
TV-Vermarktung:
Olympia in Sotschi: Keine Zurückhaltung bei Werbekunden
So viel wie noch nie nimmt NBC durch die Übertragung von Sotschi 2014 ein. In Deutschland hat die heiße Buchungsphase eben begonnen. ARD und ZDF setzen auf die traditionell hohen Quoten von Winterspielen - und den dreistündigen Zeitunterschied.
In knapp zwei Monaten beginnen die Olympischen Winterspiele (7.-23. Februar 2014) und alles scheint wie immer. Ein mediales Großgewitter geht über die Macher und Planer von Sotschi 2014 nieder, das in ähnlicher Form bereits Peking (Olympia 2008), die Ukraine (Fußball-EM 2012), Südafrika (Fußball-WM 2010) oder aktuell Brasilien (Fußball-WM 2014) getroffen hat. Stets geht es dabei um Fehlinvestitionen und Gigantismus – in Sotschi wird alles von Grund auf errichtet – , meistens auch um Umweltzerstörung: gravierende Vorwürfe, die jedoch stets pünktlich zur Eröffnung verstummen.
Medaillen und Tore, fröhliche Athleten, feiernde Stadionbesucher: Immer wieder aufs Neue entsteht bei sportlichen Großveranstaltungen eine Stimmung, die Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt in ihren Bann zieht und alle Probleme verdrängt. In Sotschi wird es nicht anders sein – trotz der Absage von Bundespräsident Joachim Gauck. Das wissen auch die Werbekunden.
In den USA ist das Rennen schon lange gelaufen. NBC, der übertragende Sender, meldet Rekordbuchungen von 800 Millionen Dollar. Noch nie zuvor nahm ein amerikanischer Sender so viel Geld durch Werbung bei Olympischen Winterspielen ein. Die Messlatte für Sommerspiele hatte kürzlich London mit über einer Milliarde Dollar an Werbeeinnahmen gesetzt. Politik sei in den Verkaufsgesprächen nie ein Hinderungsgrund gewesen, erklärte Seth Winter, Vice President Sales and Marketing bei NBC, gegenüber „Advertising Age“. Weder für Erstkunden wie Liberty Mutual oder BP noch für IOC-Sponsoren wie Coca-Cola, Procter&Gamble oder McDonald’s.
Bei den deutschen Rechteinhabern kommen die stärksten Monate noch, versichern Uwe Esser, Geschäftsführer TV-Vermarktung ARD Werbung und Christoph Lüken, Marketingleiter ZDF Werbefernsehen. Nach Ablauf des Vorrechts für die Olympia-Sponsoren ist der freie Verkauf erst vor wenigen Tagen gestartet. "Die werbende Wirtschaft weiß um die hohen Quoten, die Olympische Winterspiele traditionell erzielen," glaubt Esser. "Deutschland ist eine Wintersportnation. Da trifft zusammen, was zusammen gehört."
In der Tat hat kein anderes Land mehr Goldmedaillen bei Winterspielen errungen, allein in Vancouver waren es zehn. Zwar kann auch Olympia nicht mit König Fußball konkurrieren, denn bei durchschnittlichen Quoten von rund drei Millionen Fernsehzuschauern, die vor vier Jahren in Kanada erzielt wurden, wären TV-Kicks schon in der Diskussion. In der Spitze allerdings hält der Vergleich stand: Biathlon-Wettbewerbe schaffen schon mal zweistellige Millionenzahlen, Ski Alpin ist bei aussichtsreicher Beteiligung von DSV-Aktiven ebenfalls für hohe Quoten um neun Millionen gut. Sehr beliebt sind auch Rodeln/Bob, Eisschnelllauf und Eiskunstlauf.
"Sehr positiv bemerkbar macht sich bei diesen Winterspielen, dass fast alle Entscheidungen vor 20 Uhr fallen", sagt Esser. Der Zeitunterschied zu Sotschi beträgt drei Stunden. Wenn dort 19 Uhr ist, schlägt es in Berlin 16 Uhr. Heißt für die öffentlich-rechtlichen Vermarkter: Freie Fahrt bei allen Übertragungen. Im Angebot sind neben den klassischen Werbeblöcken auch Solospots und Splitscreen-Pakete. Namen von Werbekunden will man bei ARD und ZDF nicht nennen, von den beiden bereits in London aktiven Programmsponsoren Audi und Sparkassen-Finanzgruppe einmal abgesehen.
Viel erwartet sich Esser aus dem Kreise der DOSB-Sponsoren, zu denen auch die beiden Programmsponsoren gehören, während die IOC-Förderer während der Spiele traditionell „eher zurückhaltend“ in Deutschland werben würden. Dazu nennt der ARD-Vermarkter die Branchen Automobil – Audi, BMW, Hyundai und Hondawerben seit einigen Jahren massiv bei Wintersport-Events – und Tourismus als besonders Olympia-affin. Fest steht: Die beiden öffentlich-rechtlichen TV-Sender wollen von Olympia so umfangreich berichten wie noch nie bei Winterspielen - und dabei besonders kritisch sein.