Reißmann lange Zeit auch. Jetzt weiß er es besser.....
Auf eine Scheinfirma reinfallen? Niemals. Das dachte der Videoproduzent Thomas Reißmann lange Zeit auch. Aber jetzt sieht es so aus, als wäre seine Münchner Firma TravelSensations (TS) selbst betroffen. Das chinesische Unternehmen Henan Wanhua Investment co. Ltd (HWI) hatte per E-Mail mit TS Kontakt aufgenommen. Es ging um eine Anfrage für eine umfangreiche Videoproduktion über Deutschland. Die Rede war von 1,15 Millionen US Dollar Auftragsvolumen. Die Chinesen hatten auch schon konkrete Vorstellungen von dem Projekt und machten bereits detaillierte Vorgaben zum Inhalt. TS wurde zur Vertragsunterzeichnung nach China eingeladen. Wer sagt da schon nein?
Aber während des Aufenthalts in China fielen Reißmann mehrere Ungereimtheiten auf. Zum Beispiel, dass HWI offenbar noch nie ein Video der Münchner gesehen hatte. Wegen staatlicher Einschränkungen der Internetnutzung in China sind die Produktionen dort nämlich gar nicht zu sehen. Endgültig stutzig wurde Reißmann, als seine Gastgeber ihm nahelegen, ein Geschenk für ihren Chef zu kaufen - Gold im Wert von über 5000 Dollar. Fast die gleiche Summe sollte der Münchner für "Notariatskosten" auf den Tisch legen. Reißmann lehnte dankend ab
Wieder in Deutschland angekommen fand er HWI in einer Liste von Scheinfirmen auf der Webseite der Wirtschaftskammer Österreich. Reißmann konfrontierte seine Verhandlungspartner mit den Vorwürfen und erhielt daraufhin eine offizielle Firmenregistrierung zugeschickt. Am 2. August werde außerdem ein HWI-Manager nach Deutschland kommen und alle Vorwürfe klären. Reißmann glaubt nicht mehr daran. Gegenüber W&V Online fiel sogar das Wort "Gentleman-Betrüger". Mittlerweile hat er mehrere chinesische Privatpersonen und Unternehmen ausfindig gemacht, die sich von HWI geprellt fühlen. Seine Erfahrungen schildert er in einem YouTube-Video. Bei Henan Wanhua Investment co. Ltd wird man den Film übrigens nicht sehen können: YouTube wird in China geblockt.
Doch wie kann man am einfachsten feststellen, ob es sich um eine Scheinfirma handelt oder nicht?
Dazu veröffentlichte Reißmann eine Checkliste in seinem Blog:
"Wenn Sie die unten aufgeführten Fragen weitgehend mit „Ja“ beantworten können, sollten Sie davon ausgehen, dass es sich um eine Scheinfirma handelt und Ihnen jemand nur das Geld aus den Taschen ziehen will:
• Hat sich die chinesische Firma unaufgefordert an Sie gewandt, ohne dass Sie vorher jemals Kontakt nach China hatten?
• Kam die Anfrage von einer Email Adresse, die in China kostenlos angelegt werden kann (z.B. 163.com, sohu.com, Yahoo, Hotmail etc.)?
• Ist der Vertrag auffällig vorteilhaft für Sie gestaltet?
• Wurde dem Vertragsentwurf innerhalb kurzer Zeit zugestimmt?
• Konnten Sie keine englischsprachige Webseite der Firma finden?
• Wurde Ihnen eine großzügige Vorabzahlung angeboten, die Ihre Erwartung von fairen Zahlungskonditionen sogar übersteigt?
• Wurde Ihnen vorgeschlagen mit einem Touristen-Visum zu reisen?
• Wurden Sie gefragt hohe Notarisierungskosten zu zahlen?
• Wurde Ihnen vorgeschlagen ein angemessenes Geschenk in Form von teuren Goldplatten oder Goldschmuck zu kaufen?"
(mit freundlicher Genehmigung von Thomas Reißmann)