
Bilanz:
Trotz Allianz-Verlust: Grey meldet solides Wachstum
Die Düsseldorfer Agenturgruppe hat zwar mit der Allianz ihren zweitgrößten Kunden verloren. Dennoch verkündete CEO Dickjan Poppema auf der jährlichen Pressekonferenz Umsatzwachstum und den Gewinn von 27 neuen Kunden.
Eine Tradition seiner Vorgänger führt CEO Dickjan Poppema fort: Anfang Dezember, immer dienstags, lädt Grey Germany die Presse zum Gespräch nach Düsseldorf. Es war das 38. Mal. Diesmal präsentierte der CEO der deutschen Grey-Gruppe, der seit genau zwei Jahren im Amt ist, ein Umsatzwachstum von vier Prozent. Das fünfprozentige Umsatzplus aus dem Jahr 2013 konnte demnach nicht ganz erreicht werden. Und auch die einstellige Marge blieb unter Vorjahresergebnis, als Poppema von "einer deutlich zweistelligen Umsatzrendite" sprach. Unter anderem drückten die Kosten für den Pitch um die Allianz den Gewinn. Konkrete Zahlen sind wegen Vorgaben der börsennotierten Holding WPP tabu. Schätzungen zufolge liegt der Honorarumsatz bei rund 35 Millionen Euro. Insgesamt verbucht der CEO nach eigener Darstellung mehr auf der Haben- als auf der Sollseite. Poppema: "Die Kunden haben Grey wieder auf dem Schirm."
27 neue Kunden habe die Agentur am Platz der Ideen ergattert. Unternehmen wie Sixt Neuwagen, Swarovski, Volvo und Novartis mit Marken wie Fenistil, Lamisil und Nicotinel kamen hinzu. Der Pharmakonzern geht auf das Konto der Spezialisten Grey Shopper und Grey Healthcare Group. Beide Agenturtöchter zogen im Laufe des Jahres unter das gemeinsame Haupthaus am Platz der Ideen, mit dem Ziel, das integrierte Arbeiten zu forcieren. Die Etats von "Welt am Sonntag" und Panasonic hat die Anfang 2014 gegründete Grey Berlin gewonnen. Hinzu kommen laut Poppema zehn neue Aufträge von bestehender Kundschaft, etwa von Boehringer-Ingelheim und Coca-Cola. Und dennoch: Der große Wurf gelang 2014 noch nicht.
Auch personell hat Grey ein wenig abgebaut. Die Gruppe beschäftigt insgesamt 362 Mitarbeiter. Vor einem Jahr waren es noch 374 Leute. Der schmerzliche Verlust von Allianz an die WPP-Schwester Ogilvy & Mather mit Wirkung zum 30. September hat sich hier ausgewirkt. Der Versicherungskonzern war nach Procter & Gamble der zweitgrößte Kunde von Grey. Die Fluktuation liegt derzeit bei 15 Prozent, eine Quote, die Poppema für gesund hält.
Positiv stimmt den CEO, dass sich die Agentur im W&V-Kreativranking um fünf Plätze auf nunmehr Rang 24 verbessern konnte. Aber auch hier ist noch viel Luft nach oben. Im vorigen Jahr hatten Poppema und sein Kreativpartner Fabian Kirner angekündigt, 2015 unter die Top-10 zu wollen. Damals begann die Pressekonferenz mit einer geschickten Eigeninszenierung des CEO: Er hatte die Veranstaltung in der Tiefgarage begonnen, um zu symbolisieren, wo Grey stand. Tiefer ging es nicht mehr. Aber 2014 hat gezeigt: Grey ist nicht gerade aufgestiegen wie der Phönix aus der Asche. Dabei soll die Gruppe wieder zur „besten Agentur für strategische Markenführung“ werden (Poppema) – denn das war sie einmal vor vielen Jahren. Maßnahmen wie eine offenere Unternehmenskultur zu etablieren oder auch Wände herauszureißen, um Großraumbüros zu schaffen und so das Zusammenarbeiten der einzelnen Disziplinen zu befeuern, greifen langsam. Kirner sagt, er habe ein paar kreative Highlights im Köcher, mit denen Grey 2015 bei den wichtigsten Awards punkten will.
Eine weitere Entscheidung soll nun Grey auf dem Weg zu neuer Größe helfen: André Schieck, bisher Geschäftsführer für das digitale Geschäft, wurde im Oktober zum Deputy-CEO befördert und verantwortet nun auch die Kundenberatung der Agenturgruppe. "Die Kunden fordern die volle Integration aller Disziplinen", so Schieck. "Wir werden als erste Fullservice-Agentur in Deutschland künftig eine cross-funktionale Zusammenarbeit leben, deren Strukturen sich von Projekt zu Projekt streng bedarfsorientiert anpassen." Ähnlich wie in der Software-Industrie will er mit agilen Prozessen arbeiten. "Wir fördern damit einerseits eine neue Beraterkultur als beste strategische Markenführungsagentur und legen andererseits einen Nährboden für Innovationen, die das Geschäftsmodell der Agentur weiter entwickeln", sagt Schieck. Dazu zählt er nicht unbedingt werbliche Kommunikation, sondern zum Beispiel die Digitalisierung von Geschäftsmodellen. Einer der neuen Kunden, die Grey in Sachen Digitalisierung berät, ist das Industrieunternehmen Harting.
Bei einer "Innovation Tour" durch das Haus veranschaulichte Schieck, mit welchen neueren Technologien Grey experimentiert. Mittels Beacon-Technik demonstrierte er den Journalisten, wie der Supermarkt der Zukunft funktionieren könnte. Zu dem Thema ist Grey mit Rewe im Gespräch.
Obwohl sich der Allianz-Verlust erst im kommenden Jahr voll auswirken wird, rechnet Poppema 2015 mit weiterem Wachstum und einer verbesserten Rendite. Große Hoffnungen liegen auf dem Pitch der Deutschen Bank, der seit fünf Monaten läuft.