Damit und mit den Umsätze kam genug zusammen, dass die Schwestern ihr Unternehmen hauptberuflich führen können. Knapp zwei Jahre sind seither vergangen. "Anfangs haben Laura und ich uns von zu Hause aus um alles alleine gekümmert", erzählt Sabrina Schönborn. "Inzwischen arbeiten knapp zehn Team-Mitglieder vor Ort in unseren pinkfarbenen Büroräumen. Zusätzlich unterstützt uns ein Pool von freien Mitarbeitern. Gestartet sind wir mit einem BH-Set in zwei Farben, heute haben wir schon über 50 selbst entwickelte Produkte im Shop." Und das in über 40 BH-Größen.

Denn: Bei der Gründung ihres Online-Shops Sugar Shape haben die Sugar-Shape-Schwestern erst mal neue Größen eingeführt: Die Kundinnen messen (wie bisher) den Umfang unter der Brust, dazu den Brustumfang. Und genau diese Maße finden sie kombinierbar bei Sugar Shape wieder. Damit reduzieren die Schwestern nicht nur Kaufirrtümer durch Buchstabensalat - sie können auch Frauen zufriedenstellen, bei denen die beiden Maße stark voneinander abweichen. Viele Kurven entsprechen nicht den industriellen Standardmaßen. Sugar Shape produziert eigene Dessous-Kollektionen mit Hauptaugenmerk auf junge Modellschnitte und Designs  in guter Passform. Dabei richtet sich das Label mit vernünftiger Preisstruktur ebenso an schlanke wie auch an üppigere Frauen mit großer Oberweite. Der Online-Vertrieb wird begleitet durch eine persönliche Beratung, die tagsüber stets zum Beispiel via Chat erreichbar ist. Die Mitarbeiterinnen hier kennen die Probleme der Frauen und das Sugar-Shape-Angebot tatsächlich so gut, dass sie genau auf die Kundenwünsche eingehen können. "Die persönliche Beratung ist eine wesentliche Säule unseres Geschäftsmodells", stellt Sabrina Schönborn klar. "Unsere freundschaftliche, aber hochprofessionelle Betreuung ist etwas, das den Dessous-Käuferinnen vorher online gefehlt hat. Wir wollen unsere Kundinnen langfristig an uns binden und glücklich machen. Sie vertrauen uns ihre Sorgen und Geheimnisse an, schicken uns BH-Fotos von sich und manchmal sogar kleine Aufmerksamkeiten, weil sie merken, dass uns ihr Wohlbefinden wirklich am Herzen liegt. Dieses Vertrauen erhöht nicht nur die Weiterempfehlungsrate, sondern auch den Customer Lifetime Value." Genau davon lebe Sugar Shape. 

Dass die persönliche Note eine große Rolle spielt, beweist das Paket, das nach wenigen Tagen bei den Bestellerinnen eintrifft (Foto oben/der Selbstversuch erfolge ohne Wissen von Sugar Shape): eine handgeschriebene Grußkarte, liebevolle Verpackung in Seidenpapier und eine Handvoll Papierherzchen liegen bei. Außerdem entscheiden die Käuferinnen online mit darüber, welche Modelle produziert werden. Die Abstimmung funktioniert per Online-Wahl, Facebook und über Kommentare im Sugar-Shape-Blog. Sogar eine Wunschliste für noch nicht vorhandene Größen gibt es. "Wenn sich genug Frauen für eine Größe gemeldet haben, führen wir diese in der kommenden Kollektion ein", sagt Sugar-Shape-Chefin Schönborn.

Darüber hinaus bleiben die Sugar-Shape-Gründerinnen auf dem Laufenden, indem sie Frauen befragen. Für das "Curvy Survey" wurden Anfang des Jahres 585 Frauen aller Altersstufen online befragt. Ergebnis: 80 Prozent der deutschen Frauen tragen eine falsche BH-Größe; die meisten wissen gar nicht, wie ein BH optimal sitzen sollte, sodass sie häufig zu kleine Cups oder zu weite Unterbrustbänder kaufen. Nicht einmal ein Fünftel hat Spaß am BH-Kauf.

Die Untersuchungsergebnisse hat das Start-up nun in einen Online-Werbespot (mit Spreadfilm) umgesetzt. Kein kreatives Highlight, aber Aufklärung, die die Probleme der Zielgruppe trifft.

Darüber hinaus setzen Schönborn und Gollers auf Mundpropaganda: "Die beste Werbung sind unsere zufriedenen Kundinnen. Wir legen viel Wert auf eine persönliche Kundenberatung und exzellenten Service", sagt Schönborn. Neben der Mundpropaganda ist spielt die Pressearbeit eine entscheidende Rolle: "Durch unsere hohe Medienpräsenz können wir viele Frauen unterschiedlichen Alters erreichen. Auch in den nächsten Wochen sind wir wieder im Fernsehen zu sehen: im NDR und ZDF." Hinzu kommen  direkte Begegnungen mit den Kundinnen, etwa beim Verteilen von Gratis-Maßbändern oder bei "Fitting Events", eine weitere große Rolle spielt das Internet inklusive Social Media. "Besonders bei Facebook treten wir sehr aktiv mit unserer Zielgruppe in Kontakt. So schaffen wir crossmedial viele intensive Markenbegegnungen - und das bislang ganz ohne große Werbespendings", berichtet Geschäftsführerin Sabrina Schönborn.

Im Mai 2013 holten Schönborn und Gollers einen Investor aus der Textilbranche dazu. Der stellt nun frisches Kapital zur Verfügung, damit Sugar Shape wachsen kann. Schönborn: "Wir sind dabei, unser Team im Bereich E-Commerce und Online-Marketing auszubauen und unser Produktsortiment zu erweitern. Außerdem arbeiten wir am Relaunch unseres Online-Shops." Außerdem profitieren die Gründerinnen vom Branchen-Know-how und den Kontakten ihres Partners.

Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten. Erleben wir bald die erste Laden-Eröffnung von Sugar Shape? "Ein pinkfarbener Sugar-Shape-Flagshipstore hätte schon etwas", schmunzelt Schönborn. "Momentan konzentrieren wir uns aber erst einmal auf den Aufbau des Online-Geschäftes. Da es jedoch auch Kundinnen gibt, die sich unbedingt von uns persönlich ausmessen lassen möchten, bieten wir regelmäßig Fitting-Events in unseren Büroräumen in Stelle an. Sie können sich kaum vorstellen, was da immer los ist! Manche Damen fahren hunderte von Kilometern und warten mehrere Stunden, um sich von uns beraten zu lassen. Anscheinend haben wir eine Marktlücke gefunden." Und in der entwickelt sich eine "Lovebrand" von morgen, mit spitzer Zielgruppe, aber buchstäblich guter Kundenbindung.


Autor: Susanne Herrmann

schreibt als freie Autorin für W&V. Die Lieblingsthemen von @DieRedakteurin reichen von abenteuerlustigen Gründern über Medien und Super Bowl bis Streaming. Marketinggeschichten und außergewöhnliche Werbekampagnen dürfen aber nicht zu kurz kommen.