Wie ist eigentlich die offizielle Formatbezeichnung für „Kesslers Expedition“?
Kann ich Ihnen gar nicht sagen, weiß ich gar nicht. Ein Unterhaltungsformat? Eigentlich ist es ja Reality-TV, aber dieser Begriff wird so falsch benutzt, dass man es so nicht mehr nennen will. Ich glaube, dass der Zuschauer inzwischen sehr genau weiß, wo er betrogen wird im Fernsehen. Das kriegt er relativ gut mit. Die Zuschauer schätzen es bei uns sehr, dass wir niemand vorführen und durch den Kakao ziehen.

Auf Ihren Touren haben Sie via Twitter und Facebook mit Texten und Fotos über Ihre Erlebnisse berichtet. Was bedeutet dieser Brückenschlag für Sie, für Ihren Erfolg?
Social Media war mir von Anfang an wichtig - auch schon bei der „Berliner Nacht-Taxe“ im rbb. Da haben wir viel experimentiert. Nicht nur per Twitter. Man konnte die Dreharbeiten live per Videostream im Internet verfolgen. Auf den Expeditionen fehlten uns dafür leider das technische Equipment und der nötige Empfang. Dennoch berichte ich von den Dreharbeiten. Ich finde es wichtig, den Zuschauern etwas Spezielles zu bieten. Per Fotos oder Filmchen sind sie quasi beim Dreh „dabei“. Oder ich schreibe auf, wo ich gerade bin, und die Zuschauer kommen dann sogar vorbei. Ich finde, die Verbindung zwischen Internet und Fernsehen muss hergestellt werden. Die ist zwar schwierig, da brechen wir uns alle einen ab, aber ich versuche es zumindest. Viele junge Menschen haben ja gar keinen Fernseher mehr. Vielleicht kann man ja über das Internet den einen oder anderen gewinnen, wieder rbb zu gucken. Und umgekehrt kann man natürlich auch neues Interesse der Fernsehzuschauer wecken, ins Internet zu schauen.

Dieter Nuhr hat bei Twitter doppelt so viele Follower und bei Facebook fast fünfmal so viele Fans wie Sie. Im Gegensatz zu ihm halten Sie aber mit Ihren Kreisen Kontakt, reagieren auf Kommentare. Nuhr antwortet offensichtlich nie.
Das finde ich auch seltsam. Ich denke, dass der Austausch bei Social Media dazugehört. Sonst reicht ja eine langweilige Website. Wenn Fragen der Fans aufkommen, sollte man sie auch beantworten. Der große Unterschied zu vielen anderen Kollegen ist aber die Tatsache, dass ich alle Plattformen persönlich pflege und nicht irgendein Manager. Bei Social Media ist doch gerade der Austausch gewollt und auch oft spannend! Da kommen teilweise interessante Sachen raus - aber auch Lustiges und Kreatives. Ich versuche, alles zu lesen und zu beantworten.

Ein Schwenk nach Großbritannien und in die USA. Dort läuft zwar auch viel Trash im Fernsehen, aber trotzdem erscheint dort eine Perle nach der anderen. Was wird in US-Fernsehproduktionen besser gemacht als hier in Deutschland?
In den USA machen sie es sich schwerer! Weil sie oft viel genauer und mit viel mehr Personal arbeiten. Da schreiben zwölf Autoren an einer TV-Staffel, hierzulande sind es zwei oder drei. Aber sie haben auch mehr Geld, da sie ihre Serien in die ganze Welt verkaufen. Wir nicht. Dadurch können wir auch nicht so aufwendig produzieren. Wir Deutschen sind aber auch viel ängstlicher, vorsichtiger. Wir könnten uns viel mehr trauen, verrückter sein. Zu oft wird nur geschaut, was in anderen Ländern erfolgreich ist, um es zu adaptieren. Die eigenen Ideen bleiben dann auf der Strecke. Leider…

Das Gespräch führte Kultur- und Medienjournalist Sebastian Pertsch für W&V Online. Das komplette Interview finden Sie hier auf seiner Website.