
Interview:
Starcom-Chef Jacob: "Wir sind keine traditionelle Mediaagentur mehr"
"Die Kunden müssen sich schneller verändern – auch in einem konservativen Markt wie Deutschland", fordert Iain Jacob, Europachef der Starcom Mediavest Group. Jacob sieht Starcom als eine "Agentur neuen Typs" - getrieben von Digital, Content und Data.
"Die Kunden müssen sich schneller verändern – auch in einem konservativen Markt wie Deutschland", fordert Iain Jacob, Europachef der Starcom Mediavest Group. Jacob sieht Starcom als eine "Agentur neuen Typs" - getrieben von Digital, Content und Data. Unsere Redakteurin Brigitte Bauer hat mit ihm gesprochen.
Herr Jacob, Starcom hat in Deutschland vor Kurzem Akom360 übernommen. Was waren die Gründe dafür?
Wir waren auf der Suche nach einem starken Digitalgeschäft, das es uns ermöglicht, ein besserer Partner für unsere Kunden zu sein. Zudem befinden wir uns in Deutschland in einem sehr anspruchsvollen Markt. Wir wollen schneller wachsen und sicherstellen, dass wir die digitale und integrierte Gruppe in Deutschland sind. Die Kunden müssen sich schneller verändern – auch in einem konservativen Markt wie Deutschland. Wir helfen ihnen bei der digitalen Veränderung. Wir haben uns einige Digitalagenturen angeschaut und werden uns übrigens noch viele andere ansehen. Akom360 ist ein starker Partner für uns. Sie sind eine führende Agentur im Social Web, Social Content, in Mobile und Data. Damit können wir unseren Kunden zeigen, dass wir uns auf dem Weg der digitalen Evolution befinden. Curt Simon Harlinghausen ist zudem ein smarter Geschäftsführer mit einem großartigen Charakter. Er und Stefan Uhl, der mit Starcom Mediavest in Deutschland ein starkes und hoch digitalisiertes Geschäft aufgebaut hat, werden gemeinsam ein schlagkräftiges und integriertes Unternehmen schaffen.
Nach welchen anderen Agenturen halten Sie Ausschau?
Erst einmal ist es unser Job, Akom360 in unsere Familie zu integrieren und die Vorteile jeweils für Akom360- und Starcom-Kunden herauszufinden.
Starcom ist die größte Mediaagentur der Welt. In Deutschland haben Sie laut Recma einen Marktanteil von 1,2 Prozent. Damit können Sie nicht zufrieden sein.
Ich glaube, diese Rankings sind nicht immer die besten Maßeinheiten, um die Leistungsfähigkeit von Agenturen zu beurteilen. Wachstum und Zukunftsfähigkeit zählen. Wir haben Wachstumsambitionen. Wir haben uns verändert, wir wachsen schnell, und das ist wichtig, denn die nächsten drei Jahre könnten dramatisch werden.
Welche Trends sehen Sie denn für die nahe Zukunft?
Wenn sie sich überlegen, dass sich jeder Mensch unter 35 Jahren Videos und Filme vor allem noch auf seinem Handy anschaut, sieht man, dass sich die Nutzung komplett verändert. Und die konservativen Rollenmodelle bereiten nicht auf diese neue Welt vor. Also versuchen wir, uns global zu positionieren, um sicher zu sein, dass wir die leitende Rolle in Mobile und Data innehaben. Wir übernehmen nicht nur in Deutschland Agenturen, so dass wir mit der gesamten Gruppe Deutschland unterstützen können, indem wir neue Technologien und Know-how aus anderen Ländern einbringen.
Sie haben vor zweieinhalb Jahren in W&V angekündigt, in Deutschland wachsen zu wollen. Ihr Ziel, unter die Top Ten zu kommen, ist aber immer noch nicht erreicht. Warum ist der deutsche Markt für Sie so schwierig?
Ich würde den deutschen Markt nicht als schwierig bezeichnen, sondern als wichtig. Für uns ist es ein absolut strategischer Markt. Europa ist eine wichtige Region. Wir glauben, dass der Markt hier bereit ist für einen neuen Ansatz und dass wir einer der wichtigen Player werden müssen. Mit Akom360 sind wir dafür genau richtig positioniert. Bisher sind wir eine der ganz wenigen Agenturen in Deutschland, die diesen digitalen Fokus und Ansatz bewiesen hat. Es gibt nur wenige digitale Player im Markt. Wir liefern ein integriertes Angebot, und das ist genau das, was die Kunden brauchen.
Können Sie ein paar deutsche Kunden nennen?
Asics, Airbnb, Honda, Samsung und Lorenz Snack-World, Trentino, Brown-Forman, Desigual, Deutsche Bank (Brand Communication). Allein 2014 sind 15 neue Kunden dazugekommen. Dazu kommen Metro, Lego, AOK, Mercedes-Benz und Holidaycheck, welche Akom360 einbringt.
Curt Simon Harlinghausen wird den Posten des Chief Digital Officers des internationalen Agenturnetworks für die EMEA-Region bekleiden. Was genau sind seine Aufgaben?
Simon wird unseren digitalen Führungsanspruch europaweit vorantreiben und Schlüsselplattformen für eine optimale Vernetzung innerhalb der Region schaffen. Er ist im digitalen Markt super vernetzt und sehr bekannt. Dafür bieten wir Simon sehr viel Unterstützung.
Mediaagenturen bieten inzwischen auch Kreation an, und Kreativagenturen bieten Mediadienstleistungen an. Ihr Kunde Coca-Cola lässt derzeit Kreativ- und Mediaagenturen gegeneinander pitchen. Sie steigen in den Ring mit Universal McCann, Mediacom and Carat/Dentsu. Wie sehen Sie Starcom? Ist Starcom noch eine Mediaagentur?
Wir nennen uns selbst Human Experience Agency. Es geht nicht darum, Werbung zu platzieren, sondern Erfahrungen für Konsumenten zu schaffen und die Motivation zur Interaktion zu fördern. Wir befinden uns seit sechs Jahren auf einer Reise, um unser Geschäft umzuwandeln. Wir sind keine traditionelle Mediaagentur mehr, auch nicht in Deutschland. Stefan Uhl und sein deutsches Starcom-Mediavest-Team haben hier bereits eine von Digital, Content und Data getriebene Agentur eines neuen Typus aufgebaut. Jetzt gehen wir noch einen Schritt weiter. Wir wollen Content generieren, der in das Innere der Marke vordringt. Wir pitchen mit Digitalagenturen oder Kreativagenturen, also in einem weiter gefassten Umfeld. Das ist sehr spannend.
Haben Sie vor den anderen Agenturen Angst?
Ich habe vor nichts Angst (lacht). Das sind tolle Wettbewerber, die ich sehr respektiere. Ich wäre sehr viel ängstlicher, wenn ich fühlte, dass wir uns nicht auf der Höhe des Markts entwickeln. Wenn ich sähe, dass meine Märkte und Länder nicht mit der Zeit gehen, dann würde ich ängstlich.
In Deutschland gibt es viele Projekt-Pitches. Ist das hart?
Die Consumer-Landschaft hat sich dramatisch verändert, auch im Hinblick auf Mobile. Wenn Sie als Kunde verunsichert sind und negative Nachrichten über den Markt oder Agenturen hören und nicht genau wissen, ob die Beziehung mit einem Dienstleister noch zum Unternehmen passt, dann ruft das einen Pitch auf den Plan. Wir sehen gerade sehr viele dieser Fälle.
Was brauchen die großen Marken?
Wir wollen ein Partner sein, der smart genug ist, um Marken zum Marktführer zu machen. Ein Partner, der gewillt ist, bei einer Neupositionierung zu helfen. Um auf Akom360 zurückzukommen: Wir investieren in Deutschland, damit wir genau das für unsere Kunden vor Ort leisten können. Die Erwartungen unserer Kunden sind ein seriöses Investment in die Zukunft.