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Städteranking: "Berlin kommt nicht aus dem Niveaukeller"
Der neunte Städtevergleich der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und der "WirtschaftsWoche" (WiWo) bescheinigt: München hat das höchste Niveau und glänzenden Gründergeist. Magdeburg und Oldenburg sind besonders dynamisch - Berlin dagegen krankt in vielen Bereichen.
Diese Steilvorlage wird das Stadtmarketing von Magdeburg und Oldenburg freuen: Die beiden Städte dürfen sich Dynamik-Champions 2012 nennen. So ausgezeichnet wurden sie jetzt im neunten Städtevergleich der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und der "WirtschaftsWoche" (WiWo). Auch München wird hochgelobt - die bayerische Metropole ist demnach die Nummer 1 beim Niveau und glänzt mit Gründergeist.
Die Wissenschaftler ziehen für den Vergleich mehr als 90 sozioökonomische Indikatoren heran. Nach München punkten auch Stuttgart und Münster mit besonders hohen Niveauwerten, Magdeburg ist vor Oldenburg und Kassel Dynamiksieger. Die Ergebnisse wurden am Donnerstag in Berlin präsentiert. Der Bundeshauptstadt selber wird eine recht gute Dynamik (Gesamtrang 9) bescheinigt. In vielen Bereichen komme Berlin jedoch "nicht aus dem Niveaukeller", so die Autoren. Da landet die Stadt nur auf Platz 47 - von 50.
München punktet dagegen mit der niedrigsten Arbeitslosenquote im Vergleich, dem größten Wohlstand sowie der höchsten Einkommensteuerkraft aller 50 Städte. Die bayerische Hauptstadt hat den geringsten Anteil an ALG-II-Empfängern und die nach Freiburg wenigsten privaten Schuldner. Die hohe öffentliche Sicherheit - München hat die wenigsten gemeldeten Straftaten im Vergleich – zeuge von einer gesunden Sozialstruktur. Auch die hohe Zahl an Unternehmensgründungen bringen die Stadt im Ranking nach vorne - vor allem im IT-Bereich entstehen in München neben Berlin nach einer Studie von Bitkom die meisten Start-ups. Dazu INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr: "Hier wächst Neues auf dem Fundament der seit jeher erfolgreichen bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Auf diese Weise sind in München bundesweit einmalige Wissens-Cluster entstanden. Hier wird die Wertschöpfung von morgen ausgebrütet."
Sieger des Dynamikvergleichs ist Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt Magdeburg. Nirgendwo verbesserte sich die Arbeitslosenquote so stark wie dort: Sie sank zwischen 2006 und 2011 um 7,2 Prozent. Der Aufholprozess sei jedoch noch längst nicht abgeschlossen, im Niveauranking landet Magdeburg nur auf Platz 40. Doch der Wohlstand steigt: Überdurchschnittlich (um 41,8 Prozent, Rang 6) ist in Magdeburg die Einkommensteuerkraft gestiegen. Henning Krumrey, stellvertretender Chefredakteur der "WirtschaftsWoche": "Gründe für die positive Entwicklung Magdeburgs sind in der Konzentration auf traditionelle Maschinenbau-kompetenzen zu finden. Der international erfolgreiche Windkraftanlagenhersteller Enercon zählt hier zu den größten Arbeitgebern. Aber auch bei den Neurowissenschaften profitiert der Standort von einer engen Verknüpfung der Wirtschaft mit spezialisierten Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen. Hier ist Magdeburg längst nicht mehr nur verlängerte Werkbank."
Knapp dahinter landet Oldenburg im Dynamik-Ranking, die Stadt profiliert sich besonders im Bereich Erneuerbare Energien. Die Zahl der Arbeitsplätze stieg hier in der Zeit von 2006 bis 2011 um 16,2 Prozent – Rang 3 bei einem Mittelwert von 9,4 Prozent. Der Anteil Hochqualifizierter wuchs um 2,1 Prozentpunkte – Platz 5. Nirgendwo verbesserte sich der Wohlstand so stark. Lob gibt es für die Wirtschaftsfreundlichkeit der Stadtverwaltung (Rang 12), diese beurteilen Unternehmen in einer Befragung des Umfragezentrums Bonn überdurchschnittlich positiv. Auch mit einem günstigen Gewerbesteuerhebesatz (Rang 7) lockt Oldenburg Unternehmen an. INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr: "Über Wachstum und Arbeitsplätze entscheiden immer auch Rahmenbedingungen vor Ort. Gerade der Dialog mit Unternehmen, die Schnelligkeit von Genehmigungsverfahren und auch der Gewerbesteuerhebesatz sind Stellschrauben, mit denen Stadtverwaltungen wirtschaftlichen Erfolg, Wachstum und Arbeitsplätze beeinflussen können. Bemerkenswert in diesem Kontext ist, dass auch überdurchschnittlich viele Unternehmen in Magdeburg – Dynamiksieger 2012 – die Wirtschaftsfreundlichkeit der Verwaltung loben."
In allen 50 untersuchten Großstädten sank die Arbeitslosenquote in der Zeit von 2006 bis 2011 teilweise deutlich – zwischen 7,2 und 2,2 Prozentpunkten. In Berlin ist dagegen die Arbeitslosenquote mit 13,3 Prozent die Zweithöchste im Großstadtvergleich, die Zahl der Arbeitslosengeld-II-Empfänger liegt mit 12,4 Prozent so hoch, wie sonst nirgendwo. Dabei punktet die Hauptstadt mit einer außergewöhnlich hohen Gründungsdynamik. Beim Gewerbesaldo landet sie unter den Top Ten mit einem Beschäftigungswachstum von plus 12,5 Prozent und der Verbesserung der Arbeitsplatzversorgung um plus 6,5 Prozent. Doch Berlin schaffe es nicht, bestimmte Bürgerschichten mit verfestigter Arbeitslosigkeit und hoher Sozialproblematik an dieser Aufwärtsentwicklung zu beteiligen. INSM-Geschäftsführer Pellengahr: "Auch die hohe Zahl gemeldeter Straftaten in Berlin verweist auf ungelöste soziale Probleme. Berlin erreicht hier nur Rang 47." Dies beunruhigt auch Unternehmen, wie eine Befragung zeigt.
Unterdurchschnittlich schnitt Berlin auch bei Fragen nach der Wirtschaftsfreundlichkeit und dem Kostenbewusstsein der Verwaltung ab. Pellengahr: „Die Umfrage zeigt deutlich, an welchen Stellschrauben der Senat im Interesse einer nachhaltigen Wachstums- und Beschäftigungsperspektive zu drehen hat. Um Berlin aus dem Niveautabellenkeller zu bekommen, reicht es ganz sicher nicht aus, allein auf die Strahlkraft einer Hauptstadt zu vertrauen, die sich zur Weltstadt mausert."
Alle Ergebnisse des Städtevergleichs kann man unter www.insm-staedteranking.de und www.wiwo.de einsehen.