Zu den Zeiten, als die Haselnüsse aus Georgien in Radebeul erst noch geknackt und geröstet werden mussten, war Hartmann noch Konditormeister im nahegelegenen Freital. Mitte der 90er Jahre kaufte er das Gelände des mittlerweile in Konkurs gegangenen Schokocremeherstellers und wollte hier Backwaren produzieren. „Dann meinte ein Journalist bei einem Termin, dass doch hier mal Nudossi vom Band lief. Ja klar, hab ich gesagt, das kommt auch wieder“, erinnert sich Hartmann und schmunzelt heute über diesen spontanen Scherz. Denn gesagt, gedruckt: Am nächsten Tag waren die Zeitungen voll mit der Nachricht, Hartmann sah sich unter Zugzwang. Er erwarb die inzwischen beim MDR liegenden Markenrechte, besorgte sich das Nudossi-Rezept. 1999 schließlich jubelten viele Ost-Naschmäuler: Die Marke startete in ihr zweites Leben.

Kurz darauf aber schien der Aufstieg schon vorbei: 2005 wollten die Banken mehr Sicherheiten für Kredite. Hartmann jedoch konnte nicht zahlen. Es kam zur Insolvenz, Tausende Schokofans schickten Solidaritätspost und wollten für den Betrieb spenden. Bei Ebay wurde der 200-Gramm-Becher Nudossi teils für zehn Euro gehandelt. Doch alles renkte sich wieder ein, Hartmann kaufte 2007 den Betrieb wieder zurück, Teil 3 der „Nudossi“-Story begann. Und es läuft gut, besonders seit dem Ritterschlag durch „Öko-Test“: „Wir sind bis jetzt immer am Wachsen“, so der Firmenchef. Etwa 1250 Tonnen Nuss-Nougat-Creme, das sind in etwa fünf Millionen Becher, gehen pro Jahr über die Ladentische.

Die effektivste Werbung für „Nudossi“ ist wie bei etlichen Ostprodukten sicher die Mundpropaganda. Seit kurzem hat die Schokocreme-Legende ihr eigenes Buch: Der Dresdner Jürgen Helfricht sammelte in „Der Nudossi-Code“ Geschichten, Backrezepte und Kochideen. Auch in der kommerziellen Werbung hört und sieht man von dem 34 Mitarbeiter zählenden Betrieb derzeit einiges: Radiospots laufen bei Regionalsendern, im MDR-Fernsehen präsentierte ein “Nudossi“-Clip das Wetter, auch bei Sat.1 habe seine Firma zwei Monate lang Werbung gemacht (hier sind die Spots) .Mehr aber wolle man nicht: TV-Spots seien teuer, gibt Hartmann zu bedenken. Der Radebeuler Firmenlenker wirtschaftet lieber solide, geht keine Schulden ein und bevorzugt es eine Nummer kleiner. Die meisten Werbeideen entstehen deshalb auch im Haus. Bei etwa 400.000 Euro pro Jahr liege das Budget, das auch Werbung im Handel umfasst sowie Sponsoring.

Sich auf das Wichtige konzentrieren, das macht die Firma auch im Internet. Die Nudossi.de-Website bietet in erster Linie das, was Naschkatzen am häufigsten suchen: Produkte, Händler-Karte, Infos zum Fabrikverkauf sowie den Onlineshop (der übrigens wie die gesamte Firma eine längere Weihnachtspause macht). Nichts leider über die interessante Geschichte der Marke oder etwa darüber, wie die leckere Frühstückscreme entsteht. Auch auf der "Nudossi"-Facebook-Seite – immerhin fast 7.400 Fans – tut sich seit Monaten nichts mehr, die Nutzer erfahren auf Fragen und auf Lob (ein Fan schwärmt von Nudossi als „das braune Gold aus Radebeul“) keine Antwort. Für das Thema Internet bleibe nicht ausreichend Zeit und Manpower, schiebt Karl-Heinz Hartmann ein.

Der Chef weiß, welch große Bedeutung die Marke Nudossi für seinen Betrieb hat: „Ohne wären wir vielleicht schon tot“, meint er. „Solch ein Zugpferd braucht man, um zu verkaufen“. Die Nusscreme ist das Aushängeschild der Firma, die noch viele andere Leckereien anbietet: Stollenkonfekt mit Bratapfel-, Mohn- und Marzipangeschmack, Christstollen, die Keks-Schoko-Tradition „Kalter Hund“ oder Pralinen.  

45 Jahre gibt es „Nudossi“ übrigens mittlerweile – der Betrieb feiert‘s mit einem kleinen Booklet auf den Bechern. Darauf schlängelt sich ein Ährenkranz aus Haselnüssen und ein rotes Fahnenbanner ums Jubiläumsjahr. Ein Bezug auf die DDR-Zeit mit Augenzwinkern. Denn: „Wir haben auch Vernünftiges produziert“, meint Karl-Heinz Hartmann. Viele Schokofans werden ihm zustimmen.