Trotzdem kann diese Anekdote weitergedacht werden: Sie erzählt auch davon, dass Vorstandsfahrzeuge Zeichen der Macht darstellen. "Mit dem Thema Macht", so auch die Beraterin Susanne Sachtleber in Bonn, "müssen sich Frauen auseinandersetzen. Sie müssen ihre gute Form der Macht finden." Das könnte also bedeuten: Ab einer bestimmten Hierarchieebene geht es nicht mehr ums Geschlecht. Vielleicht verschwimmen die Grenzen zwischen Mann und Frau auf dem Weg nach ganz oben. Vielleicht ist es in den Führungsetagen eher der Duktus von Macht und Ehrgeiz, der die Regeln setzt – nicht Testosteron oder Oxytocin, "das weibliche Kuschelhormon", wie es Reinhard nennt. Diese Erfahrungen bringt auch Gabriele Euchner, Coach des W&V Frauennetzwerks auf dem Panel "Arbeitsmoral von Frauen" an: Moral wird im beruflichen Kontext oft zum Thema, wenn Kündigungen anstehen. "Wenn es darum geht, Leute zu entlassen, gibt es keinen würdevollen Umgang mehr." Wertschätzung und Respekt seien für alle Menschen wichtig. Sie kennt sich aus: Schließlich coacht sie HR-Abteilungen in puncto Menschlichkeit, wenn es ums Kündigen geht.

Unterdessen schieben sich draußen Hunderte vor allem junge Messebesucherinnen an den Ständen namhafter Unternehmen vorbei, die allesamt vor Ort sind, weil sie talentierte Frauen in ihre Firmen holen wollen. Die Besucherinnen kratzt weibliche Sanftheit vielleicht auch daher wenig – sie kennen ihren Wert: Mit einem lässigen "das brauche ich doch gar nicht", winkt eine Besucherin augenzwinkernd die Einladung zu einem Vortrag über Leistungssteigerung ab.


Autor: Gabriella Maria Bassu

Gabriella Bassu ist Teil des Teams Digital Storytelling, der Entwicklungsredaktion des Verlags Werben und Verkaufen. Als Head of Video ist sie für die Konzeption und Umsetzung von Bewegtbildinhalten zuständig. Mit gleicher Leidenschaft schreibt sie für Online, Social Media und Print. Ihre Schwerpunktthemen sind digitales Business, digitale Transformation, Tech und Handel.