
Interview: Matt Crystal:
Pinterest: "Die europäischen Märkte sind entscheidend"
Die bildstarke Content-Discovery-Plattform Pinterest drängt nach Europa. Matt Crystal, Head of International, gibt Einblicke in die Pläne für das
Berliner Büro – und die Entwicklung eines zuerst mobil gedachten Entdeckungsdienstes.
Um Pinterest herrschte in den letzten Jahren ein wahrer Hype: Der Siegeszug der visuellen Kommunikation wurde ausgerufen, Marken und E-Commerce-Anbieter betrachteten mit großem Interesse die Entwicklung der Plattform für visuelles Entdecken und Inspiration, wie Pinterest sich selbst beschreibt.Mit Promoted Pins testen aktuell Marken wie Gap, Kraft oder Target Werbeplatzierungen auf der Plattform. Und die bildstarke Content-Discovery-Plattform selbst drängt nach Europa. Matt Crystal, Head of International, gibt Einblicke in die Pläne für das Berliner Büro – und die Entwicklung zu einem Mobile-First-Unternehmen.
Herr Crystal, Pinterest hat 2012 und 2013 viel Aufmerksamkeit erhalten. Viele lobten den optischen Ansatz und wie gut es für einige als Traffic-Bringer funktionierte, gerade im E-Commerce oder für Marken. Die letzten Monate war es ruhiger, aber Sie und das Team waren recht beschäftigt.
Ja. In diesem Jahr stehen für uns drei Dinge im Fokus: Unsere internationale Expansion, der Start eines Produkts zur Monetarisierung und Innovationen für den Mobilbereich. Wir haben kürzlich die Beta unseres Werbeprodukts vorgestellt. Das war vorrangig für uns, denn natürlich wollen wir ein nachhaltiges Geschäft aufbauen. Mit unserem Konzept sind wir sehr zufrieden, denn wir glauben, dass es die User Experience wirklich verbessert. Ich weiß, dass das viele andere Plattformen auch sagen – und ich denke, die meisten davon tun’s nicht. Aber denken Sie darüber nach, für was Menschen Pinterest verwenden: In Wahrheit ist das meiste davon irgendwo mit kommerziellen Aktivitäten verbunden, ob ich nun eine Reise plane oder mein Haus renoviere.
Sie sind auch gerade dabei, Auslandsbüros zu eröffnen.
Europa und speziell Deutschland stellen da für uns sehr wichtige Märkte dar. In Deutschland sind wir im letzten Jahr um 150 Prozent gewachsen. Im Moment bauen wir ein kleines Team von drei Personen in Berlin auf. Loslegen wollen wir im Juli.
Welche Aufgaben hat das Team? Ist es ein Sales-Büro?
Nein. Im Moment fokussiert sich unsere Monetarisierungsstrategie komplett auf die USA. Wir haben keine Timeline, wann wir das auch international starten werden. Die Teams, die wir im Moment – auch in Berlin – aufbauen, konzentrieren sich darauf, Nutzerwachstum und Nutzer-Engagement auszubauen Zum zweiten lokales Marketing – Facebook, Twitter und Community-Aufbau. Wir identifizieren die interessantesten und einflussreichsten Nutzer und Blogger und sprechen die on- wie offline an. Und sie arbeiten an Partnerschaften mit Marken, Publishern und Bloggern. Nur zwei Prozent der Inhalte auf Pinterest sind nutzergeneriert. Nutzer pinnen Inhalte aus dem Web an ihre Boards bei uns.
Sie erreichen rund 60 bis 70 Millionen Nutzer weltweit. Welche Rolle spielen die europäischen Märkte da bereits und wie groß fällt das Interesse dort aus?
Die europäischen Märkte sind entscheidend für uns. Im Moment stammen 70 Prozent unserer Nutzer aus den USA. Da wir außerhalb der USA stark wachsen, wird sich dieses Verhältnis sicher verschieben. Wir sehen großes Potenzial in Europa – drei unserer vier internationalen Teams sind hier.
Zurück zur Monetarisierung und Promoted Pins: Wie fällt die erste Resonanz von Markenseite aus und wie groß ist der Beratungsaufwand?
Es ist noch sehr früh, wir lernen noch, gemeinsam mit einer kleinen Gruppe von Werbungtreibenden. Aber aus Nutzerperspektive betrachtet müssen wir ein Produkt bieten, dass die User Experience sogar verbessert. Wir müssen da ganz transparent vorgehen. Jeder Promoted Pin ist ganz klar als Anzeige gekennzeichnet – und die Nutzer können direkt Feedback zu den Ads geben.
Sie waren – wie eingangs erwähnt – ein Pionier eines bestimmten visuellen Kommunikationsstils. Oft sagen andere "wir haben das im Pinterest-Stil gestaltet". Dieser visuelle Stil ist auch gerade für Mobile gut geeignet. Können Sie ein paar Einblicke in Ihre Erfahrungen geben?
Die Kernerkenntnis in Bezug auf Design ist: Es gibt bestimmte Arten von Information, die sich visuell besser konsumieren lassen. Die Kombination eines Grids und des Scrollens ermöglicht es Menschen, eine große Menge von Information schnell aufzunehmen. Ein paar Beispiele, wie wir hier noch weiter Innovationen schaffen: Wir haben kürzlich Guided Search gestartet – ein zuerst mobil verfügbares Search and Discovery Product. Damit können sich Nutzer immer tiefer in die Dinge hineinarbeiten, die sie interessieren. Von Schuhen zu Laufschuhen zu Marken. Das funktioniert rein über visuelle Eindrücke und ist komplett mit einer Hand bedienbar – eben auf Mobile ausgerichtet.
Welche Rolle spielt die Mobilnutzung bei Pinterest bereits?
75 Prozent unserer globalen Nutzung entfällt auf Mobilgeräte. Und diese Zahl wird nur steigen. Daher ging es uns darum, uns wirklich in eine "Mobile First"-Firma zu verwandeln. Wir haben viele unsere Web Engineers zu Mobile Engineers fortgebildet, führen unsere Produktentwicklung zuerst in den mobilen Versionen ein und denken jetzt mobile first.
Die ursprüngliche Fassung dieses Interviews erschien im Kontakter 23/2014. Abo?