
Spiegel: Euro-Krise belastet den Verlag
Spiegel-Verlagschef Ove Saffe rechnet mit einem Print-Minus - und sieht keine Chance, die TV-Mannschaft von "Kerner" weiter zu beschäftigen. Großen Teilen der rund 39 Mitarbeiter droht die Kündigung.
Der Spiegel-Verlag dürfte von den Turbulenzen an den weltweiten Finanzmärkten nicht verschont bleiben. Spiegel-Verlagschef Ove Saffe rechnet damit, dass das Printhaus im nächsten Jahr einen "Erlösrückgang hinnehmen“ muss. Als Grund hierfür führt er unter anderem die Euro-Krise an, die sich auch auf das Anzeigengeschäft auswirken dürfte. Eine genaue Umsatzprognose für 2012 wagte er deshalb nicht. Für 2011 erwartet er einen Nettoumsatz von rund 325 Millonen Euro. Er lag im vergangenen Jahr bei 319,9 Millionen Euro. Damit wäre die Spiegel-Gruppe 2011 gegenüber dem Vorjahr nur um knapp zwei Prozent gewachsen. Die Umsatzrendite bewegt sich 2011 im "zweistelligen Prozentbereich“, heißt es. Absolute Zahlen zum Gewinn verschweigt er.
Im Anzeigengeschäft erwartet Saffe für 2011 einen Erlös, der auf "Vorjahresniveau oder etwas darunter“ liegt. Eine genaue Prognose wagt er auch hier nicht, da die Zahlen im 4. Quartal noch deutlich schwanken könnten. Der Vertriebsumsatz sei hingegen gestiegen, heißt es. Er dürfte wohl auch im nächsten Jahr weiter wachsen, da Saffe für den Spiegel-Print eine Copypreis-Erhöhung nicht ausschließen wollte. Ohnehin hat das Vertriebsgeschäft in den vergangenen Jahren deutlich an Stellenwert gewonnen. Bewegte sich der Vertriebsumsatz im Jahr 2000 noch bei 37,1 Prozent, macht er inzwischen 60,5 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Gleichermaßen hat das Anzeigengeschäft deutlich an Gewicht in der Erlösstruktur verloren. Es trägt nur noch 39,5 Prozent am Umsatz des Spiegel-Verlags bei.
Große Probleme bereiten ihm derzeit Spiegel TV, die Fernsehtochter des Verlagshauses. Denn das Aus für das Sat.1-Magazin "Kerner“ hat bei der Spiegel TV Infotainment Entlassungen zur Folge. „Die Mannschaft können wir nicht weiterbeschäftigen. Dies ist das normale Leben“, erklärt Ove Saffe, Chef des Spiegel-Verlags, in Hamburg. Wie viele Leute entlassen werden sollen, wollte er aber nicht sagen. Bei Studio TV Infotainment sind 39 Mitarbeiter beschäftigt. Ein großer Teil der Belegschaft produziert das Magazin "Kerner“, das zum Jahresende eingestellt wird.
Der Wegfall des Magazins hat auch deutliche Auswirkungen auf die Ertragslage von Spiegel TV, der Fernsehtochter des Spiegel Verlags. So rutscht die Gesellschaft in diesem Jahr erneut in die roten Zahlen. Grund hierfür sind vor allem die Rückstellungen für Restrukturierungsaufwendungen. Sie resultieren aus den bevorstehenden Entlassungen bei der Spiegel TV Infotainment. Insgesamt wird die Fernsehtochter des Spiegel bei einem Umsatz von 45 Millionen Euro einen Fehlbetrag ausweisen. Über die Höhe des Verlustes machte Saffe aber keine Angaben. Spiegel TV beschäftigt mehr als 220 Mitarbeiter.
Um das Wachstum der Spiegel-Gruppe weiter voranzutreiben, plant Saffe im Print sowie im digitalen Bereich weitere Ableger. „Wir ruhen uns nicht auf unseren Erfolg aus“, betont der Verlagsgeschäftsführer. Als Ableger hatte das mittelständisch-orientierte Printhaus unter anderem für Kinder „Dein Spiegel“ gegründet, der sich inzwischen am Markt etablieren konnte. Ob und wann der Verlag neue Produkte starten will, wollte er aber nicht sagen. Dennoch deutete er den Wissens- und Geschichtsbereich als mögliche Segmente an.
Besonders stolz ist Saffe auf den Neubau der Spiegel-Gebäude an der Ericus-Spitze in der Hafen-City. Print, Online und TV würden von hier künftig unter einem Dach produziert, heißt es. In den vergangenen Jahren wurden die Bereiche an unterschiedlichen Standorten in der Hansestadt erstellt. So kam die Print-Ausgabe des Spiegel 42 Jahre lang aus dem Spiegel-Haus an der Brandstwiete.
Um den deutlich schwieriger gewordenen Anforderungen des Mediengeschäfts gerecht zu werden, entschloss sich deshalb die Spiegel-Gruppe, ihre gesamten Aktivitäten in ein multimedial und funktional eingerichtetes Haus zusammen zu ziehen. Konzipiert wurde der angeblich 110 Mill. Euro teure Gebäudekomplex durch das dänische Architektenbüro Henning Larsen. Auffällig ist die lichtdurchflutete Architektur des Hauses aus viel Glas, Stahl und Beton. Besonders beeindruckend ist die Innenleben des 13-stöckigen Hochhauses. Hier eröffnet sich Besuchern ein haushohes Atrium, das von Brücken und Treppen durchzogen wird. Sie verbinden die einzelnen Etagen, um die Kommunikation innerhalb der Spiegel-Gruppe zu erleichtern. Teilweise erinnert das Artrium an das Innere des in der Nähe gelegenen Side-Hotels, einer der wenigen Design-Hotels in Hamburg.
Doch der Neubau hat auch seine Schattenseiten. Denn eine ehrwürdige Institution des Spiegel-Verlags opferte die Geschäftsführung: die Kaffee-Damen. Sie servierten jahrelang Kaffee an die Tische von Redaktions- und Verlagsangestellten im Spiegel-Gebäude an der Brandstwiete. Die Kaffee-Damen wurden durch eine Snackbar in der Mitte des Hauses ersetzt, wo nun Mitarbeiter kostenlos ihren Muntermacher trinken können.