Professor Opaschowski: "Es geht nicht mehr um das Immer-Mehr. Die Deutschen wollen ihren erarbeiteten, verdienten und erworbenen Wohlstand in Sicherheit bringen und sich gegen Lebensrisiken absichern – vom gesicherten Arbeitsplatz über das sichere Einkommen bis zur sicheren Rente. Wohlstand im 21. Jahrhundert hat seine 'Luxus'-Komponente verloren. Wohlhabend ist der, der sicher und sorgenfrei leben kann."

Das Wohlstandsbarometer setzt sich wie folgt zusammen: 39 Prozent für den ökonomischen Wohlstand, 12 Prozent für den ökologischen Wohlstand, 18 Prozent für den gesellschaftlichen Wohlstand, 31 Prozent für den individuellen Wohlstand. Das ernüchternde Ergebnis: In der ersten Erhebung ermittelt Ipsos einen Indexwert von 42,4 von 100. "Wenn man bedenkt, dass der Wert rein theoretisch zwischen 0 und 100 liegen kann, gibt es in einem reichen Land wie Deutschland  noch viel Luft nach oben", so Hans-Peter Drews, Managing Director von Ipsos Observer.

"In unsicheren Krisenzeiten hat der Wunsch nach Wohlstand mehr mit der Verhinderung von Angst, Not und Sorge als mit Geldausgeben und dem Genuss von Luxus und Überfluss zu tun. Zugespitzt in der Erkenntnis: Die fetten Jahre sind vorbei – das Schlaraffenland ist abgebrannt", so Opaschowski. "In den meisten Wohlstandswünschen der Bevölkerung geht es um Leib und Leben – und nicht um Glücksgefühle".

Fast drei Viertel der Deutschen (71 Prozent) "fühlen" sich erst wohlhabend, wenn sie materiell soweit abgesichert sind, dass sie "keine finanziellen Sorgen haben" müssen. Erst wenn das Einkommen (65 Prozent), der Arbeitsplatz und die Rente (62 Prozent) "sicher" sind, erlauben sie sich weitere Wohlstandsträume. Das Sicherheitsdenken überwiegt in Deutschland: "Keine Angst vor der Zukunft haben" (54 Prozent) heißt es für die Mehrheit der Bundesbürger. Wohlstand fängt bei ihnen mit dem Wohlfühlen an – vom "Sich-gesund-Fühlen" (53 Prozent) bis zur Gewissheit, "sich eine gute medizinische Versorgung leisten zu können" (54 Prozent). Und sozial gesehen sorgen erst die "guten Freunde" (43 Prozent) und der "Kontakt zu Familie und Verwandten" (40 Prozent) für Schutz und Sicherheit und – wenn es sein muss – auch für Hilfe in der Not.

Trotzdem wissen die Deutschen die gesellschaftlichen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte sehr wohl zu schätzen. „In Frieden mit den Mitmenschen leben“ (64 Prozent) und seine „Meinung frei äußern können“ (61 Prozent) werden als gesellschaftlicher Wohlstand hoch bewertet. Auch intensive Familienbeziehungen (64 Prozent) und die Pflege der Kontakte zu guten Freunden (58 Prozent) sorgen für Wohlergehen im eigenen Land. Dabei zeigt sich auch: Je mehr Menschen im Haushalt zusammenwohnen, desto glücklicher und gesünder fühlen sie sich. Nur jeder dritte Alleinlebende (33 Prozent) kann von sich sagen: „Ich bin glücklich“; das Glücksgefühl ist bei Vier-Personen-Haushalten deutlich höher (57 Prozent).

Die Ergebnisse deuteten auf einen grundlegenden Paradigmenwechsel vom Wohlleben zum Wohlergehen hin. Opaschowski: „Die Wohlstandsgesellschaft als Wegwerfgesellschaft war im ausgehenden 20. Jahrhundert noch ein großes Thema. Jetzt gleicht die Wohlstandsgesellschaft mehr einer Wohlfühl- und Wohlergehensgesellschaft, die ihren Bürgern soziale Sicherheit und soziale Wärme garantieren soll.“ Eine Botschaft, die Politiker, aber auch die konsumorientierte Werbebranche nicht ignorieren sollten.


Autor: Frauke Schobelt

koordiniert und steuert als Newschefin der W&V den täglichen Newsdienst und schreibt selber über alles Mögliche in den Kanälen von W&V Online. Sie hat ein Faible für nationale und internationale Kampagnen, Markengeschichten, die "Kreation des Tages" und die Nordsee. Und für den Kaffeeautomaten. Seit 2000 im Verlag W&V.