
Nazi-Vergangenheit:
Nein, danke: Preisträger will Henri-Nannen-Preis einschmelzen
Nicht nur, dass er mit seinem Preis nicht glücklich ist- der diesjährige Preisträger Jacob Appelbaum will den Kopf von Henri-Nannen auf seinem Preis einschmelzen lassen.
Nicht nur, dass er mit seinem Preis nicht glücklich ist- der diesjährige Preisträger Jacob Appelbaum will den Kopf von Henri-Nannen auf seinem Preis aus Protest einschmelzen lassen. "Ich lehne es ab, den Namen zu tragen und den Kopf eines Mannes zu präsentieren, der Propaganda für die Nazis gemacht hat", sagte Appelbaum bei seiner Rede zur Eröffnung des Festivals "Theater der Welt" in Mannheim. Prinzipiell hat der amerikanische Internet-Aktivist und Vertraute von NSA-Enthüller Edward Snowden nichts gegen den Preis und die Entscheidung der Jury. "Ich weise das Votum der Jury nicht zurück", sagte er. Appelbaum war vor einer Woche in Hamburg in der Kategorie Investigation ausgezeichnet worden.
"Wenn Jacob Appelbaum dies tun will, so müssen wir das respektieren", sagte der frühere Chefredakteur des "Stern" und Mitinitiator des Henri-Nannen-Preises, Thomas Osterkorn, zu der Ankündigung des Preisträgers. Allerdings sei es allgemein bekannt und vielfach beschrieben, dass Henri Nannen Ende des Zweiten Weltkriegs Mitglied einer Kriegsberichterstatter-Kompanie der Luftwaffe war. "Er hat daraus auch keinen Hehl gemacht und später mehrfach bedauert, was er damals an Propagandazeug geschrieben hatte", erklärte Osterkorn, der auch der Jury angehörte.
Osterkorn verteidigte weiter: Der "Stern" habe sich unter Nannens Führung intensiv mit der Nazi-Vergangenheit und den Verbrechen auseinandergesetzt. Nannen sei zudem einer der prominentesten Unterstützer von Willy Brandts Friedens- und Aussöhnungspolitik mit dem Osten gewesen. "Henri Nannen auf seine Aktivität in der Nazizeit zu reduzieren, ist also nicht angemessen", betonte Osterkorn.
Der DJV hat sich mittlerweile besorgt geäußert. "Der Henri-Nannen-Preis ist eine der höchsten Auszeichnungen für herausragende journalistische Leistungen und keine NS-Devotionalie", erklärte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Auch er betonte, dass die Rolle Henri Nannens in der Nazizeit genügend durchleuchtet worden sei, sich Nannen aber in der Nachkriegszeit wesentlich am Aufbau einer demokratischen Presse beteiligt habe. Konken sorgt sich um das Renommee des Preises. Es sei schwer nachvollziehbar, dass Appelbaum öffentlich über das Einschmelzen der Preisbüste nachdenke, die er gemeinsam mit neun weiteren Journalisten erhalten habe. "Für die Würdigung besonderer journalistischer Leistungen muss es auch künftig einen angesehenen Preis geben." aj/dpa