
Twitter-Zensur ohne klare Regeln
Twitter will künftig einzelne Inhalte in bestimmten Ländern blockieren - die Auswahl-Kriterien bleiben dabei zunächst unklar. Eine Twitter-Revolution wie jüngst in der arabischen Welt wird dann nicht mehr möglich sein, sind Kritiker überzeugt. Sie rufen zum Boykott des Kurznachrichten-Dienstes auf.
Twitter will künftig Inhalte in bestimmten Ländern mit entsprechenden Filtern blockieren. Der Kurznachrichten-Dienst begründet diesen Schritt in seinem Blog damit, dass er sich "immer weiter international ausbreite und dabei in Länder vordringe, die unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Formen von Meinungsfreiheit hätten". Das legt die Vermutung nahe, es dürfte auch um Marktanteile in Ländern mit fehlender oder eingeschränkter Meinungsfreiheit gehen. Twitter könne sich mit den Filterwerkzeugen einen einfachen Zugang zum chinesischen Markt erschließen, wo viele Dienste bereits wegen kritischer Meinungen abgeschalten wurden, glauben Beobachter. Das hat im Netz eine Debatte um "Zensur" losgetreten.Twitter spielte eine tragende Rolle beim sogenannten "Arabischen Frühling". Würden künftig Tweets gefiltert, wird es eine Twitter-Revolution nicht mehr geben, ist etwa Jannis Kucharz in einem Blogbeitrag auf netzfeuilleton.de überzeugt.
Geblockte Tweets sollen laut dem Nachrichtendienst in anderen Ländern aber weiterhin verfügbar bleiben. Über die Website chillingeffects.org/twitter sollen entsprechende Blockaden dokumentiert werden, zudem werden die Verfasser darüber informiert. Kritikern stoßen sich insbesondere daran, dass die Kriterien, nach denen einzelne Äußerungen blockiert werden sollen, nicht konkret genannt werden. In der Dokumentation von Chilling Effects finden sich derzeit vor allem Einträge, die mutmaßlich Urheberrechte verletzt haben. "Ich bin gespannt, auf das Twitter-Lösch-GoogleMaps-Mashup, das dann aufzeigt, wann wo welche Tweets gelöscht bzw. geblockt wurden und weshalb. Meine Prognose: 5% Zensur, 95% Urheberrechtsverletzungen", schreibt Nico Lumma in seinem Blog.
Indes rufen einige Nutzer bereits unter #TwitterBlackout für den 28. Januar zum internationalem Twitter-Boykott auf.
(lr/dpa)