
Kommentar in "Campaign":
Nein zum "Brexit": So umgarnt David Cameron die britische Werbewirtschaft
Mit einem eindringlichen Appell, für den Verbleib in der EU zu stimmen, wendet sich der britische Premierminister David Cameron an die britische Werbebranche.

Foto: Gov.uk
Vom Verbleib in der Europäischen Union profitierten nicht nur britische Marken, sondern auch die Marke Großbritannien. So argumentiert der britische Premierminister David Cameron in einem Kommentar im Marketingfachblatt "Campaign" für seinen pro-europäischen Kurs. Darin appelliert Cameron an die britische Werbewirtschaft, sich klar gegen den "Brexit" zu stemmen und beim Referendum am 23. Juni für den Verbleib des Landes in der EU zu stimmen. Rund zwei Wochen vor der Volksbefragung liefern sich Befürworter und Gegner ein hartes Rennen um die Stimmen der Bürger.
Cameron wendet sich nun direkt an die britische Werbeindustrie und will sie als Multiplikator gewinnen. Er preist die Branche als "Zentrum der Kreativität", hebt Kampagnen wie "Meerkat" (Comparethemarket.com), "Man on the moon" (John Lewis) oder "Epic strut" (Moneysupermarket.com) hervor. Die Werbebranche ziehe viele Talente an und sei ein gesuchter Partner für internationale Werbekunden. Entsprechend hätten große Netzwerke wie Dentsu, Havas, Omnicom, Publicis Groupe und WPP massiv in Mitarbeiter und Standorte in Großbritannien investiert.
Das Land habe sich zu einer Drehscheibe für Marken weltweit entwickelt, die den europäischen Markt erobern wollen. Mehr als 35 Prozent ihrer Umsätze generierten die britischen Top-20-Agenturen im Ausland. Der wichtigste Markt: Europa. 2015 legte der britische Werbemarkt auf 20 Milliarden Pfund zu, der Verbleib in der EU sei der Garant für weiteres Wachstum, so Cameron. Denn dieser biete nicht nur den freien Zugang zum Binnenmarkt, Großbritannien könne auch dessen Regeln mitbestimmen. "This is vital for business", sagt der Premierminister.
Die EU-Gegner hätten dagegen keinen wirklichen Plan, wie es mit Großbritannien nach dem Ausstieg weitergehen soll. Ohne EU sieht Cameron für die Zukunft der britischen Wirtschaft eher schwarz: "It really is a leap into the dark for a part of our economy that, right now, is shining bright."
Seine Ansichten teilen offenbar auch viele britische Werber und Vermarkter. Laut einer Umfrage beim Branchenevent Media360 waren im Mai 85 Prozent der Befragten der Meinung, das ein Verbleib in der EU gut wäre für die britische Medienindustrie. Gegenüber "Campaign" spricht sich auch WPP-Chef Sir Martin Sorrell dafür aus:
"A vote to leave would be the equivalent of jumping into a black hole with unknown consequences, both political and economic."
Jerry Buhlmann, CEO des Dentsu Aegis Network, sagt:
"We would be trading our substantial ability to influence for a small amount of sovereignty if we were to come out. I also believe there is still a great opportunity for us in the EU. The single market is effective in regard to manufacturing but it still needs to be developed in terms of services."
Und von Paris aus meldet sich Maurice Lévy zu Wort, Chairman der Publicis Groupe:
We can’t but regret the Brexit referendum, which, like all referendums, will inescapably be manipulated. Yet there is still time for the UK to confirm its alliance with the EU. British people are not asked to give up their culture, their habits or way of life – quite the opposite. It is about firming up their vision, their commitment and their historical mark on the EU.
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Für Gesprächsstoff in Großbritannien sorgt derzeit auch der aktuelle Titel des "Spiegel". Zweisprachig wendet sich das Magazin direkt an die Briten und bittet: "Please don't go!".