
Antikorruptionsgesetz:
So bekämpft Frankreich Intransparenz im Mediageschäft
Nicht nur in Deutschland stehen Mediaagenturen wegen ihrer Geschäftspraktiken in der Kritik. Auch andere Länder ringen um mehr Transparenz im Mediageschäft. Frankreich verschärft nun sein Antikorruptionsgesetz und weitet es auf die digitale Medienwelt aus.
Nicht nur in Deutschland stehen Mediaagenturen wegen ihrer Geschäftspraktiken in der Kritik. Auch andere Länder ringen um mehr Transparenz im Mediageschäft. Um Korruption in der Wirtschaft zu begegnen hat etwa Frankreich bereits 1993 das sogenannte Sapin-Gesetz ("Loi Sapin") eingeführt. Es soll damals wie heute unter anderem der Intransparenz im Mediageschäft entgegenwirken. Im Juli haben die französischen Politiker eine Gesetzesänderung beschlossen, die das 23 Jahre alte Gesetz auch auf die digitale Medienwelt übertragen soll.
Das Loi Sapin war eingeführt worden, um die Medien vor dem Druck durch Tradinggeschäfte und Kickbackforderungen der Agenturen zu schützen und zu verhindern, dass sie zum Spielball der mächtigen Agenturnetworks werden. Große Networks wie Havas hatten mit dem systematischen Aufkauf von Werbeflächen begonnen, um sie auf eigene Rechnung weiterzuvermarkten.
"Das Gesetz hat für mehr Transparenz im Verhältnis zwischen Werbekunden und Agenturen gesorgt und verhindert, dass Medien der Willkür von Agenturen ausgeliefert sind," bilanziert Pierre-Jean Bozo, Geschäftsführer des Werbekundenverbands Union des Annonceurs (UDA), auf Anfrage von W&V. Die UDA ist das französische Pendant des deutschen Werbekundenverbands OWM. Das Loi Sapin habe auch dazu geführt, dass die Agenturen sich wieder mehr auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren, unabhängige Mediaempfehlungen abzugeben, sagt Bozo.
Das Aufkommen neuer digitaler Werbeformen hat aber in den letzten Jahren wieder für mehr Intransparenz gesorgt. Dies will die Regierung nun mit der beschlossenen Gesetzesänderung abstellen. Die Details werden derzeit noch ausgearbeitet, das Gesetz soll bis September in Kraft treten, spätestens aber Ende des Jahres.
Es gestalte sich diffizil, den Preis von Werbeflächen in digitalen Paketen herauszurechnen, sagt Bozo. Denn dort werden nicht nur Reichweiten aggregiert. Die Reichweitenpakete werden zudem mit Daten angereichert. Es gelte, die Kosten für Werbeflächen zu extrahieren von den Kosten, die für die Datenanreicherung anfallen, sagt Bozo. Werbekunden und Medien begrüßen die Erweiterung des Loi Sapin. Die Übertragung des Gesetzes auf das digitale Mediabusiness sei eine nötige Antwort auf die zunehmende Intransparenz im Programmatic Buying und Trading von digitalem Werbeinventar.
Das Sapin-Gesetz und seine aktuelle Neufassung sind auch in der deutschen Werbebranche derzeit ein Thema. Mediaagenturen stehen hierzulande wegen undurchsichtiger Geschäfte mit Medien aktuell in der Kritik. Der frühere RTL-Geschäftsführer Helmut Thoma fordert ein „Lex Gabriel“ nach französischem Vorbild.
Einen Überblick zur Situation und zur Gesetzeslage in Frankreich und anderen Werbemärkten finden Sie in der aktuellen Ausgabe der W&V.